Rote Fahne 13/2023

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Josef Stalin und Mao Zedong: Ein Plädoyer gegen die größte Rufmordkampagne der Geschichte

Tagsüber beim Warnstreik, über Klimakapriolen gestritten und über Butterpreise geschimpft. Könnte man die Welt anders gestalten? Abends den Fernseher an – plötzlich ist Stalin in meinem Wohnzimmer. „Aus Idealen erwächst der Terror“ heißt es bei düsterer Musik. Nach einer Stunde (länger hielt ich nicht durch) geht‘s erschlagen ins Bett: „Es funktioniert ja doch nicht mit dem Kommunismus!“

Von (lg)
Josef Stalin und Mao Zedong: Ein Plädoyer gegen die größte Rufmordkampagne der Geschichte

So oder ähnlich wird sich bemüht, der Bevölkerung das „Gespenst des Kommunismus“ auszutreiben. Auch nach 150 Jahren ist es allgemein nicht gelungen, dem Sozialismus ein negatives Image zu verleihen.

 

So setzte der moderne Antikommunismus ab den 90er Jahren auf das Narrativ des „Stalinismus und Maoismus“: Fortan wurde die Verwirklichung des wissenschaftlichen Sozialismus in ein Licht des Grauens gestellt. Die kleinbürgerlich-antikommunistische Denkweise führt Kapitalismuskritik im Munde, um zugleich mit Vorbehalten den Weg zum Sozialismus zu verbauen. Sechs Gründe, sich dem Rufmord entgegenzustellen:

 


1. Der Rufmord an Stalin und Mao verfolgte eigene politische Ziele und unlautere Motive. Hitler, der japanische Faschismus und die chinesische Kuomintang begannen die Verleumdung, die die USA in anderer Tonlage fortsetzten. Für ihr Ziel der Wiederherstellung des Kapitalismus überzogen Chrusch­tschow und Deng Xiaoping Stalin und Mao posthum mit Vorwürfen. Geläuterte Altlinke grenzten sich empört ab, um sich zugleich Ministerposten zu sichern.

 


2. Die Rufmordkampagne funktioniert nur, weil sie die demokratische Diskussion unterdrückt. „Demokratie lebt von der Debatte, der Kontroverse!“1, verkündete Bundespräsident Steinmeier jüngst. Doch in keiner Talkshow wird kontrovers über Stalin und Mao debattiert. Nur durch diesen Machtmissbrauch kann das negative Framing aufrechterhalten werden, denn einer demokratischen Debatte hält es nicht stand.

 


3. Die bürgerliche Geschichtsschreibung über Stalin und Mao ist keine Wissenschaft, sondern Hetze. Stéphane Courtois, der „Gottvater des Antikommunismus“ der 1990er, behauptete in seinem „Schwarzbuch des Kommunismus“, „die kommunistischen Regimes (haben) rund 100 Millionen Menschen umgebracht, während es im Nationalsozialismus rund 25 Millionen waren“.2 Selbst Courtois Co-Autoren beschuldigten Courtois, „besessen“ davon zu sein, wahrheitswidrig auf 100 Millionen Opfer zu kommen.3 Der Faschist Le Pen jubelte, dass Courtois die 60 Millionen Toten des 2. Weltkriegs nicht mehr ausschließlich dem Faschismus anlastete, sondern auch Stalin, ohne den Hitler – nach dieser Lesart – den Krieg ja nicht angefangen hätte. Heute wenden sich viele Historiker von Fanatikern wie Courtois, Baberowski oder Solschenizyn verschämt ab. Doch eine prinzipielle Aufarbeitung unterbleibt – denn die Kernthesen bleiben. 2019 beschloss das europäische Parlament, dass fortan Sowjetunion und Hitler-Deutschland als gleichermaßen für den 2. Weltkrieg verantwortlich gelten.4 Eine Reinwaschung Hitlers, eine Beleidigung der 20 Millionen getöteten Sowjetbürger und ein offener Ausbruch der Krise der bürgerlichen Geschichtsschreibung.

 


4. Der bürgerliche Antikommunismus attackiert Stalin und Mao nicht wegen ihrer Fehler, sondern wegen ihrer Errungenschaften. „Mao war der erste Politiker der Neuzeit, der eine konsequente Umweltpolitik verfolgt hatte“, so der Journalist Holger Strohm. Es ist Tatsache, dass sich das Pro-Kopf-Einkommen der ­Chinesen den in zehn Jahren nach der Revolution verdoppelte und dass sowjetische Werktätige nie so viel demokratischen Rechte hatten, wie unter Lenin und Stalin. Geschichtliche Wahrheiten wie diese werden wider besseren Wissens unterdrückt.


5. Die Rufmordkampagne gegen Stalin und Mao verletzt deren Menschenwürde und stempelten sie zu sadistischen Monstern ab. Zu Lebzeiten waren Stalin und Mao anerkannte Staatsmänner, deren Leistungen und persönliche Integrität nur wenige in Zweifel zogen. Die MLPD wendet sich gegen jeden Personenkult – sie fordert aber eine dialektische Betrachtung dieser historischen Persönlichkeiten, die das 20. Jahrhundert prägten wie wenige andere.


6. Die antikommunistische Kritik an Stalin ist reaktionär, die marxistisch-leninistische, schöpferische Kritik dem Fortschritt ­verpflichtet. Die Kritik am Antikommunismus bedeutet nicht, dass jede Kritik an der Sowjetunion unter Stalin fehl am Platz ist. So kritisiert die MLPD: „Aufgrund falscher Anschuldigungen und falscher Behandlung von Widersprüchen wurden auch zahlreiche unschuldige Menschen eingeschüchtert, verleumdet, denunziert, zu Freiheitsstrafen verurteilt oder gar hingerichtet.“ (Parteiprogramm, S.73)

 

Die MLPD betrachtet die Sowjetunion aber unter Berücksichtigung der historischen Umstände und unter Würdigung der Gesamtleistung. Es gilt, aus dem historischen Sozialismus für einen künftigen Sozialismus zu lernen.