Rote Fahne 16/2021
Olympia 2021: Bestleistungen, Corona-Notstand und Korruption
Am 23. Juli wurden in Tokio die Olympischen Spiele ohne Zuschauer von Japans Kaiser Naruhito eröffnet. Etwa 11 000 Athletinnen und Athleten aus 200 Ländern nehmen teil
Zu sehen sind interessante Wettkämpfe in einer neuen Rekordzahl von 33 Disziplinen. Keineswegs nur die gewohnten „Favoriten“ erzielen Medaillenerfolge. Leider leben die Teilnehmer in einer „Blase“ im Olympischen Dorf. Das Budget beträgt 15,4 Milliarden Dollar. Selten waren Olympische Spiele so umstritten. 55 Prozent der japanischen Bevölkerung sind gegen sie. Vor allem weil Japan immer noch im Corona-Notstand ist: In Tokio besteht eine Sieben-Tage-Inzidenz von 70. Seit dem 1. Juli gab es im Olympischen Dorf noch vor der Eröffnung 107 Corona-Fälle, inzwischen ist auch der erste deutsche Sportler betroffen. Unter diesen Umständen Olympische Spiele durchzuführen, ist verantwortungslos. Niemand kann das Risiko kalkulieren.
Am Eröffnungstag gab es Proteste von 1000 Demonstranten in Tokio mit Parolen wie „Fahr zur Hölle, IOC!“ und „Olympische Spiele absagen!“ Proteste gab es auch gegen den Besuch von IOC-Chef Thomas Bach in Hiroshima. Selbst der Kaiser, dem politische Äußerungen eigentlich verboten sind, bezeichnete die Spiele als „schwierig“. Der Kölner Sportprofessor Volker Schürmann kritisiert zurecht, dass die Spiele viel zu früh zugesagt wurden. Warum? Dazu Prof. Schürmann: „Der olympische Geist erstickt zwischen Korruption und offensiver Vermarktung / Geldmaximierung. Schon der spielerische Charakter … geht verloren, wenn sportliche Wettkämpfe zu einem bloßen Mittel für einen anderen, nicht sportlichen Zweck heruntergewirtschaftet werden. … Sowohl Korruption wie Vermarktung sind strukturell angelegt und keineswegs primär ein Problem unmoralischer Individuen.“1
Der japanische Werbe-Dachverband Dentsu hatte dafür gesorgt, dass die japanische Industrie insgesamt 3,3 Milliarden Dollar an Sponsorengeldern aufbrachte für das Recht, mit Olympia zu werben. Sie haben sich verrechnet. Langjährige IOC-Sponsoren wie zum Beispiel Toyota, Bridgestone und Panasonic strichen die Teilnahme an der Eröffnungsfeier. Sie müssen Rücksicht nehmen auf die Stimmung in der Bevölkerung.
Mit dem „Olympischen Geist“ meint Professor Schürmann die olympischen Ideale wie friedlicher und fairer Wettkampf, Streben nach sportlicher Höchstleistung, Freundschaft und Völkerverständigung. Erstrebenswerte Ziele, die jedoch unter dem Diktat kapitalistischer Konkurrenz und Profitstrebens nie wirklich umgesetzt werden konnten und können. Das wäre Idealismus. Das IOC hat sich mit Hitler 1936 gegen die Völkerfreundschaft verbündet. Die Dopingskandale verstießen eklatant gegen die Fairness. Die Vertretung dieser Ideale heuchlerisch vorzutäuschen, ist Teil des Geschäftsmodells des IOC, der alles der Vermarktung untergeordnet hat und selbst ein kapitalistisches Monopol im Sport darstellt. Die besten Elemente der olympischen Ideale bewahrt die Arbeiterbewegung schöpferisch: „Freundschaft im Wettkampf“ ist unser proletarisches Motto im Sport.