Rote Fahne 17/2021
Kuba: In der Sackgasse des Revisionismus
Seit Mitte Juli entwickelten sich in verschiedenen Städten Kubas Proteste gegen die desaströse Lage für die Massen: stundenlange Stromausfälle, Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten und Furcht vor einem weiteren Anstieg der Corona-Infektionen. Über diese berechtigten Proteste berichten mit antikommunistischen Kommentaren die bürgerlichen Medien auf der ganzen Welt
Schon im vergangenen Jahr brach die ohnehin schwache Wirtschaftsleistung Kubas um 11 Prozent ein. Obwohl Kuba ein an fruchtbaren Landwirtschaftsflächen reiches Land ist, müssen 80 Prozent der Lebensmittel importiert werden und sind kaum noch bezahlbar. Venezuela liefert nur noch stockend das dringend benötigte und bis dahin hoch subventionierte Öl. Der Tourismus als wichtige Einnahmequelle ist gänzlich eingebrochen.
Woher kommt die drastische, krisenhafte Verschärfung der Lage in einem Land, das auch von vielen fortschrittlichen Kräften für die „letzte Bastion des Sozialismus“ gehalten wurde? Das allerdings ist ein Mythos, der schon lange nicht mehr der Realität entspricht.
1959 hat Kuba mit einer Guerillagruppe unter Fidel Castro und Che Guevara eine antiimperialistisch-demokratische Revolution errungen und das US-hörige Batista-Regime in die Flucht gejagt. Der US-Imperialismus hat sich mit dieser Niederlage nie abgefunden. Er fürchtete die Ausstrahlung der revolutionären Erfolge – besonders im Bildungs- und Gesundheitswesen. Das jahrzehntelange Wirtschaftsembargo der USA stieß auf den Trotz und den Ideenreichtum der kubanischen Massen, die ihre Errungenschaften nicht aus der Hand geben wollten.
Aber begünstigt durch diesen Druck wurde das Land mit Betrug und Erpressung in ein Anhängsel des sowjetischen Sozialimperialismus verwandelt. Statt Kubas Industrialisierung und den Aufbau einer eigenständigen, allseitig entwickelten Wirtschaft zu fördern, fixierte die Sowjetunion das Land auf die Zuckerrohr-Monokultur und brachte es in neue neokoloniale Abhängigkeit. Die Regierenden unter Fidel Castro entwickelten sich zu einer neuen bürokratischen Kapitalistenklasse.
Che Guevara hat diesen revisionistischen Kurs kritisiert. Er nannte auch öffentlich die Erfolge der chinesischen Revolution und Mao Zedongs als Vorbild. Den Verrat am sozialistischen Aufbau und die Unterordnung unter die sozialimperialistische Sowjetunion machte er nicht mit und verließ Kuba 1965.
Nach dem Tod Fidel Castros 2016 trat beim 8. Parteitag im April diesen Jahres sein Nachfolger und Bruder, der 89-jährige Raul Castro, zugunsten von Miguel Diaz-Canel zurück. Mit sozialistischen Phrasen verschleiert, wird der bürokratisch-kapitalistische Kurs vorangetrieben. Mit immer weiteren Freiräumen für kapitalistische Produktions- und Denkweisen, mit der Anbindung der einheimischen Währung an den US-Dollar, mehr Möglichkeiten für Exporte und Anreize für internationale Investitionen versuchen die bürokratischen Kapitalisten der Krise gegenzusteuern. Erreicht haben sie vor allem wachsende Korruption und blühende Bürokratie. Damit sank auch das Engagement der Massen für uneigennützigen Einsatz, der von ihnen gefordert und beispielsweise von Beschäftigten im Gesundheitswesen auch immer wieder aufgebracht wurde.
Im Rechenschaftsbericht von Raul Castro zum 8. Parteitag heißt es dagegen, es gelte „die Vorstellung auszuradieren, dass Kuba das einzige Land ist, in dem man leben kann, ohne zu arbeiten. Der Lebensstandard und Konsum der Kubaner sollte nicht durch übermäßige Subventionen und ungerechtfertigte Gratisleistungen“ erworben werden.1 Das ist purer Zynismus. Die revisionistischen Machthaber haben die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben an die Wand gefahren – jetzt wird den Massen dafür die Verantwortung zugeschoben.
In der wachsenden Unzufriedenheit wittert die US-Regierung unter Joe Biden ihre Chance. Eine systematische, antikommunistische Hetze wird in den sozialen Medien forciert und versucht, Einfluss auf die Proteste zu nehmen. Aus dem Lager reaktionärer Exilkubaner in Miami wird sogar ein militärisches Eingreifen der US-Imperialisten gefordert.
Die kubanische Regierung reagiert mit Unterdrückung und einzelnen Zugeständnissen. Gelöst ist damit nichts.
In dieser komplizierten Situation ist es Aufgabe der Marxisten-Leninisten, an der wachsenden Unzufriedenheit anzusetzen und Klarheit über die revisionistische Entartung, ihre Ursachen sowie die Konsequenzen daraus zu vermitteln. Nur so wird ein neuer Anlauf im Kampf für den Sozialismus möglich sein.