Rote Fahne 03/2022

Rote Fahne 03/2022

Martin Kasprik – ein Leben lang Lernender und Lehrender

Am 19. Januar verstarb Martin Kasprik im Alter von 79 Jahren. Er gehört zu den prägenden Genossen der frühen Jahre des Parteiaufbaus der MLPD, für die er bis an sein Lebensende all seine Kräfte einsetzte

Von Anna Bartholomé
Martin Kasprik – ein Leben lang Lernender und Lehrender
Ein äußeres Markenzeichen war seine Kappe. Bild rechts: In einem Wohnviertel in Schanghai – für den Verlag Neuer Weg konnte Martin Kasprik (rechts im Bild) 1975 mit Arnulf Renz in das China Mao Zedongs nach der Kulturrevolution reisen Fotos: RF

Martin Kasprik war dieser Lebensweg nicht in die Wiege gelegt. Mitten im II. Weltkrieg 1942 in Königsberg in Ostpreußen geboren, wo seine Eltern ein Wäschegeschäft führten, erlebte er die Flucht und den mühseligen Neuanfang in Wiesbaden mit. Zwei Geschwister starben sehr früh.

 

Schon sein älterer Bruder bemerkte an dem begabten, Geige spielenden Jungen einen starken Willen, der sich auch gegen die strengen Regeln des Elternhauses durchsetzte. Bereits das Theologiestudium war motiviert von dem Willen, der Religion und ihrer gesellschaftlichen Rolle auf den Grund zu kommen. Nach dem Abschluss studierte Martin Kasprik einige Semester Mathematik und Volkswirtschaft. Mit seiner akademischen Ausbildung hätte er auch Karriere machen können. Er hat sich aber bewusst anders entschieden.

 

In der Studierenden-Bewegung von 1968 begegnete er Marxisten-Leninisten, die ernsthaft um eine Orientierung an der Arbeiterbewegung rangen. Im März 1970 wurde er Mitglied in der Vorläuferorganisation der MLPD, dem KAB/ML (Kommunistischer Arbeiterbund/Marxisten-Leninisten) – eine Weichenstellung für sein ganzes Leben. Alle Kenntnisse und Fähigkeiten stellte er von nun an in den Dienst der Arbeiterklasse und trieb seine Umerziehung zu einer revolutionären Denk-, Arbeits- und Lebensweise mit der gleichen Ernsthaftigkeit voran, die sein ganzes Wesen prägte. Er baute mit zunächst einfachsten Mitteln eine Druckerei auf für die Herausgabe von Broschüren, der Roten Fahne und des theoretischen Organs, des REVOLUTIONÄREN WEG. Mit der Nummer 6 der Reihe „Die dialektische Methode in der Arbeiterbewegung“ lernte er 1971 den Vordenker und Mitbegründer der MLPD, Willi Dickhut, kennen.

 

Martin Kasprik arbeitete berufsrevolutionär als Mitglied unter anderem in der Zentralen Revisionskommission und im Zentralkomitee lange Jahre als Parteigeschäftsführer. In den 1980er-Jahren machte er im Stahl- und Maschinenbetrieb Gutehoffnungshütte in Oberhausen eine Facharbeiterausbildung und arbeitete dort zehn Jahre in der Produktion, von den Kollegen zum Vertrauensmann gewählt.

 

Wie bei allen Menschen lagen Stärken und Schwächen auch bei Martin Kasprik teilweise eng beieinander – so konnte seine Prinzipienfestigkeit gelegentlich auch in Starrheit umschlagen – aber er nahm Kritik auch an. Auch nachdem er aus gesundheitlichen Gründen nach Süddeutschland ziehen musste – blieb er unermüdlich. Als glühender Internationalist wurde er Mitbegründer der Solidaritäts- und Hilfsorganisation Solidarität International. Mit großem Einfallsreichtum hat er trotz seiner schweren Krankheit seinen Beitrag geleistet und dafür seine handwerklichen und  gestalterischen Fähigkeiten für Spendenaktivitäten genutzt: mit Buchbinderarbeiten für Notizbücher, Gestaltung von Einladungen, Karten und so weiter. Immer suchte er den Kontakt zu Menschen, blieb auch für Tochter und Enkelkinder zeitlebens Lehrender und Lernender.