Rote Fahne 21/2022

Rote Fahne 21/2022

Den Faschismus nicht unterschätzen!

Im September fanden Wahlen in Italien und Schweden statt, Anfang Oktober in Bosnien-Herzegowina, Bulgarien und Lettland. Bei allen Wahlen ist die Wahlbeteiligung gesunken, zum Teil auf historische Tiefstände wie in Italien auf 64 Prozent, in Bulgarien auf nur 39,4 Prozent

Von (jg)
Den Faschismus nicht unterschätzen!
Ein Gewerkschafter von Si Cobas spricht auf der Demo „100 Milliarden für zivile Zeitenwende!“ am 2.7.2022 in Berlin, Foto: Screenshot Youtube

Ein weiteres Merkmal bei den Wahlen in Italien und Schweden ist eine millionenfache Abwendung von den Parteien des bisherigen bürgerlichen Parlamentarismus. In der Broschüre „Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems“ hat die MLPD untersucht: „Auch in Deutschland gibt es, wie in den meisten europäischen Ländern und in den USA, eine forcierte Rechtsentwicklung der Gesellschaft, nehmen Militarisierung und Faschisierung des Staates zu“ (Seite 30).

 

Dies trifft insbesondere für Italien zu, wo die faschistische und extrem antikommunistische Fratelli d‘ Italia mit 26,1 Prozent stärkste Partei wurde. Auch wenn ihr relativ hohes Stimmergebnis insbesondere auf Kosten der faschistoiden Lega unter Matteo Salvini und der ultrareaktionären Forza Italia des Medienmillionärs Silvio Berlusconi zustande kommt, steht der Aufbau einer antifaschistischen Einheitsfront gegen diese massive Rechtsentwicklung dringend auf der Tagesordnung.

 

Auch in Schweden haben 20,5 Prozent der Wähler den faschistoiden „Schwedendemokraten“ ihre Stimme gegeben. Auch hier bahnt sich ein Tabubruch an: Sie werden voraussichtlich mit den ultrarechten „Moderaten“ die neue Regierung bilden. Verlierer bei den Parlamentswahlen sind die Sozialdemokraten und das von ihnen geführte Regierungsbündnis. Die Abwendung der Wähler richtet sich gegen deren arbeiterfeindliche Politik mit der Abschaffung von Vermögens- und Immobiliensteuern, der Unterordnung des Schul- und Bildungswesens unter die Profitinteressen privater Konzerne und der Erhöhung der Steuern für die Massen. Sie richtet sich auch gegen die Aufgabe der über 200 Jahre geltenden Neutralität Schwedens durch den NATO-Beitritt und den aggressiven außenpolitischen Kurs. Es ist aber eine gefährliche Illusion, dieser Kritik durch die Wahl faschistoider und faschistischer Kräfte Nachdruck verleihen zu können. Deshalb muss dieser Ausdruck eines niedrigen Klassenbewusstseins entschieden kritisiert und ebenso entschlossen wie geduldig zur Bewusstseinsbildung beigetragen werden.


Stabile Regierungsverhältnisse?

 

Die derzeitig sich anbahnenden Regierungskoalitionen in Italien, Schweden, Bulgarien, Lettland und so weiter stehen von Beginn an auf einer labilen Grundlage. Insbesondere in Italien und Schweden sind die Kräfteverschiebungen auch Ausdruck davon, dass diese imperialistischen Länder vertärkt ihren eigenen nationalistischen Kurs fahren wollen. Und sich nicht von den großen imperialistischen Mächten der EU – Deutschland und Frankreich – den Takt diktieren lassen wollen. Das birgt das Risiko in sich, dass die EU erneut in eine offene politische Krise gerät – mit dem Potenzial ihres Auseinanderbrechens.

 

Der nationalistische Kurs und die jeweilige vertärkte Hochrüstung und Militarisierung, aber auch die sozialen Angriffe auf die Arbeiterklasse und Massen fordern den Widerstand heraus. Die Partei der erklärten Faschistin Giulia Meloni fordert in Italien die Abschaffung des Mindesteinkommens und will Arbeitslose dazu drängen, unter allen Bedingungen zu arbeiten, selbst für drei Euro die Stunde. In allen Ländern belastet eine ständig weiter steigende Inflation die Massen und fordert deren Kampfbereitschaft heraus.


Länderübergreifender Kampf notwendig

 

„Es gilt ein internationales gemeinsames Bündnis aufzubauen gegen den Krieg und für höhere Löhne in ganz Europa, gerade angesichts der herrschenden Inflation.“ So Roberto Luzzi von der Basisgewerkschaft Si Cobas  (Italien). Zusammen mit anderen kämpferischen Gewerkschaften plant Si Cobas einen Generalstreik für den 2. Dezember. Für den Tag darauf wird zu einer Demonstration gegen die neue Regierung in Rom mobilisiert. Das ist ein wichtiges Zeichen dafür, dass europaweit der Kampf gegen die Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten über Ländergrenzen hinweg vorbereitet, organisiert und geführt wird. Das verlangt nach verstärkten Anstrengungen im Aufbau revolutionärer und marxistisch-leninistischer Parteien und ihres Zusammenwirkens in der revolutionären Weltorganisation Internationale Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen (ICOR). Arbeiten wir gemeinsam am verstärkten Aufbau einer internationalen Einheitsfront gegen Faschismus und Krieg! Mehr Infos unter www.icor.info