Rote Fahne 02/2022
Ist die Bundeswehr der neue Helfer in der Not?
Wie unter dem Deckmantel der Krisenhilfe die Militarisierung der Gesellschaft vorangetrieben wird
Überall werden wir zurzeit mit dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren konfrontiert: Soldaten in Uniform helfen in Impf- und Testzentren, bei der Nachverfolgung von Coronainfektionen. Die Impfstoffe werden von den Firmen an ein zentrales Lager der Bundeswehr geliefert und von dort aus weiter verteilt. Diese Verteilung der Impfstoffe durch den Bund – die überall als „Chaos“ bezeichnet wird – soll jetzt Generalmajor Carsten Breuer als Leiter des neuen Coronaimpfstabes der Bundesregierung verantworten. Der General ist Leiter des „Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr“, zuständig für die „Zivil-Militärische Zusammenarbeit“ der Bundeswehr. Besser gesagt für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Ein solcher General – so Christian Bock von der Führungsakademie der Bundeswehr laut Deutschlandfunk – sei dafür besonders geeignet angesichts der „Führungskultur in den Streitkräften“. Da beherrsche man „strukturelles Denken, menschliche Führungsqualitäten, gemeinsam an einem Strang ziehen“.
„Das ist doch besser, als wenn sie schießen“ – meint auch so manch friedensbewegter Mensch. Aber worum geht es hierbei?
Plumpe militaristische Propaganda, die offen zum Krieg gegen äußere und innere Feinde aufruft, würde heute auf entschiedenen Widerstand der großen Mehrheit der Bevölkerung stoßen. Zu groß ist der Friedenswille, zu stark die Ablehnung eines Krieges, gerade angesichts der Erfahrungen in zwei Weltkriegen.
Da ist es viel effektiver, die Bundeswehr als „Helfer in der Not“ darzustellen. O-Ton Bundeswehr:
„Am sichtbarsten und am nächsten an der Bevölkerung ist die Bundeswehr immer dann, wenn sie zur Unterstützung ziviler Organisationen bei Naturkatastrophen und schweren Unglücken innerhalb Deutschlands im Einsatz ist.“1
Im neuen „Freiwilligendienst der Bundeswehr im Heimatschutz“ wird für diese Aufgabe unter dem Motto „Dein Jahr für Deutschland“ geworben. Die Rekruten durchlaufen hier eine reguläre Bundeswehrgrundausbildung und anschließend eine Spezialausbildung für den „Heimatschutz“.
Ist ist die Bundeswehr also der neue Katastrophenschutz?
Ganz im Gegenteil: Die angebliche „Nothilfe“ dient nicht nur der Übung für den Einsatz der Bundeswehr in internationalen Konflikten. Je mehr Menschen nicht mehr hinnehmen wollen, dass solche Kriege, die drohende ökologische Katastrophe und andere Krisen unsere Lebensgrundlagen bedrohen, desto mehr wird auch der Einsatz zur Aufstandsbekämpfung im Inneren vorbereitet. Auch daran sollen die Leute auf schleichende Weise gewöhnt werden. Der damals noch in der Opposition befindlichen Verteidigungspolitikerin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, waren die mit dem neuen Heimatschutz verkündeten pazifistischen Phrasen entschieden zu viel des „Guten“: Die Bundeswehr habe andere Sorgen. „Was wir brauchen, sind junge Männer und Frauen, die bereit sind, in den Einsatz zu gehen …“.2 Deren „primäre Aufgabe“ sei die „Landes- und Bündnisverteidigung“.3
„Wenn die Oberen vom Frieden reden, weiß das gemeine Volk, dass es Krieg gibt“, meinte Bert Brecht – das sollte uns auch heute zu denken geben.