Rote Fahne 16/2023
„Man muss sich in die Materie hineinbegeben!“
Zu dem Buch von Stefan Engel „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft“ gab es schon mehrere Veranstaltungen mit interessanten Diskussionen. Hier Auszüge aus dem Bericht einer Referentin
In Saarbrücken entfaltete sich eine kontroverse Debatte am Standpunkt eines Teilnehmers, für das alltägliche Leben sei es irrelevant, ob das Universum elf oder fünf Milliarden Jahre alt sei. Die Diskussion um die Urknalltheorie finde er bedeutungslos.
Ich kritisierte das als eine Geringschätzung des weltanschaulichen Kampfs, der heute nötig ist. Ob man die Welt als ewig sich entwickelnde Materie betrachtet oder etwas, das ein Anfang und ein Ende haben müsse, betrifft die ganze Einstellung zur Veränderung der Gesellschaft.
Ein anderer Teilnehmer erweiterte das: Es geht darum, prinzipiell solche idealistischen Theorien nicht zu akzeptieren, die sich ganz allseitig im Denken und Handeln der Massen niederschlagen. Ein Bergmann warf etwas skeptisch ein, es sei nicht richtig, dass sich jeder die Kritik an der bürgerlichen Naturwissenschaft auf diesem Niveau erschließen und quasi Astrophysiker werden könnte.
Wir diskutierten, dass es darum geht, sich als dialektischer Materialist einen prinzipiellen Standpunkt zu diesen Themen zu erarbeiten, nicht darum, Fachmann für die Einzelheiten zu werden. Dazu muss man die dialektische Methode erlernen und sich dranbegeben.
Das wurde untermauert mit der PCB- Studie von Kumpel für AUF, die wesentlich auf Initiative der Bergleute zustande kam – im Bündnis mit Ärzten und Wissenschaftlern.
In Mannheim drehte sich die Diskussion vor allem um die Frage der „egoistischen Gene“. Verschiedene Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten, dass sie diese Diskussion schon lange führen, aber bisher eher als „Glaubensfrage“ sahen.
Begeistert stellte ein Besucher fest, dass das soziale Wesen des Menschen mit dem Buch jetzt wissenschaftlich untermauert wird. Gegen eine Einseitigkeit in der Diskussion, die nur betonte, dass der Kapitalismus den Egoismus befördere, argumentierte ich, dass der Kapitalismus auch die Arbeiterklasse hervorbringt und auch auf die Solidarität unter den Massen angewiesen ist. Beide Seiten liegen bei jedem Menschen im Kampf miteinander, als Kampf um die Denkweise.
Eine Besucherin warf die Frage auf, warum die Naturwissenschaft so ein hohes Ansehen hat. Ob das vor allem daran liegt, dass die Trennung von Kopf und Handarbeit so tief verwurzelt ist und die Meinungsmanipulation die Bedeutungslosigkeit der Arbeiterklasse verbreitet.
Wir klärten, dass das hohe Ansehen auch mit den rasanten Fortschritten in Wissenschaft und Technik zu tun hat, wie der Smartphones und Internetentwicklung. Oder dass die Leute angesichts der existenziellen Krisenhaftigkeit vermehrt selbst nach wissenschaftlichen Antworten suchen.
Es ist Aufgabe der Arbeiterklasse, führend die dialektische Kritik an der bürgerlichen Naturwissenschaft zu entwickeln und sich in diese Materie hineinzubegeben.