Rote Fahne 07/2023

Rote Fahne 07/2023

Das Buch regt an, sich mit wissenschaftlichen Fragen zu befassen

Eine Leserin des Buchs „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft“ stellt bei sich eine erstaunliche Veränderung fest

Von Stuttgart (Korrespondenz)
Das Buch regt an, sich mit wissenschaftlichen Fragen zu befassen
Rosalind Franklin (1955) und das Modell der DNA-Doppelhelix, Fotos: MRC Laboratory of Molecular Biology / CC BY-SA 4.0; kjpargeter / Freepik

Seitdem ich dieses Buch studiere, interessiere ich mich plötzlich für Themen, denen ich vorher eher aus dem Weg gegangen bin, weil ich „sowieso nichts davon verstehe“. Deshalb habe ich den Artikel in den Stuttgarter Nachrichten zur Entdeckung der DNA nicht gleich weitergeblättert, sondern mit Interesse gelesen. Nun zeigte der Artikel auch noch eine weitere Seite auf, die eine gute Ergänzung in der Auseinandersetzung um das Buch ist: dass es eigentlich eine Frau war, die die DNA-Struktur als erstes entdeckt und erforscht hat!

 

Rosalind Franklin (1920 – 1958) wurde aber als Frau und Wissenschaftlerin nicht anerkannt, ihre Forschungsergebnisse nie veröffentlicht, sondern ohne ihr Wissen an Francis Crick und James D. Watson weitergegeben, die bis dahin falsch lagen. Gestützt auf die Entdeckung von Franklin, der es mithilfe von präzisen Röntgengeräten und einer Mikrokamera gelungen war, die Struktur des Erbmoleküls zu fotografieren und zu analysieren, bauten Crick und Watson das erste korrekte Modell der DNA-Doppelhelix nach. Sie erhielten 1962 dafür den Nobelpreis. Erwähnung fand Franklin in deren Veröffentlichungen lediglich in der Form: „Wir wurden auch inspiriert durch das Wissen um den grundsätzlichen Charakter unveröffentlichter, experimenteller Ergebnisse und Ideen von Dr. M. H. F. Wilkins, Dr. R. E. Franklin und ihren Mitarbeitern im King’s College London.“ Ohne die Forschungsergebnisse von Franklin wäre der Erfolg aber gar nicht möglich gewesen.

 

Passend dazu gibt es einen lesenswerten und auch amüsanten Roman von Bonnie Garmus „Eine Frage der Chemie“ (Piper). Er zeigt nicht nur die Unterdrückung der Frau in der Naturwissenschaft in den 1960er-Jahren auf, sondern auch das Leben einer selbstbewussten Chemikerin (eine literarische „Heldin“), für die Chemie in allen Lebensbereichen eine wichtige Rolle spielt. Auch als sie sich, um Geld zu verdienen, in einer Kochsendung verdingen muss. „Für sie ist Kochen Chemie – und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände.“ (aus dem Buchcover)

 

Die Rolle der DNA

 

„Leben ist die Daseinsweise der Eiweiße (Proteine) und ihrer beständigen Selbsterneuerung im dialektischen Wechselspiel mit der Entwicklung der Nukleinsäuren (DNA und RNA)!

 

Es gibt in der organischen Welt keine Eiweiße ohne die Erbsubstanz der Nukleinsäuren. Diese steuert den Auf- und Abbau der Eiweiße, wie er sich im Stoffwechsel lebendiger Organismen fortlaufend vollzieht. Zugleich wirken die Eiweiße entsprechend den Lebensbedingungen auf die Erbsubstanz zurück ... Das Leben existiert nur in diesem dynamischen und fortschreitenden Prozess von Werden und Vergehen.“ (Buch „Die Krise der bürgerlichen Naturwissenschaft“, S. 60)