Rote Fahne 20/2022
Wahlen in Italien: Polarisierung verschärft sich
Am 25. September wurde in Italien ein neues Parlament gewählt. Bei Redaktionsschluss lag noch kein amtliches Endergebnis vor
Ein Wahlsieg des Bündnisses aus den faschistischen Parteien Fratelli d‘Italia unter Giulia Meloni und Lega unter Matteo Salvini sowie der ultrareaktionären Forza Italia des Medienmillionärs Silvio Berlusconi zeichnet sich ab. Laut Hochrechnungen kommen sie zusammen auf etwa 43 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der hohe Stimmenanteil ergibt sich vor allem aus der historisch niedrigen Wahlbeteiligung von 63,8 Prozent (gegenüber 73 Prozent bei den letzten Wahlen) und einem manipulativen Wahlrecht, das Direktmandaten ein besonderes Gewicht gibt und gemeinsame Kandidaten mehrerer Parteien ermöglicht. Da sich das reaktionäre Rechtsbündnis in den Wahlkreisen auf gemeinsame Kandidaten einigte, wird damit gerechnet, dass sie 90 Prozent der Direktmandate gewinnen können. Hätten sich auch die „linken“ Parteien auf gemeinsame Kandidaten geeinigt, hätten sie die Nase vorn.
Während die meisten bürgerlichen Zeitungen über einen „Erdrutschsieg“ der reaktionären Kräfte berichten, konnten sie tatsächlich zusammen keine absoluten Stimmengewinne verbuchen. Es gab nur eine Stimmenverschiebung von Berlusconis Forza Italia und Salvinis Lega hin zu den Fratelli d‘Italia.
In dem Ergebnis kommt vor allem eine verschärfte Polarisierung zwischen der Rechtsentwicklung der imperialistischen Politik und dem fortschrittlichen Stimmungsumschwung unter großen Teilen der Arbeiterklasse und der Massen zum Ausdruck. Italienische Arbeiter stellten sich gemeinsam mit den griechischen mutig an die Spitze des Kampfe gegen den imperialistischen Ukrainekrieg. Italienische Basisgewerkschafter organisierten im Mai in Bologna einen Generalstreik unter der Losung: „Raus aus dem Krieg, Erhöhung der Löhne und der Sozialausgaben!“
Von bürgerlichen Parteien enttäuscht
Viele Menschen erwarten sich von den bürgerlichen Parteien keine Antwort mehr auf die sozialen, ökologischen und politischen Herausforderungen der Zeit. Die Fünf-Sterne-Bewegung, mit 30 Prozent der Stimmen Wahlsieger der letzten Wahl 2018, halbierte sich auf nur noch etwa 16 Prozent. Allerdings prognostizierten Umfragen vom Juli ihnen zeitweilig nur noch knapp über 9 Prozent. Mit einem sich links gebenden Wahlkampf – Forderungen nach Einführung eines Mindestlohns, weniger Geld für die Rüstung und so weiter – konnten sie demgegenüber nochmals zulegen.
In dem sich anbahnenden Wechsel zu einer offen reaktionären Regierungskoalition unter Führung der erklärten Faschistin Giulia Meloni von Fratelli d‘Italia kommen nicht nur innenpolitische, sondern auch wachsende außenpolitische Gegensätze zum Ausdruck. Das vertieft die Krise der EU und vergrößert die Sprengkräfte innerhalb des imperialistischen Bündnisses. In Bezug auf den Ukrainekrieg, Waffenlieferungen und die Sanktionen gegenüber Russland herrscht innerhalb des Rechtsbündnisses große Uneinigkeit.
Auch in Italien steht der Aufbau einer antifaschistischen und antiimperialistrischen Einheitsfront auf die Tagesordnung. Vor allem muss der Aufbau einer marxistisch-leninistischen Partei vorangetrieben werden, die den Arbeitern und breiten Massen hilft, mit allen Verwirrmanövern fertig zu werden und sich der sozialistischen Perspektive zuzuwenden.