Rote Fahne 04/2023
Häufung von Arbeitsunfällen: „Für unsere Sicherheit kein Geld da?“
Die Zahl der gemeldeten Arbeitsunfälle stieg 2021 gegenüber dem ersten Corona-Jahr um 6 Prozent an, im ersten Halbjahr 2022 um weitere 0,2 Prozent. Die sich wieder häufenden Arbeitsunfälle stoßen auf wachsende Kritik in den Belegschaften
Anfang Dezember stürzte bei Opel in Eisenach eine Kollegin mit dem Stapler von der Entladerampe, weil der Lkw in dem Moment, als sie auf ihn fahren wollte, nach vorne fuhr.
Die Kolleginnen und Kollegen berichten, dass in den letzten zwei Jahren in der Logistik eine ganze Serie von sehr schweren Arbeitsunfällen passierte und nur durch großes Glück bisher niemand dabei zu Tode gekommen ist. Sie kritisieren: „Die Werksleitung weigert sich, ein Sicherheitssystem zu installieren, das solche Unfälle verhindert. Stellantis macht acht Milliarden Gewinne, aber für unsere Sicherheit ist angeblich kein Geld da!“
Der Hintergrund ist die Forderung von Stellantis, die Produktionskosten pro Fahrzeug in Eisenach von 2600 auf 1000 Euro zu senken, um die Profite zu maximieren. Das geht auch auf Kosten der Gesundheit und der Arbeitssicherheit der Kolleginnen und Kollegen.
Ergebnis von Arbeitshetze und Druck
Die Häufung von Arbeitsunfällen ist eine allgemeine Erscheinung und zwar international! Auch in Griechenland hat die Zahl der Arbeitsunfälle zugenommen hat. Allein 2022 wurden 50 tödliche Arbeitsunfälle registriert, unter anderem im Hafen von Piräus, der vom chinesischen Cosco-Konzern betrieben wird, aber auch auf Baustellen und anderen Arbeitsplätzen.
Am 21. November 2022 wurde bei thyssenkrupp Steel Europe (tkse) Duisburg ein 23-jähriger Elektriker bei einem Arbeitsunfall im Warmbandwerk 1 (WBW1) lebensgefährlich verletzt. Der „Stahlkocher“, eine Branchenzeitung von Kollegen für Kollegen, kommt zu dem Ergebnis: „Dieser Unfall ist das Ergebnis einer lang anhaltenden Unterbesetzung, wochenlang unterhalb der Notbesetzung, von ständiger Arbeitshetze und Druck.“
Die auffällige Häufung von Arbeitsunfällen liegt sicher nicht am „Fehlverhalten“ von Kollegen, wie die Konzernvorstände immer schnell behaupten. Auch wenn sich einige wenige Kolleginnen und Kollegen aus Übereifer oder Unachtsamkeit falsch verhalten. Dass gerade jetzt eine solche Häufung auftritt, kann nur mit der Verschärfung der Ausbeutung durch den Weltwirtschaftskrieg und die Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten auf die Arbeiterklasse durch Monopole und ihre Regierungen erklärt werden.
Streik, bis die Werksleitung erschien
Die Kolleginnen und Kollegen in Eisenach haben nach dem Unfall die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Sie traten in einen selbständigen Streik, bis Vertreter der Werksleitung erschienen, denen sie ihre Forderung nach einem wirksamen Sicherheitssystem und personellen Konsequenzen vortrugen. Ein Beispiel, das Schule machen sollte!