Rote Fahne 26/2021
Kritik an kapitalistischen Lebensumständen wächst – wohin führt der Weg der Jugend?
Über die Hälfte der Jugendlichen (53,7 Prozent) ist laut einer Umfrage ...
... des rheinland-pfälzischen Jugendministeriums „besorgt“ über ihre Zukunftsperspektiven, 11,9 Prozent bewerten sie gar als „düster“. Bei 68,5 Prozent der Befragten zwischen 14 und 27 Jahren hat sich in den letzten zwei Jahren der Blick auf die Zukunft verschlechtert. Sie sorgen sich nicht nur wegen der anhaltenden Corona-Pandemie, sondern auch wegen fehlender Ausbildungs- und Studienplätze, um den Klimaschutz, aber auch drohende Kriege und humanitäre Katastrophen.1 Zugleich hat sich in den letzten Jahren weltweit die Jugendrebellion verstärkt. Millionen sind bei „Fridays for Future“ aktiv, Hundertausende gingen für „Black live matters“ oder die Flüchtlingssolidarität auf die Straße, Auszubildende waren oftmals vorne dran bei kämpferischen Arbeiterprotesten. Dabei wächst die Kritik am Kapitalismus. MLPD und REBELL stoßen mit ihrer gesellschaftlichen Perspektive des echten Sozialismus bei einem erheblichen Teil der Jugend auf große Offenheit, eine wachsende Minderheit interessiert sich für den Marxismus-Leninismus.
Gerade deshalb wurde in den letzten Jahren ausgehend von den Geheimdiensten antikommunistische Spaltung, Diffamierung und Unterdrückung besonders unter der Jugend und in den Jugendbewegungen verstärkt. Alarmiert von der wachsenden Anziehungskraft von MLPD und REBELL leiteten die Herrschenden einen konkreten Taktikwechsel ein. Sie versuchten, das Rebellische Musikfestival 2018 zu verbieten und stützten sich auf Funktionäre der Jugendorganisationen von SPD, Grünen und Linkspartei, die eine aggressive Ausgrenzungspolitik gegen Revolutionäre unter anderem in der Jugendumweltbewegung betrieben. Das sollte die aufgeschlossenen Jugendlichen verunsichern und von der sachlichen Auseinandersetzung mit dem echten Sozialismus abhalten.
Die Herrschenden modifizieren auch die besondere Ausrichtung des Systems der kleinbürgerlichen Denkweise auf die Jugend. In den Mittelpunkt rückt dabei der kleinbürgerliche Freiheitsbegriff – missbräuchlich ansetzend am berechtigten Drang nach Freiheit unter der Jugend. Demnach sei es modern, nach sich zu schauen, sein „eigenes Ding“ zu machen.
Im Bundestagswahlkampf versuchte damit vor allem die FDP zu punkten. 2019 machte sich Christian Lindner 2019 noch zum Gespött, als er „Fridays for Future“-Aktivisten riet, die Politik „Experten“ wie ihm zu überlassen. Nun diente er sich der rebellischen Jugend regelrecht an: „Wir sehen uns als Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer und wir laden Euch ein, werdet es auch ...“.2 Ganz in diesem Sinn begründet die FDP-Jugendorganisation Junge Liberale die geplante Legalisierung von Cannabis: „Insbesondere beim Konsum von Genussmitteln und weichen Drogen … sehen wir vor allem die Entscheidungsfähigkeit beim Individuum.“ 3 Ganz individuell soll demnach jeder selbst entscheiden, ob er seine Gesundheit ruiniert, sein Bewusstsein eintrübt und in den Drogensumpf abrutscht. Eine glänzende Perspektive, die die „Freiheitskämpfer“ der FDP der Jugend bieten: Die freiwillige Akzeptanz kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung – am besten im legalisierten Cannabis-Rausch, der dem bürgerlichen Staat noch kräftige Zusatzsteuereinnahmen beschert!
Die Zukunft der Jugend liegt nicht in der individuellen „Freiheit“, sich selbst zu zerstören und die herrschenden Zustände passiv zu erdulden. Wirkliche Freiheit besteht in der Einsicht in die Notwendigkeit, den revolutionären Kampf dagegen aufzunehmen und sich dafür zu organisieren.
Gefühlte „Beteiligung“
Weil die Herrschenden weder die wachsende Kapitalismuskritik noch Protestbewegungen und Kämpfe der Jugend verhindern können, verlagern sie sich stärker darauf, diese Bewegungen umzuleiten und durch die gesellschaftliche Verwirrung zahnlos zu machen. Hauptsache, sie sind letztlich systemkonform, lassen sich am Gängelband der einen oder anderen bürgerlichen Partei beziehungsweise Institution führen und gehen vor dem systematisch verbreiteten Antikommunismus in die Knie.
Die neue Regierung aus SPD/Grünen/FDP verspricht Jugendlichen und Kindern vollmundig: „Ihre Anliegen und Interessen sind uns wichtig, wir werden junge Menschen an Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligen.“4 Dazu will sie unter anderem das Wahlalter auf 16 senken. Mit Jugendparlamenten, Workshops und ThinkThanks wird der Eindruck erweckt, wesentliche Zukunftsfragen der Jugend würden aufgegriffen. In Wirklichkeit soll damit die wachsende antikapitalistische Kritik zur „kritischen Begleitung“ kapitalistischer Politik umgebogen werden.
Pandemie ohne Ende?
32 Prozent der Jugendlichen sorgen sich angesichts der Corona-Pandemie um ihre körperliche Gesundheit. Ein halbes Jahr zuvor waren es erst 24 Prozent.5 Das verbindet sich mit Befürchtungen, „dass das Leben langfristig eingeschränkt bleiben könnte, ... in der Uni bzw. Schule durch das Lernen zuhause den Anschluss zu verlieren“ oder auch um dem „Verlust einer nahestehenden Person“.6
Der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verspricht auch in der Pandemiebekämpfung eine Art Neubeginn: „Die Bürger haben ein Recht zu verstehen, was ist denn eigentlich hier die Strategie ...“.7 Lauterbachs Fachkompetenz ist unbestritten. Doch auch für ihn gelten die Vorgaben der Monopole, dass ihre Interessen im verschärften internationalen Konkurrenzkampf um Absatzmärkte, Rohstoffe und Einflussspären Vorrang haben. Einen Lockdown will Lauterbach deshalb lediglich „nicht ausschließen“.8 Bei der Bundestagsdebatte am 7. Dezember relativierte er weiter, man werde „diese Brücke überwinden, wenn wir an der Brücke ankommen – nicht jetzt“.9 Bundeskanzlerin Merkel hätte das „Auf-Sicht-fahren“ genannt.
Weil es die Profite der Pharmakonzerne beeinträchtigen würde, will auch die neue Regierung nicht an deren Patentrecht auf Corona-Impfstoffe rütteln. Sie nimmt damit weiter in Kauf, dass die Impfkampagne weltweit nur schleppend vorankommt und sich die Pandemie durch immer neue Mutationen quälend in die Länge zieht. Gerade Jugendliche sehnen sich nach ihrem Ende. Doch die Ursachen dafür, warum immer mehr Pandemien aufkommen, liegen nicht ohne Weiteres auf der Hand. Tatsächlich sind Seuchen und Pandemien Teil der globalen Umweltkrise geworden. Die zunehmende Virenübertragung zwischen Tier und Mensch geht maßgeblich auf die Vernichtung natürlicher Lebensräume und die Ballung von Mensch und Tier auf engstem Raum zurück.
Eine Zukunft für die Jugend ohne Umweltkrise und daraus resultierende Pandemien wird es nur geben, wenn in vereinigten sozialistischen Staaten der Welt die Zerstörung der natürlichen Umwelt beendet wird. Dann wird es möglich sein, die großflächige Wiederaufforstung der Wälder mit einer Renaturierung der Städte und kontrollierter Urbanisierung des Landes zu verbinden, die schonend mit den Lebensräumen der Tiere umgeht und die Artenvielfalt erhält.
Großes Engagement für die Rettung der Umwelt
Gerade in der Umweltpolitik sind die Hoffnungen von Jugendlichen in die Ampel-Koalition mit am größten. Ihre verfeinerten Methoden des „Greenwashing“ der kapitalistischen Gesellschaft gilt es erst noch zu durchschauen. Sie verspricht ein „Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen und mehr Tempo“. Doch welche Investitionen sollen getätigt werden? Statt besonders auf die regionale Erzeugung regenerativer Energien zu setzen, Speicherkapazitäten auszubauen und ein Gleichstromnetz auszubauen, wird der Bau von Monster-Stromtrassen quer durch Deutschland vorangetrieben. Darüber soll der in Offshore-Windgroßanlagen produzierte Strom genauso transportiert werden wie der Strom aus den noch bestehenden Atomkraftwerken und bis mindestens 2030 der aus der Kohleverbrennung gewonnene Strom. Die ersten 60 Milliarden Euro „Klimainvestitionen“ sollen vor allem in diesen Ausbau der Stromnetze und die Umstellung auf E-Autos fließen.
Dabei ist auch der Ausbau des elektrifizierten Indivualverkehrs alles andere als „zukunftsorientiert“. Das Versinken der Pkw- und Lkw-Fahrer in immer mehr Staus ist genauso wie die umweltschädliche Batterieproduktion eine Sackgasse. Nötig ist vor allem der umfassende Ausbau eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs sowie des Güterverkehrs auf Schienen und Wasserwegen.
„Verfassungsfeindliche“ Zuschüsse?
Zwei neue Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 14. Dezember werfen ein Schlaglicht darauf, wie allergisch die Herrschenden auf die attraktive Jugendarbeit der MLPD reagieren. Im ersten Fall beantragten Kinder aus Leverkusen vor fünf Jahren einen Zuschuss für ihren Teilnahmebeitrag zum Sommercamp aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Die Stadt lehnte ab. Es gebe einen – vom „Verfassungsschutz“ initiierten – Bescheid des Landesjugendamtes, dass Zuschüsse für dieses Sommercamp des Jugendverbands REBELL nicht gegeben werden sollen, weil dieser „verfassungsfeindlich“ sei. Im zweiten Fall wollte die Stadt Mülheim/Ruhr Zuschüsse nur für Freizeiten von bestimmten Organisationen geben, die sie in einer Liste erfasst hatte; und die Unterstützung der Teilnahme von Kindern an Freizeiten von Jugendorganisationen aller politischer Parteien lehne sie grundsätzlich ab.
Gegen beide Entscheidungen legten Familien und REBELL Revision beim Bundessozialgericht ein. Überzeugend bewiesen die Anwälte des REBELL: „Bildung und Teilhabe“ muss nicht nur die kulturelle, sondern auch die politische Teilhabe von Kindern am gesellschaftlichen Leben fördern! Rebellische Sommercamps sind getragen nur durch eine Vielzahl ehrenamtlicher Helfer, die selbstlos und selbst finanziert mit Kindern und Jugendlichen Sport machen, rebellische Bildung und aktuell vielbeachtete Vorbereitungsmaßnahmen für die Wiederaufforstung im Thüringer Wald. Auch dass die Sommercamps der Finanzierung der MLPD dienen würden, ist ein Märchen. Vielmehr hat die MLPD im Gegensatz zu den bürgerlichen Parteien, die ihre Jugendverbände an das finanzielle Gängelband legen, Vertrauen in die Jugend und fördert die organisatorische wie finanzielle Selbständigkeit ihres Jugendverbands. Es ist ein offener Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Jugendorganisationen von politischen Parteien schlechter behandelt werden als zum Beispiel christliche Jugendverbände und deshalb – wie in Mülheim – von Zuschüssen ausgenommen werden.
Bei der mündlichen Erörterung befasste sich das Gericht aber nur am Rande mit diesen überzeugenden Argumenten. Entscheidend sei vielmehr, ob der Veranstalter einer Freizeit „geeignet“ sei. Ihr Zeuge dafür: keinesfalls das Programm des Camps, die Stimmen der Teilnehmer, sondern der Inlandsgeheimdienst! Dieser habe „verfassungsfeindliche Ziele“ bei MLPD und REBELL ausgemacht wie etwa den „revolutionären Sturz der Diktatur des Monopolkapitals“. Das ist gewiss kein Geheimnis und eigentlich ein Grund mehr für die Eignung zur Durchführung solcher Camps. Im Unterschied zu bürgerlichen Verbänden und christlichen Organisationen verschließt die Jugendarbeit der MLPD nicht die Augen vor den gesellschaftlichen Ursachen für die zunehmende Verarmung, die Umweltkrise und die wachsende Kriegsgefahr. Sie vermittelt den Geist der internationalen Solidarität, des Vertrauens in die eigene Kraft, der Achtung vor der körperlichen Arbeit und der natürlichen Umwelt, der Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen, des selbstlosen Einsatzes für die Belange aller Ausgebeuteten und Unterdrückten und des Kampfs für eine gesellschaftliche Perspektive über den Kapitalismus hinaus, den echten Sozialismus. Diese Herangehensweise von MLPD und REBELL ist die eigentliche Quelle ihrer Anziehungskraft vor allem unter den Arbeiterfamilien, während die bürgerliche Jugendpolitik mehr und mehr in die Krise gerät.
Mit neuen Entscheidungen ins neue Jahr
Der Jahreswechsel ist immer auch eine Zeit der Lebensentscheidungen. Eine der wichtigsten in der heutigen Zeit ist die für die weitere Stärkung der revolutionären Organisationen. In der ersten Jahreshälfte 2022 wird sich die MLPD besonders auf die Jugendarbeit konzentrieren, um den Generationswechsel in der gesamten Partei und den Aufbau des REBELL zu einem wirklichen Jugendmassenverband voranzubringen. Sie wird dazu gegen das antikommunistische Skandalurteil des Bundessozialgerichts in die Offensive gehen und sie wird auch breit für die rebellischen Sommercamps werben. Ein Höhepunkt wird dabei das Internationale Pfingstjugendtreffen am 4./5. Juni sein.
Die MLPD wird sich gemeinsam mit anderen Organisationen des Internationalistischen Bündnisses an der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai 2022 beteiligen und diese Beteiligung ebenfalls nutzen, die Arbeit unter der Jugend voranzubringen.
Das neue Jahr wird ein Jubiläumsjahr. Die Gründung der MLPD vor 40 Jahren und des REBELL vor 30 Jahren werden selbstverständlich kräftig gefeiert – vom 26. bis zum 28. August: Mit einem Volksfest rund um die Parteizentrale, tiefgehenden Diskussionsveranstaltungen, einem großen Jugendkonzert und vielem mehr.
Für die Suche nach einer gesellschaftlichen Alternative bieten sich der Jugend heute auch allerlei „antikapitalistische“ Gruppen und Verbände an. Wer hier durchblicken will, der braucht die demnächst erscheinende Ausgabe Nummer 37 ihres theoretischen Organs REVOLUTIONÄRER WEG „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“. Nachdem die zuletzt erschienene Ausgabe die Krise des Antikommunismus als Form der bürgerlichen Ideologie ins Zentrum stellte, behandelt der REVOLUTIONÄRE WEG 37 die Krise des Opportunismus in seinen verschiedenen Schattierungen. Denn es sind heute in Verbindung mit der kleinbürgerlich-antikommunistischen Denkweise auch die verschiedenen Formen der kleinbürgerlich-opportunistischen Denkweise, die in die Arbeiter- und Volksbewegung hineinwirken und sie vom revolutionären Klassenkampf abhalten sollen. Der breite Vertrieb und die Diskussion dieser Bücher wird die weltanschauliche Klärung unter der Jugend voranbringen und maßgeblich dazu beitragen, dass MLPD und REBELL an Stärke gewinnen.