Rote Fahne 20/2022
Die ideologisch-politischen Irrfahrten des Richard Corell
Richard Corell, führender Autor der Gruppe „Kommunistische Arbeiterzeitung“, versucht bezüglich Russland und China die Quadratur des Kreises und ruft zum Eintritt in die DKP auf
Wo die Dynamik des imperialistischen Konkurrenzkampfs auf die Alternative Weltkrieg oder internationale sozialistische Revolution hinsteuert, benötigt die Arbeiterklasse scharfe Abgrenzung zu allen Imperialisten, eine klare sozialistische Alternative, eine breite antiimperialistische Einheitsfront und marxistisch-leninistische Parteien neuen Typs. Die Fraktion „Ausrichtung Kommunismus“ der Gruppe „Kommunistische Arbeiterzeitung“ um Richard Corell entwickelt – in allen Aspekten – das genaue Gegenteil.
Wer ist die Gruppe „Kommunistische Arbeiterzeitung“?
Die „Geschichte der MLPD“1 erwähnt um 1970 den „Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD“. Die Gruppe schrieb ein klassisch marxistisch-leninistisches Programm, verband das aber mit einer reformistischen Praxis, mehrere ihrer Führer waren Trotzkisten. Nach einer Spaltung stellte die Gruppe „Kommunistische Arbeiterzeitung“ (KAZ) die Herausgabe ihrer Zeitschrift in den Mittelpunkt, wobei sich wiederum zwei konkurrierende Fraktionen bildeten.
Richard Corell, führender Autor der Gruppe, versucht die Quadratur des Kreises. Obwohl Sozialismus „vor allem Machtausübung (ideologisch, politisch, ökonomisch und nicht zuletzt militärisch) im Sinne der historischen Mission des Proletariats“2 ist, habe der Revisionismus an der Macht nichts am Wesen dieser Gesellschaften geändert. Die Kriminalisierung Stalins durch Chruschtschow oder Mao Zedongs durch Deng Xiaoping, die Revision der Grundpositionen des Leninismus, Kapitalexport und neokoloniale Ausbeutung anderer Länder, imperialistische Ausdehnung über den halben Erdball in Zusammenarbeit mit offenen Reaktionären, Wettrüsten mit dem US-Imperialismus, militärische Einmärsche wie in der damaligen CSSR oder in Afghanistan werden zu Maßnahmen eines erodierenden oder stagnierenden Sozialismus verklärt. Wenn der Sozialismus so erodieren kann, dass er dieselben imperialistischen Maßnahmen hervorbringt wie der Kapitalismus – warum dann dafür kämpfen?
Die trotzkistische Denkweise Corells wird hier mit der neorevisionistischen Denkweise der heutigen DKP-Führung identisch, systematisch den Unterschied von Kapitalismus und Sozialismus zu verwischen.
Wundersame Selbstkritik
Die KAZ-Fraktion geht noch über die DKP hinaus, wenn sie betont: „Dabei ordnen wir Russland nicht als kapitalistisch oder gar imperialistisch ein.“ „Russland, das heute eine Gesellschaft im Übergang [ist], bei der der Weg noch offen ist, ob er zum Kapitalismus oder vorwärts zurück zum Sozialismus führen kann.“
Corell stützt seine Argumentation auf die staatliche oder halbstaatliche Form der Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel, weswegen sie nicht imperialistisch sein könne. Das vertreten Revisionisten schon seit den 1960er-Jahren. Er und seine Fraktion veröffentlichten noch 2009 eine Studie „Die Große Proletarische Kulturrevolution“ und befassten sich darin mit dem Klassenkampf im Sozialismus in China. Corell verteidigt hierin Mao Zedong und nimmt positiv Bezug auf die Polemik über die Generallinie der internationalen kommunistischen Bewegung, die die KP Chinas gegen den revisionistischen Kurs Chruschtschows und seiner Gefolgsleute und Nachfolger entwickelt hatte.
Wie zum Hohn über seine eigenen Studien schreibt er nun: „Selbstkritisch müssen solche Genossen wie ich … anführen, dass Machtantritt des Revisionismus eben noch nicht … Restauration des Kapitalismus bedeutet. Der Sozialismus, wenn er einmal Wurzeln geschlagen hat, ist nicht so leicht auszureißen und ist sogar im Stadium der Erosion und Stagnation noch eine Kraft, die den Imperialismus begrenzt und in seinem Wüten eindämmt. Das sollte heute den schnellen Einschätzern der VR China als kapitalistisch oder gar imperialistisch vielleicht doch ein wenig zu denken geben.“
... was zusammengehört
Folgerichtig ruft die KAZ-Fraktion „Ausrichtung Kommunismus“ seit Ende 2021 auf, „der DKP beizutreten“, und bescheinigt ihr seit 2013 unter Patrik Köbele eine Entwicklung „in Richtung Marxismus-Leninismus“.
Nachfolgegruppen des Arbeiterbunds haben verschiedentlich zum Kampf gegen den deutschen Militarismus beigetragen. Mit und in der DKP sind sie für die heute notwendige neue Friedensbewegung verloren, weil sie sich in Nibelungentreue zum sozialimperialistischen China und zum neuimperialistischen Russland verpflichten. Die DKP, an Flügelkämpfen nicht arm, gewinnt Spaltungspotenzial hinzu. Die Eintrittsbedingung, die KAZ als selbständiges politisches Organ weiter herauszugeben, ist genau so eine trotzkistisch-entristische Methode, wie sie den Arbeiterbund selbst auf den Hund geritten hat. Viel Vergnügen!