Rote Fahne 10/2023

Rote Fahne 10/2023

Kreativer Protest mit Illusionen

Mit einem Camp, Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen, aber auch Protesten vor Lobbybüros, Firmenniederlassungen, Banken und der FDP-Zentrale mobilisierte „Extinction Rebellion“ (XR) Mitte April zur „Frühlingsrebellion“ nach Berlin

Von (dr/ms)
Kreativer Protest mit Illusionen
„Extinction Rebellion“-Aktion 2022: Protest gegen Bayer/Monsanto. Foto: Stefan Müller / CC BY 2.0

„Die Gewinner der Corona-, Klima- und Energiekrise sind die fossilen Konzerne und Superreiche, gleichzeitig zerstören sie unsere Lebensgrundlagen“, sagte Manon Gerhardt, Aktivistin von XR, zu den Aktionen. Nach einem Flashmob im Berliner Hauptbahnhof mit Tierkostümen für ein „Artenschutz-Sofortprogramm“ demonstrierten 500 Teilnehmer vor dem Bayer-Sitz unter dem Motto: „Bayer vergiftet uns alle!“ Sie forderten das Verbot von Glyphosat und Neonicotinoiden, die zum Insektensterben beitragen. Mit ihrer Kritik am großen Massensterben der Arten durchbricht XR die in Teilen der Umwelt­bewegung noch verbreitete Beschränkung auf die Klimafrage.

 

Hoffnungen auf die Regierung

 

Gleichzeitig ist der mutige Einsatz vieler Jugendlicher mit Illusionen verbunden. XR wirbt auf ihrer Webseite in drei dort genannten Forderungen unter anderem für „Bürger:innenräte“. Diese soll ausgerechnet die Bundesregierung einberufen und deren veröffentlichte Ergebnisse sollen „Handlungsleitfaden für die Regierung“ sein. Das ignoriert die langjährigen realen Erfahrungen und den wirklichen Charakter der bürgerlichen „Demokratie“ als Diktatur der Monopole. Sämtliche Regierungen haben sich doch bisher einen feuchten Kehricht um die unzähligen schöpferischen Vorschläge und durchdachten Konzepte zur Verwirklichung und Höherentwicklung der Einheit von Mensch und Natur gekümmert. Auch der Appell von XR, dass die Regierung „die … ausbeuterische Zerstörung unserer Lebensgrundlagen … stoppen und soweit wie möglich rückgängig machen“ soll, vertritt verhängnisvolle Illusionen in die Regierung­en als Dienstleister der Monopole.

 

Real betreibt die Regierung trotz großer Versprechungen einen gigantischen umweltpolitischen Kahlschlag mit Verlängerung von Kohleverbrennung und Ausbau klimaschädlicher Gasverbrennung.

 

Massenmobilisierung oder massenfeindliche Aktionen?

 

Echte umweltpolitische Zugeständnisse sind auf dem Boden des herrschenden Systems nur durch aktiven Massenwiderstand zu erreichen. Darüber gibt es auch innerhalb der XR-Bewegung eine entfaltete Auseinandersetzung.

 

Die Gruppen in Großbritannien haben sich bereits im Januar gegen massenfeindliche Klebeaktionen ausgesprochen: „In einer Zeit, in der das Reden und Handeln kriminalisiert wird, ist es ein radikaler Akt, kollektive Macht aufzubauen, zahlenmäßig mehr zu werden und Brücken zu bauen.“1 Auch auf der deutschen Webseite wird betont: „Massenmobilisierung bedeutet, die Bewegung wachsen zu lassen und viele Menschen auf die Straße zu bringen.“ Gleichzeitig will Extinction Rebellion Deutschland an „Störaktionen“ im Stil der „Letzten Generation“ festhalten.2

 

Die MLPD kritisiert Aktionen, die massenfeindlich sind, weil sie gerade stellvertretend für die Massen gemacht werden und von den Hauptverursachern der globalen Umweltkatastrophe ablenken. Sie ist aber auch solidarisch gegen alle Versuche ihrer Kriminalisierung.