Rote Fahne 22/2022
Bei VW soll es künftig ein „Spielertrainer“ richten
Wie sich der VW-Konzern für den Konkurrenzkampf um E-Mobilität rüsten will
Nach Opel, wo Florian Huettl den Konzern „elektrisch machen soll“, setzt jetzt auch VW auf einen neuen Chef. Bei seinem Dienstantritt in Jeans und ohne Krawatte wurde „Teamplayer“ Oliver Blume von der „Mannschaftsbetreuerin“, der Betriebsratsvorsitzenden Daniela Cavallo, per Du willkommen geheißen. Den Kommandostil seines Vorgängers Diess will er mit den Methoden eines „Spielertrainers“ ablösen. Doch wird auch er keine Trainingseinheiten mit dem Akkordarbeiter am Band absolvieren, sondern von der Chefetage aus deren Takt diktieren. Oliver Blume will das Tempo des Elektromobilitätskonzeptes von Diess sogar noch steigern und zusätzlich auf ein „doppeltes E“ setzen: Elektromobilität und ergänzend E-Fuels für Verbrennermotoren. Neue Besen mögen zwar gut kehren, aber die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Konkurrenz um die führende Position auf dem Weltmarkt können sie auch nicht außer Kraft setzen. Dieser Konkurrenzkampf ist zu einem Kampf um das Überleben geworden. Das gilt auch für heute noch führende Weltkonzerne. Die für 2022 erwartete Weltproduktion von 71 Millionen Fahrzeugen liegt immer noch um 13 Millionen Stück unter Vorkrisenstand von 2018.
Auch wenn VW nach Umsatz immer noch der größte Autokonzern der Welt ist (Platz 8 / Toyota Platz 13 der 500 größten), ist der Anteil am Weltmarkt von 12,5 Prozent auf 10,7 Prozent Ende 2021 gesunken. Zwar konnten die Auslieferungen an E-Autos um 27 Prozent gesteigert werden, machen aber erst einen Anteil von 5,6 Prozent an den Gesamtauslieferungen aus.
Dies ist aber eine Existenzfrage angesichts der Dominanz chinesischer Elektrokonzerne und des Marktführers Tesla. Der deutliche Rückstand in der E-Mobilität zwingt VW zu einer Aufholjagd, um in der Championsleague künftig mitzuspielen. Die Folge ist ein einziges Chaos in Produktion und Absatz (unfertige Autos im Wert von einer Milliarde Euro stehen auf Halde) und eine rücksichtslose Verschärfung der Ausbeutung mit Wechselbädern von willkürlich angesetzten und abgesetzten Sonderschichten, Mehrarbeit und Kurzarbeit, Verlegung von Schichten, Entlassung von Leiharbeitern und so weiter.
Doch das dicke Ende kommt erst noch. Die Dimension der zu erwartenden Arbeitsplatzvernichtung wird an dem geplanten neuen Werk zur Produktion des VW Trinity deutlich. Aktuell benötigt der Marktführer Tesla eine Produktionslinie mit 900 Teilen. VWs neuester ID.4 wird auf drei Linien gebaut und benötigt 1800 Einzelteile. Mit der neuen SSP-Plattform als künftige Universalplattform soll das Trinity-Werk 2026 Tesla schlagen und das „Vorbild für alle anderen zukünftigen Werke auf der Welt werden“1. In maximal zehn Stunden soll dann ein Auto fertig gebaut sein. Für diesen Produktivitätssprung werden zigtausende Arbeitsplätze weniger benötigt. Unter der Bedingung der kapitalistischen Profitwirtschaft geht der technische Fortschritt mit massenhafter Arbeitsplatzvernichtung einher. Aktuell stehen die Zeichen für den „Spielertrainer“ auf Widerstand von Seiten der Belegschaft.