Rote Fahne 25/2022

Rote Fahne 25/2022

Mit der Bundeswehr – (tod)sicher in den Krieg

„Unsichere Zeiten? Zeiten für einen sicheren Job!“ Mit solchen und ähnlichen Sprüchen wirbt die Bundeswehr seit geraumer Zeit in einer Plakatkampagne.

Von (jj/gos)
Mit der Bundeswehr – (tod)sicher in den Krieg

Verlogen setzten ihre „Influencer“ an der wachsenden Sorge von Jugendlichen um die Zukunft an. Die Bundeswehr als Alternative zu Arbeitslosigkeit, Niedriglöhnen und Kettenbefristungen? All das kann man eintauschen gegen wahrhaft bombensichere Aussichten: die Beteiligung an Auslandseinsätzen zur Sicherung der imperialistischen Interessen Deutschlands und der EU wie in Mali; die Teilnahme am Aufmarsch gegen Russland an den Ostgrenzen der NATO zur Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs; oder auch die Vorbereitung von Einsätzen zur Aufstandsbekämpfung im Inland, wie sie bei der „Heimatschutztruppe“ der Bundeswehr verstärkt geprobt werden.


Im Jahr 2021 war die Zahl der Rekruten mit 16 000 auf einem Tiefstand angelangt. Im April 2022 prognostizierte die „Wehrbeauftragte“ des Bundestages, Eva Högl (SPD), dass seit dem Krieg in der Ukraine „viel mehr Menschen in die Bundeswehr gehen und mithelfen, Frieden und Freiheit zu verteidigen“.1 Eine Sprecherin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr musste jedoch Mitte September zugeben: „Die tatsächlichen Bewerberzahlen für den militärischen Dienst in der Bundeswehr sind seit Anfang 2022 sogar rückläufig.“ Statt geplanten 203 000 Soldatinnen und Soldaten stehen 183 000 zur Verfügung. Auch die Zahl der Kriegsdienstverweigerer innerhalb der Bundeswehr steigt deutlich an. In diesem Jahr gab es bisher 657 Anträge auf Kriegsdienstverweigerung, 2021 waren es 209. Es ist den Herrschenden trotz aller Propaganda nicht gelungen, unter der Jugend eine Kriegsbegeisterung zu entfachen.

 

Viele Kriegsdienstverweigerer begründen ihren Antrag auf Ausscheiden aus der Armee mit einer „möglichen Eskalation“ des Ukrainekriegs und damit, „dass sie mit einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht gerechnet hätten“.2 Das zeigt, dass auch viele Soldatinnen und Soldaten alles andere als überzeugt von der zunehmenden Militarisierung und der imperialistischen Kriegführung sind. Das trifft erst recht auf die Masse der Jugend zu. In der Trendstudie von Oktober 2022 stimmen nur 10 Prozent einer deutschen Beteiligung an den Kämpfen gegen Russland zu; 57 Prozent lehnen sie klar ab. Nur 16 Prozent sind für die Wiedereinführung der Wehrpflicht.3 Allerdings geht das oft noch mit einer Unterschätzung der Weltkriegsgefahr und Illusionen in den Charakter der Bundeswehr als imperialistische Armee einher.


Verteidigungsministerin will „umsteuern“

 

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) setzt in der Bundeswehrwerbung auch auf imperialistischen Pazifismus: „Wer in Zukunft in Frieden und Freiheit leben will, der muss jetzt umsteuern“ und die Bundeswehr „wieder als zentrale Instanz für unsere Daseinsvorsorge betrachten“.4 Eine schöne „Friedensarmee“, die mit an der Spitze der aggressiven Umkreisung des imperialistischen Rivalen Russland durch die NATO steht! An der Verachtfachung von deren schnellen Eingreifkräften von 40 000 auf 300 000 soll sich die Bundeswehr laut Lambrecht mit 15 000 Soldaten, 35 Flugzeugen und 20 Schiffen beteiligen.5 Ganz „friedlich“ wird so ein unmittelbarer militärischer Schlagabtausch mit Russland und damit der Beginn eines Dritten Weltkriegs vorbereitet. Und mit der „Freiheit“, für die die Bundeswehr sorgen soll, ist es auch nicht weit her. Wer außerhalb von Tarifrunden für höhere Löhne kämpfen will, wird ganz schnell mit der „Friedenspflicht“ und dem in Deutschland weitgehend fehlenden Streikrecht zur Räson gebracht. Umweltkämpfer werden wie in Bayern „vorsorglich“ wochenlang eingesperrt. Und von wegen „Freiheit verteidigen“: In der Ukraine sind genauso wie in Russland Oppositionsparteien verboten, Kritik am Kriegskurs Selenskyjs und der NATO ist mit dem Kriegsrecht streng untersagt, die Massenmedien sind gleichgeschaltet. Die „Daseinsvorsorge“ der Bundeswehr hat noch nie dem angeblichen Schutz der Bevölkerung gedient, sondern stets der „Freiheit“ des Monopolkapitals zur Ausbeutung von Mensch und Natur und zur Neuaufteilung der imperialistischen Macht- und Einflusssphären.

 

Doch dafür müssen die Massen gewonnen werden: „Die Imperialisten sind sich der großen Gefahr bewußt, daß sie sich von Werkzeugen für den Krieg in Werkzeuge gegen den Krieg verwandeln könnten. Daher versuchen sie mit allen Mitteln, die ganze Gesellschaft mit dem militaristischen Geist zu durchdringen.“6 30 Millionen Euro gibt das Verteidigungsministerium für Bundeswehrwerbung aus.

 

Zunehmend wird über das Fernsehen, das Internet oder die Schule mit offen sozialchauvinistischen Argumenten geworben. Das Soldaten-Image soll neu aufpoliert werden. In Egoshooter- und Multiplayer-Spielen wie „Call of Duty“ oder „Counterstrike“ spielen Jugendliche virtuell militärische Handlungen realitätstreu nach. Auch wenn Gamer7 meinen, mit Spiel und Wirklichkeit bewusst umgehen zu können, nimmt der Konsum solcher Spiele Einfluss auf das Denken, Fühlen und Handeln. Gerade an der Beliebtheit solcher Spiele knüpft die Bundeswehr an.

 

Sie wirbt auf Werbeplakaten, die der Gaming-Ästhetik nachempfunden sind, mit Slogans wie „Multiplayer at its best“ („Multiplayer in Bestform“). Das erweckt den Eindruck, als ob der Alltag als Soldat vor allem abenteuerlich und abwechslungsreich sei. Die Realität sieht anders aus: Ein Drittel der Heimkehrer von Auslandseinsätzen kam mit posttraumatischen Belastungsstörungen und desillusioniert über Lebenslüge der Verteidigung von „Frieden und Freiheit“ zurück.

 

Die getarnte Militarisierungsoffensive hat durchaus Wirkung auf einen Teil der Jugend. Heiko, 17 Jahre, im Gespräch mit einem Rote Fahne-Reporter: „Ich will zum Bund, weil ich da eine Ausbildung als KfZ-Mechaniker machen kann. Ich habe keinen guten Schulabschluss und die nehmen jeden.“ Das ist unter anderem deshalb so, weil es bis heute eben darum geht, „Kanonenfutter“ für den imperialistischen Krieg zu rekrutieren und das Ausbildungsangebot nur ein Mittel dazu ist. Notwendig ist der Kampf um die Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze, für höhere Löhne sowie gegen soziale und politische Auslese an Schulen und Hochschulen.


Macht mit bei den Widerstandsgruppen!

 

Die Masse der Jugend ist gegen ungerechte Kriege! Aber das reicht nicht. Man kann sich einem Weltkrieg nicht individuell entziehen. So ist in Deutschland selbst die Wehrpflicht mitnichten abgeschafft, sondern nur ausgesetzt. Die Jugendlichen und die Werktätigen in Russland und der Ukraine haben vor wenigen Monaten auch nicht geahnt, dass sie jetzt zu Hunderttausenden im imperialistischen Krieg aufeinander schießen und ihr Leben verlieren.

 

Notwendig ist eine breite antimilitaristische Aktionseinheit, die sich gegen jede imperialistische Aggression wendet und den aktiven Widerstand gegen die Welkriegsgefahr führt. In den Widerstandsgruppen von MLPD und REBELL werden Aufklärungsarbeit, Bildungsarbeit und gemeinsame Aktionen organisiert. Sie richten sich besonders an Jugendliche und Arbeiter. Alle konsequenten Antimilitaristen sollten sich im Jugendverband REBELL oder der sozialistischen Alternative MLPD organisieren. Denn nur organisiert und mit klarer Perspektive wird der antimilitarische Kampf erfolgreich sein.

 

Um Kriege und Kriegsgefahr zu überwinden, müssen ihre Ursachen im imperialistischen Weltsystem revolutionär überwunden und muss weltweit der echte Sozialismus erkämpft werden. „Diesem System keinen Mann und keinen Groschen!“ – Diese Losung des Sozialisten und Antimilitaristen Karl Liebknecht aus der Zeit des Ersten Weltkriegs ist heute besonders aktuell.