Rote Fahne 05/2023
Mit Oligarchen gerechte Kriege führen?
Leonid Schkolnikow, Vertreter der revisionistischen „Belarussischen Organisation der Kommunistischen Partei der Sowjetunion“ ruft in einem Konferenzbeitrag zu einer Heiligen Allianz für Russlands Krieg auf
Wenn es nach ihm geht, sollen die Völker der NATO- und EU-Länder den eigenen Herrschern in den Arm fallen und Putin beistehen, um die Menschheit von der „Weltfinanzoligarchie“ zu befreien. Oligarchie ist nur ein anderes Wort für Diktatur der Monopole. Wird nicht Putins Reich selbst von großen Oligarchen wie Gasprom oder Sberbank beherrscht?
Das musste auch Schkolnikow zugeben: „Obwohl Russland heute ein bürgerlich-oligarchischer Staat ist und nicht die Sowjetunion, führt es hier einen gerechten Krieg, ist kein Aggressor, sondern ein Verbündeter der nationalen Befreiungsbewegung des Donbass und des antifaschistischen Kampfes der gesamten ukrainischen Bevölkerung.“ Damit verteidige Russland „seine Interessen auf dem Territorium der Ukraine“.
Welches Recht hat Russland oder irgend ein anderer Staat, in einem andern Land „seine Interessen“ zu verteidigen? Imperialistische Staaten führen grundsätzlich keine gerechten Kriege. Auch für Russland trifft das zu. Es ist nichts als offene imperialistische Anmaßung, sich in andere Länder einzumischen oder sie als Kampfplatz für eigene Interessen zu missbrauchen. Russland, so Schkolnikow, verteidige die „nationale Befreiungsbewegung des Donbass“.
In Wirklichkeit wurde der Widerstand im Donbass gegen das nationalistische Sprachengesetz Kiews sehr bald vom russischen Staat ausgenützt, um hier eigene Leute gegen die fortschrittlichen Kräfte durchzusetzen. Deren Führer wurden abgesetzt oder liquidiert. Die Restukraine ist für Schkolschnikow dagegen gar nicht vorhanden, für ihn gibt es nur das „ukrainische Gebiet der Sowjetunion“ und das „sowjetische Volk ukrainischer und russischer Nationalität“. Mit der willkürlichen Konstruktion eines einheitlichen „sowjetischen Volks“, das es nie gab, wird der Besitzanspruch über die Ukraine gerechtfertigt.
Russland – eine neuimperialistische Macht
Russland ist mit seinem konzentrierten, eng mit dem Staat liierten Kapital der Monopole (die hier Oligarchen genannt werden), mit seinem Riesen-Militär-Apparat und als Atommacht eine neuimperialistische Macht. Nicht nur in Tschetschenien oder Georgien führte Russland Krieg für seine imperialistischen Interessen. In Kasachstan kämpften unter anderem russische Aufstandsbekämpfungstruppen im OVKS (Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit) gegen die Arbeiter und Massen, die gegen das Regime Kasachstans rebellierten.
Lenins Unterscheidung von gerechten und ungerechten Kriegen scheint Schkolnikow nicht zu kennen oder bewusst in den Wind zu schlagen. Lenin schrieb inmitten des Ersten Weltkriegs: „Das Proletariat ist gegen die Vaterlandsverteidigung in diesem imperialistischen Krieg, und zwar in Anbetracht seines räuberischen, sklavenhalterischen, reaktionären Charakters, in Anbetracht der Möglichkeit und Notwendigkeit, ihm den Bürgerkrieg für den Sozialismus entgegenzustellen.“1 Solch positive, revolutionäre Perspektive ist Schkolnikow fremd.
Seine sozialchauvinistische Haltung bedeutet für die Massen in Russland Unterordnung unter das Diktat der Monopole und ihren Kriegskurs bis hin zum Dritten Weltkrieg. Den eigenen Imperialismus stärken, anstatt dessen Krise und Schwäche nutzen, um ihn zu stürzen – das ist verlogen und eine Verballhornung von allem, was Friedenskampf ist.
Mit Selenskyj für Demokratie und Freiheit?
Auch das Selenskyij-Regime hat Opposition und alle oppositionellen Parteien verboten, die Gewerkschaften werden drangsaliert. Militär und Geheimdienst sind durchsetzt mit Faschisten. Selenskyj selbst und seine Wahlkampagne hat der Oligarch Kolomojskyj gesponsert, einer der Gründer des faschistischen Asow-Regiments.
In Wirklichkeit streben USA und EU genauso wie Russland nach der Herrschaft über die Ukraine. Sie ist immerhin nach Russland das zweitgrößte Land Europas und unendlich reich an Rohstoffen, ausgebildeten Menschen und fruchtbarem Boden. Beide Seiten wollen den Sieg über den jeweils anderen. Mit jedem Schritt weiter wird der Dritte Weltkrieg vorbereitet – von beiden Seiten.
Angesichts der Manipulation der öffentlichen Medien in Russland, in der Ukraine wie bei uns, ist heute mehr denn je nötig, einen festen proletarischen Klassenstandpunkt einzunehmen. Lenin schrieb dazu im Ersten Weltkrieg: „Die Bürgerlichen wie auch ihre Nachtreter in der Arbeiterbewegung … stellen die Frage gewöhnlich so: Entweder erkennen wir die Pflicht der Landesverteidigung grundsätzlich an, oder wir machen unser Land wehrlos. Diese Fragestellung ist total falsch. In Wirklichkeit steht die Frage so: Entweder wir lassen uns für die Interessen der imperialistischen Bourgeoisie abschlachten, oder wir bereiten die Mehrheit der Ausgebeuteten wie auch uns selbst systematisch dazu vor, … den Kriegen überhaupt ein Ende zu machen“.2