Rote Fahne 10/2023
Comeback des Kommunismus?
Bei der Landtagswahl im österreichischen Bundesland Salzburg am 23. April steigerte die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) ihren Stimmenanteil überraschend ...
... von 0,4 auf 11,7 Prozent. In der Stadt Salzburg kam sie sogar auf 21,5 Prozent. Dort wurde sie zweitstärkste Partei – knapp hinter der Regierungspartei ÖVP1. In einer Mischung aus Interesse und Erschrecken fragen bürgerliche Medien bereits, ob das ein „Comeback des Kommunismus“2 sei.
Wahlerfolge von Parteien und Kandidaten, die in der öffentlichen Diskussion als sozialistisch oder kommunistisch bezeichnet werden, gibt es auch in anderen Ländern. Sie zeigen: Salzburg ist kein Einzelfall. Das reicht von Jeremy Corbyn 2017 in Großbritannien über die Partei Rødt in Norwegen, Gabriel Boric in Chile, Gustavo Petro in Kolumbien bis zum als „linksradikal“ bezeichneten Bündnis um Jean-Luc Melenchon in Frankreich. Noch zehn Jahre zuvor erklärte Stefan Cornelius am 17.5.2010 in der Süddeutschen Zeitung den Kommunismus für „endgültig tot“. Er werde „keine Rolle mehr spielen“, triumphierte er, übermannt von seiner bürgerlichen Phantasie.
So kann man sich täuschen, wenn man antikommunistisch verblendet ist. Der Sozialismus/Kommunismus erfreut sich ausgesprochener Lebendigkeit. Immer mehr Arbeiter und andere Unterdrückte suchen nach einer gesellschaftlichen Alternative. Für das Bewusstsein der Arbeiterklasse und der Massen sind solche Wahlergebnisse ohnehin nur ein sehr indirekter und relativer Gradmesser. Sie sind bekanntlich stark beeinflusst von der bürgerlichen Meinungsmanipulation und wahltaktischen Erwägungen.
Viel entscheidender ist, was sich tatsächlich im Bewusstsein der Leute tut. Die Krise des Antikommunismus kommt zum Beispiel darin zum Ausdruck, dass trotz jahrzehntelanger und in den letzten Jahren noch gesteigerter antikommunistischer Stimmungsmache das Interesse bis hin zur Sympathie für den Sozialismus wächst. Während in Großbritannien nach bürgerlichen Umfragen 36 Prozent eine positive Meinung zum Sozialismus haben, sind es in Deutschland immerhin 45 Prozent. In den USA lässt die antikommunistische Victims of Communism Memorial Foundation jährliche Umfragen zur Unterstützung des Sozialismus durchführen. Die Ergebnisse bringen die Antikommunisten vermutlich zum Verzweifeln. Während die Unterstützung des Kapitalismus von 2019 auf 2020 in der gesamten Bevölkerung von 58 auf 55 Prozent zurückging, stieg die für den Sozialismus von 36 auf 40 Prozent an.
Die wachsende Offenheit für den Sozialismus wächst in Deutschland insbesondere dort, wo die MLPD selbst bewusstseinsbildende Kleinarbeit leistet. Eine Korrespondentin berichtet vom 1. Mai in Leipzig: „Wir waren für viele ein Anlaufpunkt auf der Suche nach dem sozialistischen Weg aus der kapitalistischen Krisenhaftigkeit und für die richtige Beurteilung des Kriegs in der Ukraine. Unser gesamtes Programm war gefragt. Bücher wie „Sozialismus am Ende?“ oder „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft“ gingen über den Tisch.“
Krise des Antikommunismus – Bewusstseinsbildung gefragt
Das auf breiter Front erwachende Klassenbewusstsein zeigt sich auch in kämpferischen gewerkschaftlichen Streiks sowie in einer zunehmenden Politisierung dieser Kämpfe. Die Kritik an den bürgerlichen Parteien und der Regierungspolitik nimmt zu, die über 60 Prozent mittlerweile ablehnen. Bei Lebenslügen des staatsmonopolitischen Kapitalismus wie von der „sozialen Marktwirtschaft“ oder vom „Sozialstaat“ winken die Leute heute oft nur noch ab. Die Narrative, die jahrelang als Damm gegen den Kommunismus wirkten, nutzen sich zunehmend ab. Das unterstreicht die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus, die die MLPD in den letzten drei Ausgaben der Buchreihe REVOLUTIONÄRER WEG untersucht – und zu der zum Beispiel die Bewegung „Gib Antikommunismus keine Chance!“ mit fast 20 000 Unterstützern maßgeblich beiträgt. Allerdings ist damit der Antikommunismus längst nicht erledigt. Die kleinbürgerlich-antikommunistische Denkweise ist nach wie vor das Haupthemmnis für die Zuwendung zum Kampf um den Sozialismus. Je mehr der Antikommunismus in die Defensive gerät, umso mehr wird er von den Herrschenden eingesetzt. Umso wichtiger ist es, viel Aufklärungsarbeit gegen den Antikommunismus zu betreiben. Das muss verbunden sein mit dem Kampf gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen und der meisten bürgerlichen Parteien, aber auch in Medien, Kultur und Gesellschaft.
Die materielle Grundlage dafür ist die beschleunigte Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems. Sie kulminiert in einer existenziellen Gefährdung der Menschheit durch die begonnene globale Umweltkatastrophe und eine akute Weltkriegsgefahr. Auch die soziale Lage der Arbeiterklasse und breiten Massen hat sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Das gibt marxistisch-leninistischen Prognosen einen Boden. Aber nur in Verbindung mit massenhafter Bewusstseinsbildung wird sich durchsetzen, dass es nur die Alternative gibt: Sozialismus statt Untergang in der kapitalistischen Barbarei!
Dazu gehört auch die Kritik an opportunistischen oder revisionistischen Illusionen, wie sie die KPÖ vertritt. Sie spricht zwar in ihrem Parteistatut formal von einer „revolutionären, die bestehende kapitalistische Gesellschaft überwindenden Perspektive“. In ihrer gesamten Praxis und Programmatik hat sie diese längst aufgegeben und beschränkt sich auf ein Sammelsurium von Forderungen zur Reformierung des Kapitalismus. Die Diktatur der Monopole ist die eigentliche Ursache für steigende Mieten und Wohnraumverknappung, die spekulationsgetriebene Inflation und die gesamte Krisenhaftigkeit des Kapitalismus. Der Sozialismus wird auch nicht über bürgerliche Wahlen eingeführt, wie es die KPÖ und teilweise die Linkspartei in Deutschland vertreten, sondern kann nur auf revolutionärem Weg erkämpft werden. Dafür gilt es gerade die zunehmend aufgeschlossenen Menschen geduldig zu überzeugen.
Offensive für ein neues Ansehen des Sozialismus
Die Suche nach einer revolutionären Alternative geht mit meist diffusen Sozialismus/Kommunismus-Vorstellungen einher. Die meisten Leute wissen vor allem, dass das eben etwas anderes als der Kapitalismus ist.
Der wissenschaftliche Sozialismus, den Marx und Lenin entwickelten und den die MLPD vertritt, ist frei von utopischen Vorstellungen: „Der Sozialismus ist die Zusammenfassung der fortgeschrittensten Ideen und Errungenschaften der Menschheit. Er ist kein ausgedachtes Schema und schon gar keine Gleichmacherei, sondern erwächst aus dem vielfältigen Leben und Kampf der Massen. Er ist der nächste notwendige gesellschaftliche Schritt vorwärts, in dem der revolutionäre Fortschritt der Produktivkräfte zum Nutzen der ganzen Gesellschaft in Einheit mit der Natur angewandt wird.“
Der wissenschaftliche Sozialismus gibt eine mit den objektiven Gesetzmäßigkeiten übereinstimmende Anleitung dafür, wie die Arbeiterklasse im Bündnis mit den Unterdrückten kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung revolutionär überwinden kann. Er beinhaltet, dass die Diktatur der Monopole revolutionär überwunden werden und die Diktatur des Proletariats an ihre Stelle gesetzt werden muss im Übergang zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft. Er zielt heute auf die internationale sozialistische Revolution und die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt.
Dazu startet die MLPD eine taktische Offensive, um dem wissenschaftlichen Sozialismus zu einem neuen Ansehen zu verhelfen. Das wird zu einem echten Comeback des Kommunismus unter den Massen beitragen. Der wissenschaftliche Sozialismus war nie tot; er stärkt und festigt aber seine Kräfte nach dem Verrat am Sozialismus. Er ist die einzige Lösung zur Befreiung der Arbeiterklasse und aller Unterdrückten sowie zur Rettung der Menschheit vor dem Kapitalismus!
Mehr dazu auf den folgenden Seiten dieses Magazins.