Rote Fahne 13/2021

Rote Fahne 13/2021

Rettet der Kapitalismus doch die Umwelt?

Kann der Kapitalismus die Umwelt doch retten?

Von (dr)
Rettet der Kapitalismus doch die Umwelt?
Foto: DariuszSankowski / Pixabay / Pixabay-License

... Man reibt sich die Augen: Mehr oder weniger alle bürgerlichen Parteien in Deutschland entdecken ihr „Herz für die Umwelt“, drei Monate vor der Bundestagswahl. Auch die größten Umweltverschmutzer, ob RWE, EON oder thyssenkrupp, geben sich als Vorreiter für den Umweltschutz, entdecken den „grünen Strom“ und schreiben sich die „Decarbonisierung der Wirtschaft“ (Abkehr von der Kohle) auf die Fahnen.

 

Ein Armin Laschet, CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat, ließ Ende 2018 mit Hundertschaften seiner NRW-Polizei, mit Wasserwerfern und Bulldozern und einem verschärften Polizeigesetz Umweltkämpfer aus dem Hambacher Wald prügeln, um den RWE-Braunkohletagebau durchzusetzen. Jetzt redet er von „Klimaneutralität“ bis 2040. In den Berliner Regierungsparteien und bei den Grünen redet jeder und jede vom „ökologischen Neustart“ und von der „ökologischen Transformation“. Sie reagieren damit auf das auf breiter Front erwachte Umweltbewusstsein, besonders unter der Jugend. Neben dem Ablenkungsmanöver von den Hauptverursachern geht es darum, neue Geschäftsfelder für die Monopole zu erschließen und die Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen ökologisch zu bemänteln.

 

Übergang in eine globale Umweltkatastrophe legt an Dynamik zu

 

Wie wenig ernst es die bürgerlichen Parteien mit der tatsächlichen Verhinderung einer globalen Umweltkatastrophe ist, zeigt sich an ihrem weitgehenden Desinteresse für die Faktoren jenseits des „Klimas“. Zerstörung der Wälder, Vermüllung und Vergiftung der Ozeane, Vergrößerung des Ozonlochs über der Arktis … kommen zumeist nicht vor. Vor allem das Artensterben setzt sich gefährlich fort.

 

Doch auch um den Übergang zur drohenden Klimakatastrophe tatsächlich aufzuhalten, müsste eine radikale Wende eingeleitet werden. Die von der MLPD seit Jahren verfochtene Forderung nach kompletter Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2030 ist kein Wolkenkuckucksheim. Eine aktuelle Studie der gemeinnützigen EnergyWatchGroup1 bestätigt erneut, dass dies in Deutschland möglich ist. Dazu müssten die jährlichen Ausbauraten für regenerative Energie um das bis zu 20-Fache erhöht werden und wesentlich dezentral erfolgen. Davon ist bei den bürgerlichen Parteien keine Rede, im Gegenteil.

 

Bisher decken die internationalen Monopole ihren Energiebedarf noch zu über 80 Prozent aus fossilen Rohstoffen. Der Anteil regenerativer Energien beträgt weltweit nur 11,2 Prozent. Die Reduktion des CO2-Ausstoßes in den USA und in Europa beruht vorrangig auf der Stilllegung unrentabler alter Kohlekraftwerke und der Verlagerung der „schmutzigen“ Produktion in neuimperialistische Länder wie China, Indien und Brasilien. In Deutschland soll das Ende der Kohleverbrennung bis 2038 hinausgeschoben werden. In Datteln wurde erst 2020 ein neues riesiges Kohlekraftwerk, das größte Kohlekraftwerk Europas, ans Netz angeschlossen. Und das, obwohl in Deutschland die Kohleförderung eingestellt wurde. Die Kohle wird aus Australien, Südafrika, Kolumbien importiert, wo sie oftmals im Tagebau unter umweltschädlichsten und menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut wird. Bei der Überfahrt wird das hochgiftige Schweröl mit seinem hochgradigen Schwefeldioxid-Ausstoß verbrannt. Weiter an der Kohleverbrennung festzuhalten, ist vom Standpunkt des zukünftigen Lebens der Menschheit auf der Erde unverantwortlich. Immer gnadenloser zerstören Agrar- und Fleischmonopole, Bergbau- und Holzkonzerne den Regenwald als großen Kohlenstoffspeicher und „grüne Lunge“. Sie machen aus ihm – oder was von ihm noch übrig ist – einen CO2-Emittenten, der 20 Prozent mehr abgibt als vorher aufgenommen. Eine aktuelle Risiko-Analyse von Klima-Domino-Effekten des Potsdam Instituts für Klimaforschung (PIK) zeigt, dass Domino-Effekte, bei denen das Kippen eines Elements weitere Kipppunkte anstößt, bereits bei einer Erderwärmung zwischen ein und zwei Grad Celsius auftreten. Besonders kritisch wird die Wechselwirkung zwischen dem Abtauen der Eisschilde der Westantarktis und Grönlands, der Atlantikzirkulation und dem Amazonasregenwald beurteilt. Es wird daher immer absurder und ökologisch verheerender, am Pariser „Klimabkommen“ mit einem Erdtemperaturanstieg von „nur“ 1,5 bis 2 Grad festzuhalten, da so schon katastrophale Effekte ausgelöst werden. Der Auftauprozess des Permafrosts wird 1.500 Milliarden Tonnen CO2 freisetzen. Am Abtauen der Eisschilde und des Permafrosts interessiert die Imperialisten in ihrem Konkurrenzkampf nur, dass dadurch große Mengen wertvoller Rohstoffe zugänglich werden und wer diese bekommt.

 

Neue Energien – ein lukratives Geschäft für die Monopole im verschärften Konkurrenzkampf

 

Konzerne und Banken und ihre Dienstleister in den ihnen willig dienenden Regierungen geraten als Hauptverursacher der Umweltzerstörung immer mehr in den Fokus der Umweltproteste. Von 858 Milionen Tonnen CO2-Äquivalent2 entstehen 295 Millionen Tonnen allein bei den Energiekonzernen. Durch Stilllegungen sollen sie diese auf 108 Millionen Tonnen reduzieren, den Rest erst bis 2038. Ein wesentlicher Hintergrund dabei ist, dass Kohle- und Atomkraftwerke schon lange teureren Strom produzieren als Wind- und Solarparks. Für Förderung regenerativer Energien und das Abwracken von Kohlekraftwerken kassieren in den USA und der EU Energiekonzerne Milliarden aus staatlichen Förderprogrammen. Es ist ein Kampf entbrannt, wer sich die Pole Position im sich verändernden Energiemarkt als Feld neuer Maxi­malprofite verschafft.

 

Während lokale Energiegewinnung wie die Förderung von Solarenergie auf Dächern von der Bundesregierung ausgebremst wurden, wird vor allem der Bau von großtechnischen Windkraft- und Solaranlagen subventioniert, die dann wiederum den Bau neuer Stromtrassen nach sich ziehen.

 

Allein die Kosten des 380-Kilovolt-Trassenausbaus in Deutschland wird auf circa 95 Milliarden Euro geschätzt, woran Konsortien von Finanzinvestoren profitieren. In einer Zeit, in der der Anteil des spekulativen Kapitals weltweit anwächst, suchen sie fieberhaft nach Anlagemöglichkeiten, die höchste Profitmargen versprechen. Und maximale Profite sind bei der Energieerzeugung und dem Trassenbau garantiert: Jeder Stromkunde wird zur Kasse gebeten; die Investitionen mit entsprechenden Profitraten werden über den Strompreis abgerechnet. Es gibt auch keine Konkurrenz: Die Stromkonzerne und Netzbetreiber haben zumeist ein absolutes Monopol. Solche Megaprojekte, die die Umwelt und die Gesundheit schädigen, „werden also in Kauf genommen, um spekulatives Kapital profitabel anzulegen und die Staatsfinanzen zu plündern“3.

 

Wenn RWE-Chef Markus Krebber die Bundesregierung kritisiert, weil er „höhere Ausbauziele für Erneuerbare und schnellere Genehmigungsverfahren“ will, so geht es ihm darum, bürgerlich-demokratische Rechte und Freiheiten weiter abzubauen. Die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln IV wurde um Jahre verzögert wegen des anhaltenden Widerstands und der Proteste aus der Bevölkerung. Gegen die Monstertrassen haben sich hunderte von Initiativen entwickelt.

 

Baerbocks Pakt mit den Monopolen

 

In diesem Zusammenhang sind für einen Teil der Monopole die Grünen und eine mögliche grüne Kanzlerin durchaus attraktiv. Ihr programmatischer penetranter Antikommunismus, einsetzbar und eingesetzt zur Spaltung der Jugend-Umweltbewegung, macht sie hoffähig. Die Grünen genießen darüber hinaus einen gewissen Vertrauensvorschuss bei vielen auch fortschrittlichen Menschen. Auf dem Parteitag der Grünen am 12. Juni 2021 diente Annalena Baerbock sich bei den Konzernen an: „Wir schlagen der deutschen Industrie einen Pakt vor. Es geht um eine verbindliche Verabredung, dass der Staat den Unternehmen die Kosten ausgleicht, wenn sie klimaneutral werden wollen, made in Germany4.“ Dreist verspricht sie maximale staatliche Subventionen. Auch der Begriff „Klimaneutralität“ ist ein Betrug: ausdrücklich „gegengerechnet“ wird die geplante Verpressung von CO2 in großen „Endlagern“, die das Risiko bergen, dass es bei Lecks zur umfassenden Versauerung des Meeres kommt. Vor allem versprechen sich führende Monopole, dass es mit „grüner Hilfe“ gelingt, den Widerstand der Umweltbewegung gegen gigantomanische Projekte zu brechen. Der neue EON-Chef Leonhard Birnbaum erklärte: „Salopp könnte man sagen – Hartz IV konnte wahrscheinlich nur eine SPD-geführte Regierung durchsetzen. Vielleicht ist eine Regierung mit grüner Beteiligung eher in der Lage, Deutschland einen Schub bei der Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren zu geben.“5

 

CO2-Bepreisung – Abwälzung der Lasten auf die Massen

 

Im Zuge der Weltwirtschafts- und Finanzkrise in Verbindung mit der Corona-Krise wurden und werden gigantische Staatsschulden gemacht. Um diese Krisenlasten auf die Massen abzuwälzen, diskutieren Monopole und Regierung, die Lebensarbeitszeit von Arbeitern und Angestellten weiter zu verlängern. Zu dieser Abwälzung gehören auch die steigende Inflation und die Erhöhung der indirekten Steuern, die vor allem die breiten Massen bezahlen. Mit der CO2-Bepreisung sollen sie massiv zur Kasse gebeten werden. Tatsächlich brauchen die Leute ein Auto für ihre Arbeitswege und müssen ihre Wohnung heizen. Zusammen mit den Kleinbetrieben macht das trotzdem nur einen Anteil von 17,2 Prozent des Ausstoßes aus – bei weitem also kein Hauptverursacher! Die CO2-Bepreisung ist bezüglich des CO2-Ausstoßes weitgehend wirkungslos, weil sie die Hauptverursacher außen vor lässt und eine Steuer sich kaum auf den CO2-Ausstoß auswirkt. Durch die Preiserhöhung für Benzin, Diesel, Heizöl steigen die Benzinkosten für eine Durchschnittsfamilie um 85 Euro und die für Heizöl um 270 Euro. Die Entlastung durch Senkung der EEG-Umlage bringt eine lächerliche Einsparung von 10 Euro, nächstes Jahr von 30 Euro. Von der Erhöhung der Wohngeldzulage profitieren nur 3 Prozent der Miethaushalte, die höhere Kilometerpauschale deckt nur 25 Prozent der Zusatzkosten. Dazu kommt, dass die Zusatzkosten die Inflation auf breiter Front befeuern. CDU/CSU, SPD und Grüne wollen die Kostenschraube weiter anziehen auf 60 Euro pro Tonne. Dies kostet eine vierköpfige Familie in der Stadt 477 Euro pro Jahr. Angesichts der breiten Empörung darüber versprechen CDU/CSU wie SPD und Grüne weitere Entlastungen in ihren Wahlprogrammen. Die ganze CO2-Steuer ist jedoch ein einziger Betrug und ein Abzocken der Bevölkerung, sie gehört vom Tisch!

MLPD steht für gesellschaftsverändernden Umweltkampf

 

Die Rettung der Umwelt erfordert heute einen gesellschaftsverändernden Kampf, einen Kampf mit der Perspektive der vereinigten sozialistischen Staaten der Welt. Dies schließt ein, den aktiven Widerstand für konsequente Sofortmaßnahmen auf Kosten der Profite der Konzerne zu entwickeln. Dafür tritt die MLPD auch im Rahmen der MLPD/Internationalistischen Liste im Bundestagswahlkampf ein. Sie steht als einzige Partei in Deutschland auch für die Einheit von Arbeiter- und Umweltbewegung. Allen, denen die Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft ein Anliegen ist, sollten sich der Wahlkämpferbewegung in den Wählerinitiativen anschließen und mit dafür sorgen, dass die Heucheleien der bürgerlichen Parteien durchschaut werden und eine starke kämpferische Umweltbewegung mit sozialistischer Perspektive entsteht. 

  • Kampf gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiter, ihre Familien, die Kommunen und die Arbeitslosen!
  • Für höhere Löhne, Gehälter und Ausbildungs­vergütung!
  • 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich zur Schaffung von Millionen Arbeitsplätzen!
  • Schaffung von einer Million Stellen im Umweltschutz, in der Pflege und auf Intensivstationen!
  • Ja zu konsequentem Gesundheitsschutz – Nein zu politischen Notstandsmaßnahmen mit dem Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten!
  • Für den echten Sozialismus!
  • Organisiert euch!
  • Stärkt die MLPD!