Rote Fahne 22/2022

Rote Fahne 22/2022

Wachsende Kritik an „schlimmster WM aller Zeiten“

Am 20. November beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Noch niemals zuvor war das weltweit größte Sportereignis so umstritten und von Protesten begleitet wie jetzt. Und das völlig zurecht, denn die WM in Katar ist Spielball der internationalen Konkurrenz des Finanzkapitals und zeigt damit auch alle schmutzigen Begleiterscheinungen der Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems

Von (hk)
Wachsende Kritik an „schlimmster WM aller Zeiten“
„Bald fertig – vollklimatisiertes Fußballstadion mit 50 000 Sitzplätzen“ Screenshot: Bleed Orange / dutchsoccersite.org

Katar ist zwar das kleinste Land, das jemals eine WM ausgerichtet hat, aber es gehört inzwischen zu den aufstrebenden neuimperialistischen Ländern. Sein Reichtum und sein Einfluss stützen sich im Wesentlichen auf die weltweit größten Gasreserven. Mit der mit einer gewaltigen Spekulation einhergehenden Energiekrise infolge des Ukrainekriegs halten die internationalen Monopole erst recht an Katar als Austragungsort fest – trotz aller Proteste.

 

In den letzten Jahren hat Katar seinen Reichtum dazu benutzt, besonders in westliche Staaten zu expandieren. Mehr als 25 Milliarden Euro hat der katarische Staatsfonds allein in Deutschland investiert. Das Land ist zum Beispiel an Hapag Lloyd, Siemens, der Deutschen Bank und Volkswagen beteiligt. Erst vor wenigen Wochen war Kanzler Scholz auf Staatsbesuch beim Emir von Katar. Hauptthema: die Lieferung von flüssigem Erdgas nach Deutschland.

 

Mit dem Schmieren von FIFA-Funktionären hat sich das Golf-Emirat die Vergabe der WM mehr oder weniger direkt gekauft. Nach Berechnungen der britischen Daily Mail hat Katar dafür mehr als 24 Milliar­den Euro ausgegeben. Und die beteiligten Monople wissen natürlich, dass mit Katar ein Land zum Ausrichter erkoren wurde, das international zu den übelsten Ausbeutern der Arbeiterklasse zählt und auch nicht vor dem Einsatz faschistischer oder faschistoider Maßnahmen zurückschreckt. Mindestens 6700 Arbeitermigranten hat die Arbeit auf den WM-Baustellen das Leben gekostet. Arbeiter in Katar sind faktisch völlig rechtlos, ohne Genehmigung des Unternehmers dürfen sie nicht einmal in ihre Heimat zurückkehren. Bei extrem schlechter Entlohnung müssen sie in unwürdigen Unterkünften leben, praktisch behandelt wie Vieh. Uli Hoeness verkündet dagegen lauthals, dass die Fußball-WM die Zustände für die Betroffenen und für die Menschenrechtssituation in Katar verbessern würde. Damit zielt er bloß darauf, dass die Geschäfte einfach ungestört weiterlaufen wie bisher. Seit Jahren trainiert der FC Bayern in Katar und hat einen laufenden Sponsorenvertrag über 20 Millionen mit der staatlichen Fluglinie Qatar Airways – und die Zustände blieben doch. Und jetzt unmittelbar vor dem Beginn der WM wurden Tausende der Arbeitsmigranten nach Hause geschickt. Will man da lästige Zeugen vor den ausländischen Journalisten wegräumen, die die Wahrheit über ihre Lage erzählen könnten.

 

Die Initiative „Boycott Quatar 2022“ gewinnt zusehends an Unterstützung. Kritische Positionen gefallen  natürlich der FIFA, dem DFB, den Sponsoren und Fernsehsender von der WM nicht, sie wollen eine reibungslose glatte Show mit spektakulärem Public Viewing und guten Geschäften. Eine kritische Unterstützung dieser Bewegung bedeutet aber trotzdem, mögliche gute sportliche Leistungen und spannende Spiele zu würdigen und das gemeinsame Anschauen auch dafür zu nutzen, den Blick für die Hintergründe der WM, imperialistischen Machenschaften aufzuzeigen und anzugreifen.