Rote Fahne 10/2022
Stopp der Militarisierung Bundeswehr: kein Ausweg für die Jugend
Inzwischen gehört es zum „guten Ton“, dass Bundeswehr-Generäle zur besten Nachrichtenzeit als „Experten“ interviewt werden ...
... und in Talkshows sitzen. Die mit dem offenen Kriegskurs der Regierung einhergehende massive Militarisierung bleibt unter der Jugend nicht ohne Wirkung. Eine Bundeswehrsprecherin nannte Ende März eine „erhöhte Zahl von Interessenten“ für die Kontaktformulare im Internet seit Kriegsausbruch.1 Gleichzeitig haben 1110 Soldaten im ersten Quartal 2022 ihren Dienst vorzeitig quittiert, vor allem freiwillig Wehrdienstleistende.2 Auch ist der Anteil der 14- bis 29-Jährigen, die für die Lieferung von Waffen an die Ukraine sind, laut der aktuellen Studie „Jugend in Deutschland“ mit 37 Prozent deutlich niedriger als unter der Gesamtbevölkerung.3
Etwa ein Viertel der Jugendlichen befürchtet, „längerfristig in Angst vor dem Krieg zu leben, selbst zum Militär eingezogen zu werden oder eine Atomwolke über Deutschland zu erleben“. Über zwei Drittel sorgen sich vor hohen Energiepreisen und Inflation.4 Der Friedenswille und die wachsenden Sorgen gehen aber noch mit einer Unterschätzung der Lage einher. Denn solange die gegenwärtige Phase der beschleunigten Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems anhält, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder entwickelt sich daraus ein Weltkrieg oder es kommt zur internationalen sozialistischen Revolution. Jede Vorstellung, man könne einfach zum gescheiterten imperialistischen Frieden zurückkehren, verkennt den Ernst der Lage und geht der Notwendigkeit einer grundsätzlichen Lösung aus dem Weg. Es ist die Aufgabe der Revolutionäre, nicht nur gegen einen Weltkrieg zu kämpfen, sondern gerade jetzt die Perspektive der internationalen sozialistischen Revolution zu verankern. Das gilt noch mehr für die Jugend, die ihre Zukunft noch vor sich hat. Die Jugendlichen sind weltweit herausgefordert, sich zu entscheiden.
„Experten“ der Manipulation der Jugend
Gegen den Entschluss für den Kampf um den Sozialismus wird von den Herrschenden ein reaktionärer Kampf um ihre Köpfe, Herzen und Entscheidungen entfacht. Auf Druck von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) werden die Jugendoffiziere immer massiver an den Schulen eingesetzt. In Nordrhein-Westfalen haben sich ihre Einsätze seit Kriegsbeginn verdoppelt.5
Es ist auffallend, wie betont antikommunistisch die Jugendoffiziere „argumentieren“. Die Schwäbische Zeitung berichtet, was ein Jugendoffizier aus Ulm den Schülern weismachen wollte: „Eine wesentliche Ursache des Krieges liegt in der Sowjetphantasie Wladimir Putins, in der die Ukraine als souveräner Staat keinen Platz hat.“6 Der Nationalist Putin also ein Verfechter des Gedankens der sozialistischen Sowjetunion? Wie kommt es dann, dass Putin seinen Überfall auf die Ukraine ausdrücklich mit einer barschen Kritik an der Nationalitätenpolitik der sozialistischen Sowjetunion unter Lenin und Stalin begründete? Er erklärte, dass er genauso wie das nicht minder reaktionäre ukrainische Selenskyj-Regime anstrebe, die Ukraine zu „dekommunisieren“.7 Bis heute hasst er als großrussischer Imperialist abgrundtief, wie unter Führung Lenins nach der sozialistischen Oktoberrevolution die Ukraine aus der zaristischen nationalen Unterdrückung befreit wurde. Sie wurde in den Rang einer eigenständigen Sowjetrepublik mit jederzeitigem Recht auf Lostrennung erhoben. Man muss schon Jugendoffizier der Bundeswehr sein, um aus der antikommunistischen Sowjetphobie8 Putins eine „Sowjetphantasie“ zu machen.
Laut Bildungsministerin Stark-Watzinger sind Jugendoffiziere als „sicherheitspolitische Experten“ eine „Bereicherung für den Unterricht“.9 Experten sind diese Leute nur auf dem Gebiet, Jugendliche mit schönen Versprechungen wie „Kameradschaft“, „eingeschworene Gemeinschaft“, „Profis für Sicherheit“10 für den Kriegsdienst zu ködern. Welch eine „Bereicherung“ des Unterrichts! Von den Jugendoffizieren erfährt man dagegen nichts darüber, was ein imperialistischer Krieg wirklich bedeutet: Im gescheiterten Bundeswehreinsatz in Afghanistan ging es keineswegs darum, dem afghanischen Volk zu helfen. Das lebt nach über 20 Jahren westlicher Besatzung jetzt wieder unter einer islamistisch-faschistischen Taliban-Regierung, von der es angeblich „befreit“ werden sollte. Für die „Verteidigung“ der imperialistischen Interessen am Hindukusch starben 240 000 Menschen seit 2001, davon 47 800 Zivilisten.11 Millionen wurden in die Flucht getrieben. 200 Bundeswehrsoldaten erkranken jedes Jahr an „posttraumatischen Belastungsstörungen“.12 Und das ist nur ein sanfter Vorgeschmack auf die Folgen eines dritten Weltkriegs: Dann wären Zwangsrekrutierung, Schnelltransport an die Front und im schlimmsten Fall millionenfacher Hitze- und Strahlentod angesagt. Schon jetzt erhalten früher zeitweilig verpflichtete Bundeswehr-Soldaten Briefe, dass sie sich beim Kreiswehrersatzamt melden müssen.
Kommt zum Internationalen Pfingstjugendtreffen!
Anna Vöhringer, Vorsitzende des Jugendverbands der MLPD, des REBELL, positioniert sich: „Die allgegenwärtige Bundeswehrwerbung verharmlost Krieg als verlockendes Abenteuer. Unter Jugendlichen gibt es dagegen wachsende Kritik und teils Widerstand. Nachdem im Centro Oberhausen ein Bundeswehr-Store eröffnete, hagelte es Proteste. An vielen Schulen wehren sich Schüler gegen Vorträge von Jugendoffizieren.
Der REBELL baut gemeinsam mit der MLPD Widerstandsgruppen auf, die den Protest organisieren. Wir haben in Bochum am 7. Mai gegen eine geplante Bundeswehr-Berufsinfo protestiert, die dann kurzfristig abgesagt wurde. Das überparteiliche 20. Internationale Pfingstjugendtreffen am 4./5. Juni in Gelsenkirchen ist das Event für alle, die sich über den aktiven Widerstand und die Perspektive einer sozialistischen Revolution informieren, austauschen und vor allem organisiert dafür aktiv werden wollen!“