Rote Fahne 24/2021
Brasilien – die Opfer der Umweltverbrechen geben nicht auf
Vom 4. bis 6 November fanden in Brasilien überregional Protestaktionen von Betroffenen der Umweltverbrechen des Bergbau-Monopols Samarco statt (1)
Organisiert wurden die Proteste von der Selbstorganisation der Opfer der Bewegung der Betroffenen von Staudämmen (MAB). Denn am 5. November vor sechs Jahren fand in der Nähe der Stadt Mariana im Bundesstaat Minas Gerais ein Umweltverbrechen statt: Ein Rückhaltedamm von giftigem Abraumschlamm brach und ergoss Millionen Kubikmeter über weite Flächen und den Fluss Rio Doce. Der Dammbruch vernichtete große Teile des Dorfes Bento Rodrigues bei Mariana. Es starben 19 Menschen und über 340 Familien verloren alles.
Trotz erfolgreicher Klagen vor Gericht bekamen sie bis heute keine Ersatzwohnungen, Häuser oder Land, kaum gesundheitliche Versorgung oder gar Entschädigungen! Einigen wurde jetzt sogar die Nothilfe gestrichen. Die Reparationsleistungen für die Umwelt – was eine Auflage der Gerichte gegenüber Samarco war – sehen so aus: Man karrt einfach den giftigen Schlamm Richtung Fluss und verklappt ihn dort! Deshalb ist der Fluss immer noch tot. … Alle Bewohner der Region (über eine Million) sind davon betroffen: Die Fischer fangen nichts mehr; das Grundwasser ist verseucht; der Wind bläst den giftigen Staub auf die Felder und die Tiere erkranken ebenso wie die Menschen. Dutzende starben an Krebs. Die faschistoide Regierung Bolsonaro schützt die Profitinteressen des Konzerns und verschleppt ebenso auf nationaler Ebene Reparations- und Hilfeleistungen für die Betroffenen.
Dagegen wird seit Jahren immer wieder protestiert und prozessiert, auch in den USA und Australien. Die Opfer der Umweltverbrechen geben nicht auf. Sie kämpfen selbstbewusst, organisiert und energisch weiter! Das ist gerade wegen der enormen Widerstände und Drohungen gegenüber Aktivisten der MAB oder den Anwälten der Betroffenen sehr beachtenswert. Sie sagen, es gäbe nach sechs Jahren immer noch keine „Gerechtigkeit“ und ihre rechtlichen Ansprüche werden ignoriert und sabotiert.
Sie verstehen sich zwar auch als Teil des internationalen Protestes, wie jetzt anlässlich des 26. Weltklimagipfels in Glasgow / Schottland. Aber es gibt auch Illusionen in den bürgerlichen Parlamentarismus und in die bürgerliche Justiz.
Am Anfang waren auch Arbeiter und Angestellte von Vale / Samarco unter den Opfern und einige Angehörige kämpfen auch mit bei den Aktionen der MAB. Aber auf die breite Solidarität und Unterstützung der örtlichen Gewerkschaften und von Kollegen von Vale warteten sie vergebens. Das begünstigte Vorbehalte unter den Umweltkämpfern gegenüber der Arbeiterbewegung – trotz der Unterstützung durch Gewerkschafter aus anderen Sektoren (Strom, Transport oder Petrobras).
Hier geht es um die Frage: Soll das Industrieproletariat sich der massiven Überausbeutung von Mensch und Natur für den Maximalprofit unterordnen? Oder den Weg des gemeinsamen Kampfes mit der kämpferischen Umweltbewegung gehen? Nur im gemeinsamen Kampf liegt der erfolgreiche Weg. Statt einseitig auf die Parlamentswahlen 2022 zu schauen, muss sich die Erkenntnis Bahn brechen, dass in Brasilien eine revolutionäre Arbeiterpartei neuen Typs aufgebaut werden muss. Dazu braucht es die internationale Solidarität / Zusammenarbeit in der ICOR und darüber hinaus.2