Rote Fahne 25/2021

Rote Fahne 25/2021

Nachruf auf einen aggressiven, aber glücklosen Antikommunisten

Der ehemalige BDI1 -Präsident Dr. Michael Rogowski starb am 12. November 2021 im Alter von 82 Jahren nach kurzer, schwerer Erkrankung in Aalen

Von Heidenheim (Korrespondenz)
Nachruf auf einen aggressiven, aber glücklosen Antikommunisten
Was es wohl mit dem Tadel der „Süddeutschen Zeitung“ auf sich hat ...? Foto: Screenshot

Rogowskis Verdienste in Wirtschaft und Gesellschaft wurden mit zahlreichen Ehrungen, darunter dem Bundesverdienstkreuz und der Ehrenbürgerschaft der Stadt Heidenheim, gewürdigt. „Mit Michael Rogowski verlieren wir eine herausragende Persönlichkeit, die sich über viele Jahrzehnte mit großem Engagement für das Wohlergehen unserer Industrie eingesetzt hat“, so Siegfried Russwurm, Vorsitzender des Aufsichtsrats des Papiermaschinenherstellers Voith in Heidenheim und aktueller BDI-Präsident.

 

Lob fand Rogowski deshalb auch für die durch und durch unsoziale „Agenda 2010“ der Schröder/Fischer-Regierung. Selbst der „Mitbestimmungs“-Betrug über Aufsichtsräte und dergleichen ging ihm zu weit, das sei „ein Irrtum der Geschichte“.

 

Wie die Arbeiterinnen und Arbeiter bei Voith Rogowski zu seinen Lebzeiten als Personalchef und später als Sprecher der Konzernführung erleben durften, erfährt man natürlich in den offiziellen Nachrufen nicht. In sein Weltbild passte es überhaupt nicht, wenn Arbeiter in der Firma, in der er Chef war, Unmut äußerten über Lohnkürzungen, Lohnraub, Arbeitsplatzvernichtung, extreme Flexibilisierung der Arbeitszeit, Mobbing gegen ältere Kollegen und so weiter.

 

Ja, diese Arbeiter erdreisteten sich sogar, den gewerkschaftlichen Rahmen zu durchbrechen und selbständig, wohlorganisiert die Arbeit niederzulegen, quer übers Werksgelände vor das Verwaltungsgebäude zu marschieren und die Rücknahme von Lohnabbau und Streichung sozialer Leistungen zu fordern.

 

Helfende Hände aus dem Hintergrund zogen damals den cholerisch schreienden und die Arbeiter unflätig beschimpfenden „Herrn Rigorowski“, wie er auch genannt wurde, vom Fenster weg ins Zimmer zurück. Weder damals noch davor nutzte ihm seine Aggressivität viel: Die Solidarität und der Kampfwille der Belegschaft zeigten ihm und der ganzen Geschäftsleitung die Grenzen auf.

 

Zu einem viel größeren – auch internationalen– Blätterrauschen im Pressewald als jetzt zu seinem Tod kam es im Wahlkampf 2014, als Rogowski, der Mann von Welt, Ordensträger und Ehrenbürger der Stadt Heidenheim, sich an Plakaten der MLPD vergriff. Er hängte sie kurzerhand eigenhändig mit Unterstützung seiner Ehefrau Gabriele ab und stellte sie in seinen Keller. Die Plakate mit dem Bild von Che Guevara und der Parole „Hoch die Internationale Solidarität!“ sowie mit der Losung „Kampf dem Antikommunismus!“ direkt vor seinem Wohnhaus ließen ihn vor Wut schäumen: „Da kriege ich doch einen inneren Zorn.“ Doch seine Aktion ging nach hinten los.

 

Die Plakate der MLPD waren breites Diskussionsthema und sein aggressiver Antikommunismus befeuerte erst recht manche Sympathien für die MLPD – gerade auch unter den Voith-Kolleginnen und -Kollegen. Die Plakate, die er im Wahlkampf 2014, 2017 und auch noch 2021 immer wieder wegdrehte, drehten sie auf ihrem Weg von und zur Arbeit immer wieder so, dass sie gut sichtbar waren. Danke, Herr Rogowski!