Rote Fahne 09/2022

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Die sozialistische Sowjetunion – ein friedensliebender Staat

In bürgerlichen Medienkommentaren wird die imperialistische Aggression Russlands gegen die Ukraine gerne in eine Reihe mit der Außenpolitik der sozialistischen Sowjetunion gestellt. Dabei werfen sie insbesondere die Zeit der sozialistischen Sowjetunion mit der sozialimperialistischen Sowjetunion nach dem Verrat am Sozialismus 1956 in einen Topf

Von (pib / ms)
Die sozialistische Sowjetunion – ein friedensliebender Staat
Lenin 1919 auf dem Roten Platz: nach der erfolgreichen Revolution wurde der I. Weltkrieg beendet

Tatsächlich verfolgte die sozialistische Sowjetunion bis zu diesem Zeitpunkt gegenüber den kapitalistischen beziehungsweise imperialistischen Ländern eine konsequente Politik der friedlichen Koexistenz – ohne sich Illusionen über deren Friedfertigkeit zu machen. Dazu zählte das Friedensabkommen von Brest-Litowsk, das 1918 unmittelbar nach der erfolgreichen Oktoberrevolution mit Deutschland abgeschlossen wurde, um den I. Weltkrieg an der Ostfront zu beenden.

 

In einem schmerzhaften, aber notwendigen Kompromiss musste das revolutionäre Russland dabei zur Erreichung des Friedens große Gebietsverluste zugestehen.

 

Die revolutionäre Führung um Lenin setzte sich dazu auch gegen Leo Trotzki durch, der als Verhandlungsführer in Brest-Litowsk – entgegen den Festlegungen des Zentralkomitees – das Friedensabkommen sabotieren wollte.

 

Rückgabe geraubter und zeitweilig besetzter Gebiete

 

Der Rat der Volkskomissare veröffentlichte Verträge, die die gestürzte zaristische Regierung mit ihren Verbündeten geschlossen hatte, die aber geheim bleiben sollten, weil sie gegen andere Verbündete gerichtet waren. Die Sowjetregierung beschloss auch die Rückgabe von Gebieten, die der zaristische Imperialismus anderen Völkern geraubt hatte.

 

So stellte die Erklärung der Sowjetunion vom 25. Juli 1919 „an die Chinesische Nation und die Regierungen des Südlichen und Nördlichen China“ unmissverständlich fest, dass die sowjetische Regierung auf die Eroberungen verzichtet, die die zaristische Regierung gemacht hat, als sie China der Mandschurei und anderer Gebiete beraubte. Dazu führt Willi Dickhut1 in seinem Buch „Krieg und Frieden und die sozialistische Revolution“ aus:

 

„In der Deklaration des sowjetischen Kommissars für Auswärtige Angelegenheiten, Leo Karakhan, vom 27. September 1920 hieß es:  ‚Die Regierung der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepubliken erklärt sämtliche von den früheren Regierungen Rußlands mit China geschlossenen Verträge für null und nichtig und widerruft die Gültigkeit aller Annektierungen chinesischen Territoriums sowie aller Konzessionen in China und gibt China, frei von Abgaben und für immer, alles zurück, was ihm durch die Zaren und die russische Bourgeoisie geraubt wurde.‘ (‚Archiv der Gegenwart‘ vom 12.9. 1964, S. 11419) Diese Ankündigung wurde in dem chinesisch-sowjetischen Abkommen vom 31. Mai 1924 wahr gemacht.“2

 

1946 verpflichtete sich die damals sozialistische Sowjetunion in einem Vertrag mit der Mongolischen Volksrepublik (MVR), dass sowjetische Truppen, die sich dort im Einvernehmen mit der MVR zur Abwehr eines militärischen Angriffs der Imperialisten befanden, „sobald dies unnötig geworden ist, unverzüglich aus dem betreffenden Gebiet zurückgezogen werden, wie dies im Jahr 1925 bei der Zurückziehung der Sowjettruppen aus dem Gebiet der Mongolischen Volksrepublik der Fall war“.3

 

Proletarischer Internationalismus und friedliche Koexistenz

 

In seiner Schrift „Sozialismus und Krieg“ stellte Lenin unmissverständlich klar: „Die Sozialisten haben die Kriege unter den Völkern stets als eine barbarische und bestialische Sache verurteilt.“4 Er grenzte sich darin aber auch von pazifistischen und anarchistischen Vorstellungen ab und betonte, dass Kriege immer im „Zusammenhang … mit dem Kampf der Klassen im Inneren eines Landes“ stehen und dass es unmöglich ist, „die Kriege abzuschaffen, ohne die Klassen abzuschaffen und den Sozialismus aufzubauen“.5

 

„Grundlage der sozialistischen Außenpolitik sowohl der Sowjetunion zur Zeit Lenins und Stalins als auch Chinas zur Zeit Mao Tsetungs war der proletarische Internationalismus. Beide Länder gingen davon aus, dass nur der revolutionäre Kampf der Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern, im Bündnis mit dem Befreiungskampf der Massen in den unterdrückten Ländern, den Imperialismus schlagen und die Weltrevolution voranbringen kann. Die Sowjetunion wurde zum Bollwerk der internationalen sozialistischen Revolution.

 

Aber solange kapitalistische und sozialistische Länder nebeneinander bestanden, mussten die sozialistischen Länder Kompromisse eingehen und auf der Basis der friedlichen Koexistenz Beziehungen zu Staaten anderer Gesellschaftsordnung – auch zu imperialistischen Staaten – aufnehmen. Das zielte darauf ab, die Widersprüche zwischen den Imperialisten auszunutzen und den Prozess der Weltrevolution voranzutreiben. …

 

In den Ländern, in denen die proletarische Revolution gesiegt und der Aufbau des Sozialismus begonnen hatte, wurden die Wurzeln der imperialistischen Kriege und des Faschismus beseitigt und die Grundlagen sozialistischer Friedenspolitik gelegt. Solange die Sowjetunion und die Volksrepublik China revolutionär waren, hielten sie an der marxistisch-leninistischen Einschätzung fest, dass der Imperialismus gesetzmäßig Kriege hervorbringt. Deshalb waren sie verpflichtet, sich sowohl auf ihre Verteidigung vorzubereiten als auch die imperialistische Aggressionspolitik zu entlarven und den Friedenskampf der Völker sowie Volksrevolutionen und gerechte Befreiungskriege zu unterstützen.“