Rote Fahne 11/2023

Rote Fahne 11/2023

Sozialismus in Sprakebüll

Interessantes in der ARD: „Es muss ja nich‘ so bleiben, nur weil‘s jetz‘ so is‘. Wir können auch anders!“ So endet Bjarne Mädel den einleitenden Dialog in der gleichlautenden Umwelt-Doku-Reihe, die er gemeinsam mit Anke Engelke gedreht hat

Von (fu)
Sozialismus in Sprakebüll

„Wir können auch anders“ ist eine informative, optimistische und zugleich unterhaltsam gemachte Sendung. Sie liefert Beispiele für die reale Möglichkeit einer Gesellschaft im Einklang von Mensch und Natur. Das provoziert natürlich Fragen nach der Einstellung von Anke Engelke und Bjarne Mädel zum Kapitalismus und Sozialismus. Über ihre Gedanken zu der Serie sprachen sie mit der Zeitschrift „prisma“¹.

 

Sie seien Frohnaturen, neugierige Menschen, erklärte Engelke: „Darauf sollte man viel mehr bauen: mal ganz logisch nachzudenken, was uns wirklich guttun würde, was gut für alle wäre ... .“ Das merkt man in der Serie, in der Schöpferkraft und Zuversicht in mögliche Lösungen zum Ausdruck kommt. Resignation lehnt Engelke ab.

 

Gefragt, ob sie auch glauben, dass die Menschheit am Wachstumsdiktat des Kapitalismus zugrunde geht, antwortet Mädel: „Umweltkatastrophen sind gut für unser Bruttoinlandsprodukt! ... Es wird nicht gewertet, was lebenswert ist, sondern nur das, was Geld bringt. Auch ein Krieg, wie wir ihn gerade haben, schlägt sich positiv im BIP nieder. Weil Waffen verkauft und Dinge wieder aufgebaut werden müssen. Das ist doch Wahnsinn!“

 

Sozialismus „in gut“?

 

Besonders angetan hat es den beiden der Ort Sprakebüll – gelegen in Nordfriesland (und in Folge 1 behandelt) –, der mittels dezentraler Energieversorgung auf Grundlage erneuerbarer Energien seine eigene Stromversorgung sicherstellt. Mädel meint, dort habe man verstanden, „dass Wind und Sonne umsonst sind und dass es viel besser ist, sich die nachhaltige Energie selbst hinzustellen – als das Geld irgendwelchen Konzernen in den Rachen zu schmeißen.“

 

prisma fragt: „Ist es ein Modell, wie Sozialismus ‚in gut‘ funktionieren könnte?“ Nein, Sprakebüll funktioniere „eher kapitalistisch“, meint Mädel. Seine Begründung: „Die haben diese ganzen Sachen nicht gemacht, damit alle gleich viel haben, sondern damit alle mehr haben.“ Da tritt Mädel in die Falle eigener Illusionen in den Kapitalismus und von Vorbehalten gegenüber dem Sozialismus. Während heute die Massen immer weniger und nur einige Konzerne immer mehr haben, ermöglicht die Befreiung von deren Diktatur, dass die Früchte der Natur und der gesellschaftlichen Produktion den arbeitenden Menschen zugute kommen. Davon werden dann „alle mehr haben“ – vor allem im Sinn von mehr Lebensqualität. Weiter meint er: „Natürlich ist es einfacher, solche Konzepte in einer kleinen Gemeinde durchsetzen.“ Unmittelbar mag das stimmen, aber was in einer „Insel“ innerhalb des kapitalistischen Meers äußerst beschränkt bleiben muss, kann erst durch eine gesamtgesellschaftliche Umwälzung sein Potenzial entfalten und wirklich funktionieren.