Rote Fahne 02/2023

Rote Fahne 02/2023

Gleichbehandlung sieht anders aus

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss auf Proteste an der Bezahlung der Leiharbeit reagieren

Von (ako)
Gleichbehandlung sieht anders aus
VW-Belegschaften kämpfen seit Jahren gegen das „Heuern und Feuern“ der Leiharbeiter (Abbildung: Kollegenzeitung bei VW Kassel)

Es kam in den Nachrichten und es wird in der Presse verbreitet: „Urteil des Europäischen Gerichtshofs – Niedrigerer Lohn für Leiharbeiter muss ausgeglichen werden.“ Am 15. Dezember hatte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg eine Entscheidung gefällt. Schlechtere Bezahlung ist allerdings dann erlaubt, „wenn es im Tarifvertrag andere Vorteile gib.“

 

Nach deutschem Recht darf ein Tarifvertrag schlechtere Bedingungen für Leiharbeiter vereinbaren, als sie für die sogenannte Stammbelegschaft gelten. Das allein macht schon deutlich, welche Position den in Leiharbeit beschäftigten Kolleginnen und Kollegen zugedacht ist: Sie sollen als Lohndrücker dienen und die Arbeiterklasse spalten. Eine befristet beschäftigte Leiharbeiterin hatte zuletzt auf Ausgleichszahlung geklagt. Sie hatte rund ein Drittel (in Zahlen: 4,40 Euro) weniger Stundenlohn erhalten als ihre fest angestellten Kolleginnen und Kollegen, eben weil ihre Zeitarbeitsfirma nach einem Tarifvertrag gezahlt hatte.

 

Das Urteil sieht nun vor, dass mehr Urlaubstage oder eine geringere Arbeitszeit grundsätzlich ein Ausgleich für geringeren Lohn sein können.

 

Der Teufel liegt im Detail des Wörtchens „grundsätzlich“, denn gemeint ist, dass „wer auf Leihbasis arbeitet, bleibt im Vergleich mit Festangestellten schlechter gestellt. Der Unterschied darf aber nicht zu krass ausfallen …“

 

Also Unterschied ja, aber nicht ganz so „krass“? Das Urteil ist ein kleines Zugeständnis an Kritiken an der Leiharbeit, die unter Kolleginnen und Kollegen gerne auch mal als „moderne Sklavenarbeit“ tituliert wird.

 

Dass es etwas Grundlegendes an Ungleichbehandlung und Spaltung ändert, ist eher nicht der Fall. Das machen die Tarifverhandlungen deutlich, die gerade in der Leiharbeitsbranche stattfinden. Unter dem Dach des DGB sind die acht Einzelgewerkschaften zugange, um höhere Löhne für in Leiharbeit Beschäftigte auszuhandeln.

 

Die Verhandlungen finden statt mit den zwei Unternehmerverbänden „Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (IGZ)“ und dem „Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP)“. Sie repräsentieren 98 Prozent der über 800 000 in Leiharbeit beschäftigten Kolleginnen und Kollegen in Deutschland. Im Oktober wurden die Entgeltgruppen 1 bis 2b wegen der Anhebung des Mindestlohns um 14 Prozent (auf 12,48 Euro in EG 1) erhöht.

 

Die beiden Verhandlungen für die Entgeltgruppen 3 bis 9 im November und 14. Dezember wurden ergebnislos vertagt. Bei der Verhandlung am 14. Dezember in Berlin haben Hunderte Leiharbeitsbeschäftigte aus ganz Deutschland lautstark eine ordentliche Lohnerhöhung und Inflationsausgleich gefordert.

 

Die MLPD fordert: „Einheitliche Tarifverträge in ganz Deutschland! Kampf gegen die Spaltung der Arbeiterklasse durch Leiharbeit, Werkverträge, Befristungen, Niedriglöhne usw.“!