Rote Fahne 07/2022

Rote Fahne 07/2022

„Der erste und bedeutendste Dichter des deutschen Proletariats“

Mit diesen Worten würdigte Friedrich Engels den Dichter Georg Weerth, der vor 200 Jahren geboren wurde

Von Hannover (Korrespondenz)
„Der erste und bedeutendste Dichter des deutschen Proletariats“
Georg Weerth, dargestellt in einem Holzschnitt von Robert Diedrichs, Bild: Robert Diedrichs / CC BY-SA 3.0 DE

Wie kam Engels auf diese Bewertung? Und warum wurden dann Weerths Texte nicht entsprechend bekannt? Georg Weerth war Weggefährte von Karl Marx (1818) und Friedrich Engels (1820) – Weerth (1822) war der Jüngste. Alle drei wurden enge Freunde.

 

Weerth wuchs mit drei Geschwistern in einem christlichen Elternhaus auf. Sein kranker Vater war Generalsuperintendent. Als Georg 14 Jahre alt war, verstarb sein Vater, zwei Jahre später seine Schwester. Schon in diesem Alter positionierte er sich gegen die Religion. Ohne Abitur begann er eine Kaufmannslehre und lernte fleißig Sprachen. Das war nötig für die geschäftlichen Korrespondenzen, der Handel war schon damals international. Mit seiner Weltoffenheit sammelte Weerth wertvolle gesellschaftliche Erfahrungen im Klassenkampf in verschiedenen Ländern. Seine Erkenntnisse aus dem aufstrebenden Kapitalismus setzte er in seinem literarischen Werk um.

 

In vielen Briefen an seine Mutter spürt der Leser Weerths Massenverbundenheit. Wo er auch war, er machte sich über die Sorgen und Nöte der Menschen kundig, besonders der Arbeiter und ihrer Familien. Hatte eine Firma, in der er arbeitete, Auslandsfilialen, bewarb er sich auf solche Stellen. So kam er viel herum. In England hat er Engels für das bekannte Buch „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ (erschienen 1845) zugearbeitet.

 

Ehrlich, aufrichtig, bescheiden – ja, so war Georg Weerth. Mit seiner Meinung hielt er nicht hinter dem Berg. Aufstieg war nie sein Motiv. Er arbeitete für seinen Broterwerb. Ihn interessierte, was in der Welt abging und wie den Ungerechtigkeiten ein Ende gemacht werden kann.

 

In Brüssel hielt Weerth eine bemerkenswerte Rede vor Bankiers und Unternehmern. Es war ihm ein Vergnügen, für Marx einzuspringen und der Zuhörerschaft zu sagen, wer sie eigentlich sind und vor wem sie Angst haben sollten, nämlich vor den Arbeitern weltweit.

 

Im Laufe der Zeit erkannten die Herrschenden die Arbeiterklasse als ihren Hauptfeind, gegen die sie gemeinsam mit dem Adel kämpfen würden. Also auch gegen Georg Weerth, der ja treu zu den Arbeitern stand. Der Antikommunismus zeigte sich auch damals: Verbot der Rheinischen Zeitung 1843. Marx floh aus politischen Gründen nach Frankreich. 1849 Verbot der Neuen Rheinischen Zeitung. Als Verantwortlicher für das Feuilleton stellte Weerth seine dichterischen Fähigkeiten gern zur Verfügung. Im „Schnapphahnski“ warf man Weerth die Beleidigung eines toten Ritters vor. Dafür kam er ins Gefängnis.

 

Georg Weerth ist ein Vorbild für die Jugend. Besonders lag ihm der Kampf gegen die Ausbeutung der Kinder am Herzen. Er nahm sogar einige Tage an der Pariser Revolution 1848 teil. Die politischen Ereignisse zu verarbeiten, war bestimmt nicht leicht. Georg Weerth war nicht viel Zeit dafür gegeben. Er starb 1856 im Alter von 34 Jahren an Gelbfieber.