Rote Fahne 22/2022

Rote Fahne 22/2022

„Raubprofit“ oder „Extraprofit“?

Über die Charakterisierung der schwindelerregenden Gewinne, die gegenwärtig Energie- und andere Monopole einfahren, gibt es einen wichtigen Briefwechsel zwischen einem Rote-Fahne-Leser und der Parteivorsitzenden Gabi Fechtner, den wir in Auszügen abdrucken

Von Redaktion Rote Fahne
„Raubprofit“ oder „Extraprofit“?
Der wahre Gehalt von steuerlichen Entlastungspaketen für die Arbeiterklasse (Rote-FahneKarikatur von 1974 – mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt, SPD; heute erfolgt die staatliche Umverteilung neben der Lohnsteuer vor allem auch über die indirekten Massensteuern)

In den letzten Tagen, jetzt wieder im Rote Fahne Magazin 21/2022, habt ihr öfter den Begriff „Raubprofit“ verwendet. Ich schlage vor, diesen Begriff in Zukunft durch „Extraprofit“ zu ersetzen.

 

Jeder Profit ist ein Raub: Der Kapitalist raubt dem Arbeiter einen von ihm geschaffenen Wert.

 

Mit „Raubprofit“ sind ja die extra Profite gemeint, die zu den gängigen Profiten hinzu kommen. Wenn ich aber nur die Extraprofite als „Raubprofite“ bezeichne, verleiht dies den gängigen Profiten einen Charakter von legalen – eben nicht geraubten – Profiten.

 

„Raubprofit“ ist eine ähnliche Charakterisierung wie „Übergewinn“ – und die „Übergewinnsteuer“ habt ihr ja völlig zu Recht schon öfter kritisiert.

 

Auch Marx/Engels nannten diese zusätzlichen Profite „Surplus-“ oder direkt „Extraprofite“ …

G. S., Leverkusen

 

Antwort von Gabi Fechtner (Auszüge)

 

Lieber G.,

… Mit dem Begriff „Raubprofit“, wie ich das bei meiner Rede auf der Berliner Demonstration am 1. Oktober 2022 gemacht habe, sind nicht nur konkrete „Exzesse“ wie jetzt in Verbindung mit den explodierenden Gaspreisen gemeint. Es ging darum aufzudecken, dass aber auch diese nicht irgendwelche völlig ungewöhnlichen Übergewinne sind, sondern Raubprofite, die mit der Existenz von Monopolen und dem staatsmonopolistischen Kapitalismus auftreten. Im REVOLUTIONÄREN WEG (RW) 14 heißt es dazu:

„Der Monopolpreis ist darum ein R a u b p r e i s, der nicht durch ökonomische Gesetze, sondern durch die Raubgier der Monopolisten bestimmt wird. Die Monopolkapitalisten nützen ihr Monopol aus, die Preise über jedes Maß nach Möglichkeit zu erhöhen und die Abnehmer, die von ihnen abhängen, nach Belieben auszusaugen.

 

Das bedeutet jedoch nicht, daß der Monopolpreis ganz und gar von dem Wert der Waren unabhängig und das Wertgesetz außer Kraft gesetzt wäre, daß der Monopolprofit nichts mehr mit dem Mehrwert zu tun hätte. Die Monopolkapitalisten können ihre Preise und Profite nicht unbeschränkt erhöhen. Die Schranke der Preistreiberei ist die Zahlungskraft der Gesellschaft, die Schranke seiner Raubgier ist die in der Gesellschaft vorhandene Masse der Raubbeute.“ (S. 15)

 

Nicht alle Profite sind Raubprofite, da zum Beispiel der Durchschnittsprofit von ökonomischen Gesetzmäßigkeiten und nicht von der Raubgier bestimmt wird. …

 

Raubpreis ist ein wissenschaftlicher Begriff, im Gegensatz zu bürgerlichen Begriffen wie „Übergewinne“. Wir verwenden diesen Begriff an verschiedensten Stellen unserer Linie, unter anderem im RW 14, RW 16–19, RW 23, RW 24 und RW 29–31. Raubprofit kann man aber durchaus auch verwenden – gerade, weil es in der Rede ja um „die andere Seite der Medaille“ ging, also darum, dass von der galoppierenden Inflation ja auch jemand profitiert. Jeder Raubpreis hat auch einen Profiteur. Die monopolistischen Raubpreise sind neben der Geldvermehrung als Auswirkung der Staatsverschuldung Haupttreiber der Inflation (siehe RW 24, S. 66).

 

Das sieht man jetzt sehr deutlich. Dass die Raubpreise im Moment so explodieren, liegt doch daran, dass die Energiemonopole dazu in der jetzigen Situation besondere Möglichkeiten haben, sie auf Kosten der gesamten Gesellschaft durchzusetzen und von der Spekulation dazu besonders getrieben werden. Sie nutzen dazu den Staatsapparat, der ihnen zum Beispiel mit dem angeblichen Gaspreisdeckel die Zahlung ihrer exorbitanten Raubprofite garantiert.

 

Ohnehin spielt die Spekulation bei den derzeitigen Raubpreisen eine besondere Rolle. Den Zusammenhang dazu hatten wir schon in der Broschüre von Stefan Engel „Bürgerliche politische Ökonomie vor dem Scherbenhaufen“ 2009 behandelt: „Die Spekulation bringt keinen realen Wertzuwachs hervor, sondern ist selbst nur die Vorwegnahme eines künftigen Profits. … Der Spekulationsprofit ist also ein reiner ‚Raubprofit‘ der über die verschiedenen Formen der Börsenspekulation zwischen den Kapitalanteilseignern lediglich umverteilt wird.“ (S. 26/27)

 

Diese Raubpreise haben sich erst mit der Herausbildung von kapitalistischen Monopolen entwickelt, deswegen konnten Marx und Engels sie noch nicht behandeln. Der Begriff Extraprofite meint wieder etwas anderes. Marx wies im Kapital darauf hin, dass der Extraprofit der Profit ist, den der Kapitalist durch einen unter dem Durchschnitt liegenden Kostpreis erzielt:

 

„Der Extraprofit besteht im Überschuss des individuellen Profits über den Durchschnittsprofit.“ (Marx, Kapital, Marx/Engels, Werke, Bd. 25, S. 656) … 

 

Man könnte noch exakter davon sprechen, dass Monopolpreise Raubpreise sind und diese eine entscheidende Seite bei der Erzielung von Maximalprofiten durch die Übermonopole darstellen, wenn auch nicht die einzigen. Hier kommen Subventionen dazu, die Ausbeutung der eigenen Belegschaften, die noch rücksichtslosere Ausbeutung der Natur, die wir derzeit erleben und verschiedenes mehr. Aber in der Agitation ist der Begriff „Raubprofite“ durchaus treffend.