Rote Fahne 07/2022
Wie die DKP Hannover Corona-Leugner und „Querdenker“ verharmlost
In einer Erklärung vom 6. Februar 20221 verlangt der Kreisvorstand der DKP Hannover: „Nein zur Covid19-Impfpflicht – für freie Impfentscheidung“
In einer Situation, in der vor allem reaktionäre Politiker wie Markus Söder (CSU) oder Justizminister Marco Buschmann (FDP) angesichts der weniger gefährlichen Omikron-Variante sich offen gegen eine Corona-Impfpflicht positionieren, schwenkt auch der Vorstand der DKP Hannover auf diese Linie ein. Dazu führt er verschiedene halbwahre oder falsche Argumente an:
„Die Impfstoffe haben höchstens einen Nutzen als Selbstschutz.“ Blanker Unsinn! Die weltweit millionenfach erfolgte Dreifach-Corona-Impfung gegen die Delta-Variante ist ein hauptsächlicher Grund für die nun vielfach weniger schweren Verläufe bei den Omikron-Infizierten. Sie mindert das Risiko der Ansteckung und der Übertragung des Virus.
„… die fraktionsübergreifenden Anträge im Bundestag können nicht einmal genau benennen, gegen welche Virusvariante geimpft werden soll“. Ja, wie denn auch? Mutationen treten zwangsläufig auf, entwickeln sich aber zufällig. Mit welcher Virusvariante wir es im Herbst zu tun haben, kann keine Wissenschaft vorhersagen.
Übergang zur „Querfront“-Verteidigung
Der Vorstand der DKP Hannover macht keinen Unterschied mehr zwischen berechtigtem Protest gegen die Einschränkung demokratischer Freiheiten unter den Vorwand von Corona und der Ablehnung notwendiger Schutzmaßnahmen einschließlich der Impfpflicht: „In den vergangenen Wochen ist bundesweit massiver Protest und Widerstand gegen die drohende Impfpflicht und die seit zwei Jahren andauernde Schikanierung, die bis in die Privatsphäre reicht, aufgeflammt. … Der Protest speist sich aus breiten Kreisen der Bevölkerung, Hunderttausende beteiligten sich an den Spaziergängen.“
Organisatoren dieser reaktionären Proteste sind in aller Regel – auch in Hannover – faschistoide bis regelrecht neofaschistische Kräfte, angefangen bei der AfD bis zur NPD oder zu den sich selbst so nennenden „Freien Niedersachsen“. Wirklicher Protest gegen die Regierungs- und Corona-Politik kann dagegen nur links sein! Hinter der angeblichen Sorge des DKP-Kreisvorstands um die „Aushöhlung der bürgerlichen Demokratie“ verbirgt sich in Wirklichkeit ein reaktionärer Freiheitsbegriff, der nicht von den Interessen der Arbeiterklasse ausgeht, sondern egoistische Interessen über den Schutz der Allgemeinheit stellt. Zugleich findet sich in dem Aufruf nichts, wie ein konsequenter Gesundheitsschutz für die Arbeiterklasse und die breite Masse der Bevölkerung aussehen kann.
Doch nicht genug damit: So verteidigt der Vorstand der DKP Hannover die Querdenker auch noch gegen antifaschistische und marxistisch-leninistische Kritik, indem er den Herrschenden die Urheberschaft dafür unterschiebt: „Diese bekannte Taktik der Herrschenden, eine angebliche Querfront herbeizuhalluzinieren, um damit Widerstandskräfte zu lähmen, wird gerade vom sogenannten ‚links-progressiven‘ Lager aktiv unterstützt.“ Alles nur künstlich herbeigeredet? Von wegen! Die MLPD hat ausführlich die geschichtliche Entstehung dieser Taktik zur Vereinnahmung verunsicherter Kräfte durch die Hitler-Faschisten und ihre heutige Modifizierung durch faschistische Strippenzieher nachgewiesen.2 All das schlägt der Vorstand der DKP Hannover in den Wind und reiht sich damit objektiv selbst in die „Querfront“-Taktik ein.
Konsequenz des Opportunismus
Diese Entwicklung der DKP Hannover – die ja immerhin den Anspruch hat, Teil einer „kommunistischen Partei“ zu sein – ist die unerbittliche Konsequenz des Opportunismus und modernen Revisionismus. Stefan Engel schreibt in dem Buch „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus“: „Der moderne Revisionismus wirkt jedoch bis heute als antikommunistischer Damm gegen den wissenschaftlichen Sozialismus. Die Gefahr des Revisionismus ist eine Gesetzmäßigkeit, die in der Arbeiterbewegung immer beachtet und gebannt werden muss. Ohne systematischen weltanschaulichen Kampf gegen den Revisionismus wird es keinen Sieg der proletarischen Revolution, keine Entwicklung vom Sozialismus zum Kommunismus geben und wird jede revolutionäre Bewegung im Sumpf des Opportunismus landen beziehungsweise der Sozialismus letztlich wieder in einer Restauration des Kapitalismus enden.“3
Zwar grenzt sich der Landesvorstand der DKP Niedersachsen von dem hannoverschen Aufruf ab.4 Aber er bleibt dabei stehen, „die pauschal positive Bewertung der ‚Corona-Proteste‘ durch den KV Hannover“ nicht mitzutragen, ohne selbst klar Position zu beziehen. Es bleibt zu hoffen, dass es dabei nicht bleibt und auch die Mitglieder der DKP Hannover diesem Kurs eine Absage erteilen.