Rote Fahne 18/2023
Milliarden-Subventionen für Chipproduktion – was steckt dahinter?
Der weltgrößte Chipkonzern TSMC aus Taiwan lässt mit Beteiligung von Bosch, Infineon und NXP (Niederlande) ein neues Werk in Dresden bauen. Das gemeinsame Werk soll offiziell vor allem Chips für Autos produzieren.
Etwa 2000 Kolleginnen und Kollegen könnten pro Monat dort 40.000 Wafer¹ herstellen. Erst vor zwei Monaten hatte Intel angekündigt, ein neues Wafer-Werk für Smartphones in Magdeburg mit 3000 Arbeitsplätzen zu erreichten. Noch in den Sternen steht, woher die Menge an hoch ausgebildeten Fachkräften kommen soll. Von der deutschen Regierung werden diese Firmen massiv subventioniert. Aus dem 180 Milliarden starken „Sondervermögen“ des Klima- und Transformationsfonds erhalten Intel 10 Milliarden Euro, TSMC 5 Milliarden und jeweils 500 Millionen Bosch, Infineon und NXP.
Die geplanten Fabriken sind Projekte des „European Chips Act“: Die EU will so mit 43 Milliarden Euro die europäische Chipproduktion ankurbeln. Die EU ist in der Weltchipproduktion von früher 44 auf 9 Prozent zurückgefallen und will bis 2030 wieder 20 Prozent erreichen. Der Chef von NXP hält dafür allerdings Investitionen von 500 Milliarden Euro für notwendig.
Die höchst profitablen Chiphersteller sind entzückt über diese Ambitionen der EU. Aber was wird damit bezweckt?
Wettlauf um neue Technologie
Smartphones und Autos sind wichtige, aber nicht die hauptsächlich anvisierten Märkte der europäischen Chipproduktion. Diese soll vor allem die Umstellung auf ein in Echtzeit steuerbares „Internet der Dinge“ (IoT) auf Grundlage der 5G-Technologie² ohne Abhängigkeit von Chips aus dem Ausland voranbringen. Es tobt zurzeit weltweit ein Kampf darum, welche international tätigen Übermonopole aus welchen Ländern den Wettlauf um diese neue Produktionstechnologie gewinnen.
Die Chipproduktion spielt eine Schlüsselrolle für die Digitalisierung des industriellen Produktionsprozesses. Und damit auch für die notwendige Vernichtung des in allen alten Anlagen gebundenen Kapitals.
Ein Erfolg im Kampf um die Vormachtstellung in der Chipproduktion wäre für die deutschen Monopole daher ein wesentlicher Schritt, um den aktuell erheblichen Rückfall ihrer Industrieproduktion gegenüber der Konkurrenz aus anderen imperialistischen Ländern zu überwinden. Dafür werden katastrophale Umweltschäden in Kauf genommen. Je komplexer ein Chip ist, desto massiver sind auch die Umweltbelastungen durch Energie- und Wasserverbrauch sowie durch die Abfallproduktion.³
Militärische Aspekte
Alle großen imperialistischen Länder stellen sich darauf ein, ihren sich gerade in der Weltwirtschaftskrise scharf zuspitzenden wirtschaftlichen Vernichtungskampf mit militärischer Gewalt auszufechten. Dabei wird die Abhängigkeit von Rohstoffen und Produkten wie Chips zu einer Waffe im Wirtschaftskrieg.
So produziert TSMC die High-End-Chips, die die militärtechnische Überlegenheit der westlichen imperialistischenLänder sicherstellen sollen. „Angesichts der neuen geopolitischen Lage ist es unerlässlich, dass sich Europa als industrielle und technologische Macht behauptet.
Aber es geht auch um Sicherheit und technologische Souveränität“, so EU-Kommissar Thierry Breton, die machtpolitischen und militärischen Absichten etwas nebulös darstellend.⁴
Um die Fertigung modernster Chips für die Waffenproduktion tobt eine weltweite Schlacht. Die US-Regierung hat deren Lieferung nach China stark eingeschränkt. Japan, die Niederlande und die USA haben gerade einen Vertrag abgeschlossen, der verhindern soll, dass China die entsprechende Technologie erwerben kann. Denn in diesem Bereich liegt China noch weit zurück. Die immer aggressivere Politik der chinesischen Regierung gegenüber Taiwan zielt daher auch auf die Eroberung der dortigen Chipproduktion.
Zugleich hat China den Export von Germanium und Gallium, die für die Herstellung modernster Chips extrem wichtig sind, eng begrenzt. China ist der weltweit größte Produzent und Exporteur dieser Rohstoffe.
Diese Gemengelage in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise und der Weltkriegsvorbereitung ist ein Hintergrund dafür, warum die deutsche Regierung die superreichen Monopole Intel, TMSC, Infineon und so weiter mit insgesamt rund 20 Milliarden Euro subventioniert, um sie nach Deutschland zu locken. Sie betätigt sich damit als Dienstleister der in Deutschland herrschenden Monopole - für deren ökonomische und militärische Interessen. Im Entwurf des nächsten Bundeshaushalts sind dagegen die Gelder für soziale Zwecke erheblich zusammengestrichen worden. Für die Kindergrundsicherung sind so gerade mal lächerliche zwei Milliarden Euro statt der mindestens notwendigen zwölf Milliarden eingeplant.