Rote Fahne 06/2023
Völkische Gewerkschaftsfeinde
Die faschistoide AfD versucht verstärkt, Einfluss auf Gewerkschaftsmitglieder zu nehmen und gibt sich dabei kritisch gegenüber der rechten Gewerkschaftsbürokratie
„Es wird Zeit, sich mit den Verfehlungen der Einheitsgewerkschaften auseinanderzusetzen und Alternativen zu prüfen“, heißt es in der Einladung zu einer Veranstaltung der AfD Lörrach am 30. Oktober 2022. Doch welche „Verfehlungen“ sind gemeint und wie sehen diese „Alternativen“ aus?
Scheinheiligkeit und Unwissenheit?
Scheinheilig kritisiert der AfD-Kreisverband Lörrach auf seiner Webseite im Vorfeld der Veranstaltung: „Meldungen über Streiks und Lohnverhandlungen sind selten geworden.“ Ist es nicht seltsam, dass von der AfD bisher höchstens „Impfstreiks“ unterstützt wurden? Nein, schlicht Demagogie! Die AfD richtet sich gegen den proletarischen Klassenkampf. So wettert sie in Niedersachsen auf ihrer Webseite: „,Klassenkampf‘ bedeutet nichts anderes als die Spaltung unserer Gesellschaft.“ Doch ist die kapitalistische Gesellschaft nun mal in Klassen gespalten. Die AfD will den Klassenkampf durch eine völkische Klassenzusammenarbeit ersetzen. Da sitzen dann Kapitalisten und Arbeiter in einem „deutschen Boot“ – und die Arbeiter dürfen rudern! Die AfD spaltet dafür die Werktätigen mit ihrer Hetze gegen Geflüchtete.
Als Redner geladen Oliver Hillburger
Als Redner eingeladen war in Lörrach unter anderem Oliver Hillburger, Betriebsrat und Listenführer von „Zentrum Automobil“ bei Daimler in Stuttgart-Untertürkheim. Nebenbei erfährt man, dass die „angehende Gewerkschaft Zentrum“ 2022 von der Unvereinbarkeitsliste der AfD gestrichen wurde.
Tatsächlich ist das als faschistische Betriebsratsliste angetretene „Zentrum“ das Gegenteil einer Gewerkschaft. Es betreibt das Geschäft der völkischen, nationalistischen Verhetzung von rückständigen Teilen der Arbeiterklasse. Der Hass dieser Leute auf die Einheitsgewerkschaften rührt in Wirklichkeit daher, dass sie auf antifaschistischer Grundlage die Einheit aller Arbeiterinnen und Arbeiter verwirklichen und von den Mitgliedern zunehmend zu wirklichen Kampforganisationen gemacht werden.
AfD und Tarifrunden? Fehlanzeige!
Bei den Recherchen für das Thema des Rote Fahne Magazins interessiert mich, was die AfD dazu sagt. Als Partei, die sich gern als „Kümmerer“ der „einfachen Leute“ ausgibt, bin ich gespannt.
Ich gebe im Netz „AfD Tarifrunden 2023“ ein und lande – keinen Treffer. Ich versuche mein Glück auf der Webseite der AfD, durchstöbere die Pressemitteilungen – leider Fehlanzeige. Vielleicht finde ich was unter dem Link „Soziales“. Doch auch hier werde ich enttäuscht, finde nur einen Artikel „Sozialstaat braucht Grenzen“, in dem gegen Migranten gehetzt wird. Ich mache einen letzten Versuch und gebe „AfD und Streik“ ein.
Und siehe da, ich werde fündig und zwar auf dem Facebook-Account der AfD-Stadtratsfraktion in Hannover. Allerdings ist der Eintrag vom 29. September 2020. Dort äußert sich der Stadtverordnete Sören Hauptstein zu den Warnstreiks während der damaligen Tarifauseinandersetzung von ver.di für die Beschäftigten bei den Kommunen und dem Bund: „Dieser Streik ist unverschämt, unanständig, unverantwortlich!“1
Jetzt versteh ich das Schweigen der AfD. Sich in dieser Form offen gegen die Tarifauseinandersetzungen von über 3,5 Millionen Kolleginnen und Kollegen zu stellen, würde ihre soziale Demagogie und ihr offen arbeiterfeindliches Wesen als Wegbereiterin des Faschismus zum Ausdruck bringen. Aber das Schweigen allein reicht dafür auch schon aus.