Rote Fahne 10/2023
Die DKP – im Schlepptau von Xi Jinping und Wladimir Putin
Auf ihrem Treffen Mitte März in Moskau unterzeichneten die Präsidenten Russlands und Chinas, Wladimir Putin und Xi Jinping, eine umfangreiche Erklärung über die Vertiefung der „strategischen Partnerschaft in einer neuen Epoche“, in der sich der „Prozess der Schaffung einer neuen multipolaren Weltordnung beschleunigt“.
Arnold Schölzel von der DKP und der Zeitung Junge Welt sieht darin unumkehrbare „historische Trends wie Frieden, Entwicklung, Zusammenarbeit ...“1
Fast wortgleich zur Erklärung von Xi und Putin konstatierte der China-Antrag des DKP-Parteivorstandes auf dem Mitte März stattgefundenen Parteitag in Gotha: „Diese Politik der VR China zielt auf eine multipolare Weltordnung im Gegensatz zur unipolaren Vorherrschaft des Imperialismus.“ Mit Letzterem ist dabei die uneingeschränkte Vorherrschaft des US-Imperialismus gemeint.
Ist Patrick Köbele und seinen Mitstreitern im Parteivorstand der DKP der deutliche Rückfall des US-Imperialismus, der Aufstieg Chinas zu einer ökonomischen Supermacht, der neuimperialistische Wiederaufstieg Russlands und die Herausbildung einer Reihe von neuimperialistischen Ländern wie Indien, Brasilien, Türkei und Saudi-Arabien ganz und gar entgangen? Wohl kaum. Die „unipolare“, uneingeschränkte Vorherrschaft des US-Imperialismus und seiner Verbündeten gehört schon länger der Vergangenheit an.
Die MLPD analysiert in ihrem Programm: „In der heute multipolar geprägten Welt verschärfen sich die zwischenimperialistischen Widersprüche im Konkurrenzkampf um Macht- und Einflusssphären.“2 Das ist das Gegenteil einer „friedlicheren Welt“ und kulminiert mit dem vom US-Imperialismus provozierten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands in der Ukraine.
China und Russland „antiimperialistisch“?
Um den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine zu rechtfertigen, bestreitet die DKP nicht nur den imperialistischen Charakter Russlands, sondern auch den imperialistischen Charakter der bestehenden multilateralen Weltordnung. Sie behauptet allen Ernstes, „dass es sich bei einem Pol, der VR China, um eine antiimperialistische Kraft auf einem Weg des Aufbaus des Sozialismus handelt und bei der Russischen Föderation um einen Kapitalismus, der durch die führenden Imperialisten in manchen Bereichen zum Antiimperialismus gedrängt wird“.3
Die USA bereiten sich offen auf einen Krieg gegen China vor und benutzen die politisch-militärische Unterstützung des historisch zu China gehörenden Taiwan für einen Provokationskurs. China erhebt seinerseits imperialistische Ansprüche auf 80 Prozent des südchinesischen Meeres und die Ausbeutung dort lagernder riesiger Rohstoffvorkommen. Seine rasante Aufrüstung zielt gegenwärtig vor allem darauf ab, die Kontrolle über die wichtigsten Seehandelswege zu erlangen. Die Manöver zur Abriegelung Taiwans und die Ankündigung der chinesischen Regierung, die Wiedervereinigung Taiwans mit dem chinesischen Festland notfalls auch gewaltsam durchzusetzen, ist kein antiimperialistischer Kampf, sondern Bestandteil eines aggressiven Expansionismus.
Was soll sozialistisch daran sein, den westlichen Imperialisten mit „Konflikten und Konfrontationen“ sowie „katastrophalen Folgen“ zu drohen, wenn sie Chinas Aufstieg weiterhin behindern würden? So der neue chinesische Außenminister Qin Gang vor dem Nationalen Volkskongress Anfang März.
Und der Gipfel des „Antiimperialismus“ Russlands besteht nach der Logik der DKP dann wohl im Überfall auf die Ukraine! Bei diesem Krieg geht es weder um die Verteidigung von „Freiheit und Demokratie“, wie die US-Regierung, die NATO, die Ampel-Koalition und die reaktionäre Selensky-Regierung behaupten, noch um einen „antiimperialistischen, antifaschistischen Kampf“ Russlands, wie die DKP und mit ihr verbundene revisionistische Kräfte in der internationalen Friedensbewegung verbreiten. Der Ukrainekrieg ist auf beiden Seiten ungerecht! Der US-Imperialismus reagiert auf seinen Rückfall im zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf und die Infragestellung seiner Rolle als führende imperialistische Supermacht mit besonderer Aggressivität und ist weltweit weiterhin der Hauptkriegstreiber.
Opportunismus und Sozialchauvinismus
Aufschlussreich ist, dass die internationale Abteilung der sich „KP Chinas“ nennenden Partei der Millionäre und Milliardäre des chinesischen Finanzkapitals in einem Grußwort an den DKP-Parteitag schrieb: „Die KP China misst den Beziehungen zur DKP große Bedeutung bei und ist bereit, den Austausch und die Kooperation zwischen beiden Parteien unter den neuen Umständen weiter auszubauen.“4
Was früher für die DKP die sozialimperialistische Sowjetunion war, soll zukünftig offenbar das sozialimperialistische China werden. Der Parteivorstand der DKP dient sich in seinem grenzenlosen Opportunismus als Agentur des russischen und chinesischen Imperialismus an und hofft, mit deren Unterstützung ihre Krise zu überwinden. Das Gegenteil wird der Fall sein!