Rote Fahne 18/2022
Eine paradoxe Wirtschaftsentwicklung …
Der Gesamtumsatz der 40 DAX-Konzerne erreichte im zweiten Quartal 2022 ein neues Rekordniveau mit einer Steigerung von 13,7 Prozent gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2021. Sie erzielten den zweithöchsten je in einem zweiten Quartal erreichten Profit1
Der Energiekonzern Shell verfünffachte seinen Profit im zweiten Quartal, ExxonMobil schafft eine Vervierfachung, RWE „nur“ eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahresquartal. Auch deutsche Autokonzerne haben ihre Profite erneut deutlich gesteigert.2
Gleichzeitig sank die PKW-Produktion von Januar bis Juli 2022 erneut auf ein Niveau von mehr als 40 Prozent unter dem Vergleichszeitraum 2018, vor Beginn der immer noch anhaltenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise.3 Im gesamten verarbeitenden Gewerbe in Deutschland sinkt der Auftragseingang seit Jahresbeginn, im Juni bis auf 9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.4
Ein wichtiger Frühindikator für die Wirtschaftslage ist der Maschinenbau: Bei einer bevorstehenden krisenhaften Entwicklung sinken als erstes die Investitionen in neue Maschinen und Anlagen. Die Mehrheit der deutschen Maschinenbauunternehmen erwartet 2022 einen Umsatzrückgang von 25 bis 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Exporte lagen preisbereinigt im ersten Halbjahr 2022 um 3,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau, mit fallender Tendenz (Juni: – 6,9 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Unternehmen haben Kurzarbeit angemeldet, knapp 20 Prozent bereits Arbeitsplatzvernichtung bei der Stammbelegschaft eingeleitet.5
Wechselwirkung zur Logistikkrise
Weltweit ging das Auftragsvolumen im zweiten Quartal 2022 das zweite Mal in Folge zurück, entsprechend auch die Aktivität im Transport- und Logistiksektor.6 Die Logistikkrise wird aktuell zusätzlich verschärft durch Streiks von Hafenarbeitern, aber auch im Bahn- und Flugbetrieb, sowie die Beeinträchtigungen der Binnenschifffahrt durch Niedrigwasserstände in Folge der sich verschärfenden Umweltkrise.
Paradoxerweise ist es aber gerade der durch die Rohstoff- und Logistikkrise verursachte „Auftragsstau“, der den Monopolen trotz krisenhafter Wirtschaftsentwicklung immer noch volle Auftragsbücher beschert. Für Rekordgewinne bei den Monopolen trotz oft sinkender Produktionszahlen sorgen die spekulativ in die Höhe getriebenen Monopolpreise – die nicht nur auf die Massen, sondern auch auf nichtmonopolistische Betriebe abgewälzt werden. Nicht zuletzt ist auch die gesteigerte Rüstungsproduktion mit staatlich garantierten Profiten eine erprobte Methode der „Krisendämpfung“.
Auf Dauer werden diese Maßnahmen aber den erneuten Kriseneinbruch in der Wechselwirkung von Weltwirtschafts- und Finanzkrise, offener Krise der Neuorganisation der internationalen Produktion und verschiedenen Strukturkrisen nicht aufhalten können. Weltweit wächst der Protest der Massen, die die immer weiter steigenden Preise nicht mehr bezahlen können und die Abwälzung der Krisenlasten nicht mehr hinnehmen wollen.