Rote Fahne 10/2022
Was aus der grünen „Friedenspartei“ geworden ist ...
Offensichtlich hat es sich bis in die Grünen-Führung herumgesprochen, dass ihre Partei längst bei den Antikriegsprotesten massiv kritisiert wird, wo der Spott über die „Olivgrünen“ noch zu den milderen Formen gehört
Auf dem Kleinen Parteitag der Grünen am 30. April in Düsseldorf bemühte sich Co-Parteichef Omid Nouripur um Besänftigung: „Wir werden immer Friedenspartei bleiben.“ Ganz in diesem Sinn beschloss der Parteitag postwendend, die Ukraine „mit wirksamen, auch schweren und komplexen Waffen“ zu unterstützen.1 Und wehe, jemand fordert in der jetzigen Situation auch nur, keine weiteren schweren Waffen zu liefern und einen Kompromiss zu finden, „den beide Seiten akzeptieren können“, wie es 28 Prominente als Erstunterzeichner und Zehntausende weitere Unterstützer in einem offenen Brief an Olaf Scholz tun! Dann fallen sämtliche geläuterten Grünen-Politiker darüber her. Die Sorge vor einem Weltkrieg wischt Wirtschaftsminister Robert Habeck arrogant beiseite: „Aber die Angst vor dem dritten Weltkrieg, die manche umtreibt, speist sich ja auch aus der Befürchtung, Deutschland werde zur Kriegspartei. Das wird Deutschland nach Recht und Gesetz nicht.“2
Dass der wissenschaftliche Dienst des Bundestags schon im März genau das Gegenteil belegt hat, ficht Habeck nicht an.3 Dabei weiß er ganz genau, wie intensiv Deutschland längst die Vorbereitungen eines solchen Weltkriegs mit vorantreibt. So liefert zwar die Türkei seit 2019 Kampfdrohnen vom Typ Bayraktar TB2 an die Ukraine, doch erhielt sie auch Technologietransfer vom deutschen Rüstungshersteller Hensoldt zur Entwicklung eigener Drohnen, die russischen Modellen haushoch überlegen sind. Genauso bekannt dürfte Habeck sein, dass man in Großbritannien bereits mit russischen Angriffen auf Flugplätze rechnet, von denen aus Militärtransporter mit Waffenlieferungen an die Ukraine starten.4
Viele Menschen sind zu Recht enttäuscht von den Grünen, die jedoch nie eine konsequente Friedenspartei waren. Sie wandelten sich nur von Anhängern pazifistischer Illusionen in den Kapitalismus zu offenen Vertretern seiner imperialistischen Interessen – das konsequente Ergebnis ihres jämmerlichen Opportunismus, mit dem sie angetreten waren.