Rote Fahne 17/2021
Stefan Engel kontra Commerzbank – brisanter Prozess gegen Kontenkündigung
Stefan Engel, langjähriger Parteivorsitzender der MLPD und Redaktionsleiter ihres theoretischen Organs, hat gegen die erneute Kündigung seines Privatkontos durch die Commerzbank Klage erhoben. Am 26. August findet um 9 Uhr die Verhandlung beim Landgericht Essen statt. Die Rote Fahne sprach dazu mit Rechtsanwalt Frank Stierlin
Rote Fahne: Die Commerzbank hat das Konto von Stefan Engel 2009 ja schon einmal gekündigt, die Kündigung im anschließenden Prozess aber wieder zurückgezogen. Wie kam es damals zu diesem Rückzieher?
Frank Stierlin: Die Commerzbank hätte andernfalls ein Urteil kassiert, in dem schwarz auf weiß bestätigt worden wäre, dass ihre Kontokündigung rechtswidrig war. Um das zu vermeiden, gab sie ein Anerkenntnis ab.
Was ist dann der Hintergrund für die erneute Kündigung?
Die Commerzbank beruft sich auch diesmal auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach sie berechtigt sei, ein Konto jederzeit und ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Sie wähnt sich jetzt wohl auf der sicheren Seite, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom Januar 2013 entschieden hat, dass private Banken nicht an die Grundrechte gebunden seien und Konten auch aus politischen Gründen kündigen dürften. Die antikommunistische Stoßrichtung dieser Rechtsprechung ist offensichtlich: Derselbe BGH hat vor kurzem Facebook verpflichtet, zwei volksverhetzende Kommentare wieder freizuschalten, da ihre Löschung das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 5 Grundgesetz verletzt habe. Für Marxisten-Leninisten dagegen sollen die Grundrechte nicht gelten, sie sollen beliebig diskriminiert und ihre Teilnahme am Geschäftsverkehr soll untergraben werden dürfen? Das verstößt gegen Artikel 21 Absatz 1 der EU-Grundrechtscharta und wir werden, falls erforderlich, in dem Prozess auch die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof beantragen.
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Kontokündigung und dem „Gefährderbrief“ an Stefan Engel vom Mai 2018, den das Verwaltungsgericht Meiningen vor kurzem für rechtswidrig erklärt hat?
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ seine Finger im Spiel hatte. Immerhin ist in dem „Gefährderbrief“ von einem „Anfangsverdacht der Terrorismusfinanzierung“ die Rede. Und das Bundesamt für Verfassungsschutz lieferte das Foto für die skandalöse Fahndungsausschreibung von Stefan Engel zur „Gefahrenabwehr“ im Dezember 2019. Zudem ist die Commerzbank immer noch zu 15,6 Prozent in staatlichem Besitz. Wir werden in diesem Prozess und darüberhinaus alles in unseren Möglichkeiten stehende tun, um die Hintergründe aufzudecken.
Die Commerzbank hat zuletzt ja noch weitere Konten von Repräsentanten der MLPD gekündigt …
Ja, zum Beispiel das Privatkonto von Monika Gärtner-Engel, Internationalismus-Verantwortliche der MLPD, das Geschäftskonto der Mediengruppe Neuer Weg und die Privatkonten ihres Geschäftsführers und seiner Ehefrau. Aber nicht nur das. Die Commerzbank ist inzwischen berüchtigt für den willkürlichen Rauswurf teils langjähriger Kunden, überwiegend von solchen mit Migrationshintergrund. Insofern ist unsere Klage Teil des Kampfes gegen den Antikommunismus und gegen Bankenwillkür überhaupt.
Danke für das Gespräch und viel Erfolg für den Prozess!