Rote Fahne 24/2022
Internationale Bergarbeiterkonferenz 2023 in Thüringen – nicht nur eine Sache der Bergarbeiter
Vom 31. August bis 3. September 2023 findet in Deutschland ein bedeutendes Ereignis statt, die 3. Internationale Bergarbeiterkonferenz (IMC)
Die 1. Bergarbeiterkonferenz (IMC1) wurde 2013 in Peru durchgeführt. Sie beschloss Grundsatzdokumente und wählte eine internationale Koordinierungsgruppe, bestehend aus Bergarbeiterführern aus sieben Ländern auf vier Kontinenten. Nicht zuletzt fasste sie den wegweisenden Beschluss, den Kampf um soziale Forderungen mit dem Kampf zum Schutz der Umwelt zu verbinden. Die 2. Bergarbeiterkonferenz 2017 in Indien beschloss ein internationales Kampfprogramm, nahm Kurs auf eine zusätzliche kontinentale Koordinierung und erweiterte die internationale Koordinierungsgruppe auf Bergarbeiterführer aus neun Ländern. Zur 3. Konferenz werden rund 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet, sowie Delegationen der weltweit 44 Mitgliedsorganisationen.
Dem Zusammenschluss der weltweit gut 20 Millionen Bergleute und ihrer Familien kommt wachsende Bedeutung zu. Auch in Deutschland ist die Bergarbeiterbewegung alles andere als tot. Es gibt weiterhin 59 000 aktive Bergleute – vor allem im Braunkohle- und Kali-Bergbau.2 Im Erzgebirge und in der Lausitz finden Vorarbeiten für den Abbau von Lithium- und Kupfervorkommen statt. Ganze Regionen sind vom Bergbau, seinen Hinterlassenschaften und Traditionen geprägt – sei es im Ruhrgebiet, im Saarland, in der Lausitz oder im rheinischen Revier. Hier hat sich die Bergarbeiterkultur mit ihrem kämpferischen Geist und ausgeprägten Zusammenhalt tief eingegraben und ist lebendig. Die Durchführung der Konferenz ist geeignet, die Menschen im jeweiligen Austragungsland breit einzubeziehen und dem Aufbau der organisierten Bergarbeiterbewegung einen neuen Schub zu verleihen.
Mit nationalistischer Spaltung fertig werden
Der Kampf um den Zugriff auf die ungleich verteilten Rohstoffe ist eine wesentliche Triebkraft der Vorbereitung eines Dritten Weltkrieges und der militärischen Aufrüstung aller imperialistischer Länder. Das hat zugleich die Spekulation mit Lebensmitteln, Rohstoffen und Energieträgern massiv angeheizt mit der Folge eines gewaltigen Anstiegs der Inflation.
In Verbindung mit der imperialistischen Kriegsvorbereitung und der Rechtsentwicklung der Regierungen werden Sozialchauvinismus und Nationalismus hochgekocht. Faschistische und faschistoide Kräfte skandieren „America first“, „Italien über alles“ oder „Unser Land zuerst“ und wollen die Arbeiter gegeneinander aufwiegeln. Der Faschist und ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hetzte: „Alle Russen sind Feinde für die Ukraine …“.2 Die russischen Arbeiter sind aber nicht die Feinde der ukrainischen, sondern haben die gleichen Klasseninteressen wie sie. In Russland wie in der Ukraine wurde der Sozialismus ab 1956 verraten. In Russland wie in der Ukraine beutet eine Handvoll monopolistischer Oligarchen die Arbeiter und breiten Massen aus.
Die Internationale Bergarbeiterkonferenz steht für den länderübergreifenden Zusammenschluss der Arbeiterklasse gegen jede Spaltung, für eine Perspektive ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Raubkriege. Mitgliedsorganisationen kommen auch aus Russland und der Ukraine. Sie treten dort konsequent gegen den imperialistischen Krieg ein. Auf der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz wird der antiimperialistische Kampf besonders ins Zentrum rücken. Die internationale Koordinierungsgruppe hat eine Mitarbeit im Konsultativkomitee der Koordinierung der internationalen antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront beschlossen. Diese wird direkt im Anschluss an die Bergarbeiterkonferenz tagen.
Die Bergarbeiterkonferenz steht von Anfang an auch für die enge Verbindung von Arbeiterbewegung, Frauenbewegung, Umweltbewegung und Jugendbewegung. Ihre Stärkung ist auch in deren Interesse. Umweltaktivisten, kämpferische Frauen und rebellische Jugendliche sind aufgefordert, sie in ihrem Wirkungskreis bekanntzumachen, sich bei der Konferenz einzubringen und sie aktiv zu unterstützen.
Lehrstück für das Scheitern der Klassenzusammenarbeitspolitik
In Deutschland stand die Bergarbeiterbewegung seit ihren Anfängen mit im Zentrum harter Kämpfe und revolutionärer Bewegungen. Die vor allem aus Bergleuten bestehende Rote Ruhrarmee siegte 1920 über den ersten Versuch der Errichtung einer faschistischen Diktatur in Deutschland. Viele Rotarmisten kämpften darüberhinaus für die Diktatur des Proletariats nach dem Vorbild der damals sozialistischen Sowjetunion.
1997 richtete sich einer der größten und am härtesten geführten selbständigen Arbeiterkämpfe der Nachkriegsgeschichte gegen die Pläne der Bundesregierung zur Vernichtung von 69 000 Arbeitsplätzen im Bergbau. Ausgehend von der Zeche Hugo, in der die Betriebsgruppe der MLPD eine jahrelange Kleinarbeit machte, legten insgesamt 130 000 Bergarbeiter selbständig für sechs Tage die Arbeit nieder, stürmten die Bannmeile in Bonn und zwangen die Regierung, ihre Pläne zurückzunehmen.
Um dieser kämpferischen und revolutionären Tradition entgegenzuwirken, installierten das Bergbaumonopol Ruhrkohle AG (RAG), die verschiedenen Regierungen und die reformistische Gewerkschaft IGBCE ein regelrechtes System der Klassenzusammenarbeit. Um möglichst Kämpfe der Bergarbeiter zu verhindern und sie zur Hinnahme der Vernichtung hunderttausender Arbeitsplätze zu bewegen, wurden diese angeblich „sozialverträglich“ abgewickelt. So konnten Bergleute zum Teil bereits mit 49 in „Anpassung“, also in Frührente gehen. Tatsächlich wurden ihre Arbeitsplätze dauerhaft vernichtet und fehlen insbesondere der Jugend.
Nach der Stilllegung der Zechen – als sie die Kampfkraft der Bergleute nicht mehr so fürchten musste – ließ die RAG ihre „sozialverträgliche“ Maske fallen. Sie kündigte 2019 über 300 Kollegen, die sich geweigert hatten, „freiwillig“ ihre Kündigung zu unterschreiben. Nicht nur das „Deputat“, die Betriebsrente der Bergleute, wurde vielen gestrichen. Die RAG zog sich auch aus dem sozialen Wohnungsbau der Bergarbeiterwohnungen zurück, ließ die Zechen mit riesigen Mengen gelagerten Giftmülls fluten (mehr dazu auf den Seiten 20, 21 und 23). Ein Ergebnis des gescheiterten „Strukturwandels“ sind mit die höchsten Armutsquoten in Bergarbeiterregionen. Das zeigt, wie wenig es der RAG jemals um die Interessen der Bergarbeiter und ihrer Familien gegangen war. Das Hauptmotiv für die vermeintliche „Sozialverträglichkeit“ der Klassenzusammenarbeitspolitik war ihre Angst vor den Kämpfen der Bergleute, ihrer Frauen und Familien.
Doch die RAG hat die Rechnung ohne die Kumpel, die Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF und die MLPD gemacht. Sie greifen die Politik der „verbrannten Erde“ an und haben dazu bereits 14 Demonstrationen in Bergarbeiterwohngebieten mit wichtigen Erfolgen organisiert. Ein Schlüssel war die enge Verbindung des Kampfs um die Arbeitsplätze mit dem Kampf gegen die Deputatkürzung, die Gesundheitsschädigung und Umweltvergiftung durch die RAG und das Fertigwerden mit antikommunistischen Vorbehalten gegenüber einer engen Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit der MLPD.
Im gemeinsamen Interesse aller Arbeiter
Der Erfolg der 3. Internationalen Bergarbeiterkonferenz ist im gemeinsamen Interesse aller Arbeiterinnen und Arbeiter, fortschrittlichen Bewegungen und Menschen. Den Krieg in der Ukraine beenden und einen Weltkrieg verhindern kann nur der aktive Widerstand! Dafür und für den Kampf um eine sozialistische Perspektive ist die internationale Arbeitereinheit der führende Faktor.
Ein Großteil der Vorbereitung der Konferenz wird von örtlichen „Kumpel für AuF“-Gruppen getragen. Das ist eine große logistische Herausforderung. Da muss die Verpflegung und Übernachtung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer organisiert werden, der Aufbau am Tagungsort in Truckenthal (Thüringen), die Betreuung der internationalen Delegierten, die Übersetzung und vieles mehr. Für die Unterstützung der Reisekosten werden zahlreiche Spenden benötigt. Dafür werden viele Aktivistinnen und Aktivisten gebraucht, die gemeinsam mit internationalen Brigadistinnen und Brigadisten anpacken. Sie werden zugleich unverzichtbare Erfahrungen und Eindrücke von dort mitnehmen. Die 3. Internationale Bergarbeiterkonferenz wird so zu einer Schule für die internationale Koordinierung der Arbeiterkämpfe insgesamt.