Rote Fahne 12/2021
Imperialismus auf Kriegskurs
Manch einer rieb sich unlängst die Augen: Robert Habeck, Co-Vorsitzender der Grünen, posierte mit Stahlhelm und schusssicherer Weste.
Er fordert deutsche Waffen für die Ukraine. Das trauten sich bisher offiziell nicht mal Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) – auch wenn sie keinen Deut friedensliebender sind. Immerhin ist der Export von Kriegswaffen in „Krisen-“ beziehungsweise „Kriegsgebiete“ gesetzlich verboten und der Export an reaktionäre Regimes unter den Massen verpönt. Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sprang Habeck bei: Sie sehe den Vorstoß „positiv“. So bewirbt man sich für das Kanzleramt im Dienste des deutschen Imperialismus.
Der Verwunderung, die man vielfach über diese Entwicklung der Grünen hörte, liegt allerdings eine Täuschung zugrunde. Spätestens mit dem grünen Außenminister Joschka Fischer, der den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Serbien führend durchsetzte, stehen die Oliv-Grünen für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Außerdem lässt sich Habecks Vorstoß auch nicht aus den Grünen heraus erklären. Sondern: Die Bundeswehr wird neu ausgerichtet, weg von sogenannten „Antiterrorkämpfen“ im Ausland, hin zur Führung imperialistischer „Großkonflikte“ und Kriege gegen den russischen und chinesischen Einfluss, sowie im Innern gegen künftige revolutionäre Bewegungen. Jede Partei, die Akzeptanz in der Diktatur der Monopole finden will, muss diesen Kurs auf die eine oder andere Art mitmachen und rechtfertigen. Dafür, dem immer aggressiveren Kurses des Imperialismus entschieden entgegenzutreten, steht die Internationalistische Liste/MLPD.
Nach einer Welle der Kritik auch von der Grünen-Basis betonte Robert Habeck, dass er mit seinem Vorstoß zu Waffenlieferungen an die Ukraine nur „Defensivwaffen“ gemeint habe, zum Beispiel kleine Artilleriegeschütze. Dabei ist allgemein bekannt, dass man solche Waffen jederzeit auch zu offensiven Zwecken einsetzen kann. „Die Ukraine verteidigt auch die Sicherheit Europas“, mit dieser Begründung will Habeck die Rüstungsexport-Beschränkungen weiter aufweichen, die aufgrund des großen Friedenswillens der Menschen in Deutschland beschlossen wurden. Dabei verschweigt er, dass es die EU und die NATO waren, die ihren Einflussbereich aggressiv und entgegen eigenen Zusagen immer weiter nach Osten verschoben haben. Sie haben die Ukraine 2013/2014 aus dem Einflussbereich Russlands herausgebrochen. Habeck betont die „Solidarität“ mit der Ukraine und missbraucht damit einen Begriff der Arbeiterbewegung. Seine „Solidarität“ bezieht sich auf eine reaktionäre Regierung, die gegen Russland und die ostukrainischen Milizionäre einen ebenso ungerechten Krieg führt wie die andere Seite. Dabei bedient sie sich faschistischer Organisationen wie dem „Regiment Asow“. Auch Joschka Fischer wollte 1999 mit seinem Spruch, „ein zweites Auschwitz zu verhindern“, dem imperialistischen Überfall auf Serbien einen antifaschistischen und fortschrittlichen Anstrich verpassen. Wie sich die verlogenen Worte gleichen!
Das nicht minder aggressive Vorgehen des neuimperialistischen Russland auf der Krim oder in der Ostukraine – gestützt auf von ihm selbst finanzierte und ausgerüstete Milizionäre – ist die imperialistische Antwort darauf. Dabei geht es beiden Seiten nicht um die „Sicherheit“ der Menschen in Europa oder Russland, sondern nur um imperialistische Einflussgebiete. Die Ostukraine ist nach wie vor ein wichtiges Kohle-, Eisenerz- und Industriezentrum.
Inzwischen ist die Zustimmung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr für die Grünen Routine. Annalena Baerbock ist sogar für noch mehr Auslandseinsätze.1 Die NATO – das aggressive westlich-imperialistische Bollwerk – ist laut grünem Wahlprogramm „unverzichtbarer Akteur“.
Weichgespülte Töne, reale Kriegsvorbereitung in Regierungsverantwortung
Die anderen bürgerlichen Parteien sind dabei keinen Deut besser. Welche Intentionen seine mögliche künftige Kanzlerschaft leiten, das spricht der neue CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, im Kreis der Gleichgesinnten offener aus als in seinen salbungsvollen TV-Interviews. So klang das am 19. Mai vor der Konrad-Adenauer-Stiftung: „Und wenn man … die Sprache der Macht als Europa auch sprechen will, um in der Welt den eigenen Einfluss geltend zu machen, dann braucht man auch die Instrumente der Macht.“2
CDU/CSU und SPD haben längst die Auf- und Umrüstung der Bundeswehr zur Führung sogenannter militärischer Großkonflikte eingeleitet. Gleichzeitig führen sie ihre Politik der wirtschaftlichen Durchdringung gegenüber Russland und China weiter. Diese ist aber nur eine andere Form der Machtpolitik, die vor allem aus der großen Exportabhängigkeit der deutschen Wirtschaft herrührt. Beide stehen deshalb im Wesentlichen zur Gas-Pipeline Nord Stream 2 mit Russland, trotz der scharfen Kritik des US-Imperialismus und einiger europäischer Konkurrenten.
Laschet brüstet sich damit, dass er als einziger Kanzlerkandidat „in Treue fest“ zum NATO-Ziel steht, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Aufrüstung zu verwenden. Mit einem solchen Wehretat sei Deutschland „überhaupt erst verteidigungsfähig“ 3. „Verteidigt“ werden die imperialistischen Interessen Deutschlands bekanntlich auch am Hindukusch in Afghanistan, in der Wüste Malis oder im Kosovo.
Heute verschärft sich nicht nur die strategische Rivalität zwischen den USA und China um die Weltmachtführung. Die EU ist in verschiedener Hinsicht – wie ihrem Anteil an internationalen Übermonopolen – erheblich zurückgefallen. Sie richtet sich nun aggressiv darauf aus, ihre Anteile zu behaupten und auszuweiten. Es kommen auch neue imperialistische Mächte auf und wälzen die über 100 Jahre relativ stabilen Kräfteverhältnisse sprunghaft um. Stets wurden solche neuen Konstellationen im Imperialismus letztlich mit Krieg gelöst – es sei denn, die kämpfenden Massen fallen den Kriegstreibern ins Handwerk.
Imperialismus beruht auf dem kapitalistischen Monopol, das bei Strafe des Untergangs expandieren muss. Da die Welt bereits vollständig aufgeteilt ist, ist der Vormarsch eines Imperialisten nur auf Kosten anderer Rivalen möglich. „Kriege und Kriegsgefahr sind eine Gesetzmäßigkeit des imperialistischen Weltsystems, die ihm bis zu seinem Untergang anhaftet. Sie hat ihre materielle Grundlage in der Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung der verschiedenen monopolkapitalistischen Gruppierungen und imperialistischen Staaten.“4
Es ist schon dreist, wenn sich die SPD im Wahlprogramm als „Friedenspartei“ bezeichnet, während sie Aufrüstung, Waffenexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr mitmacht. Auch dieser Aufrüstungskurs ist ein Grund dafür, dass die Mehrheit der Deutschen sich wünscht, dass diese Regierung wegkommt. Das wird in den Medien dann gerne „Wechselstimmung“ genannt. Nur bringt es gar nichts im Sinne des Friedens, wenn man zu den Grünen oder einer neuen Regierungskoalition im Imperialismus wechselt. Die Internationalistische Liste / MLPD steht für ein radikales Nein zu imperialistischer Machtpolitik, für Frieden und Völkerfreundschaft!
Militärische Großkonflikte gewinnen und den „inneren Feind“ niederschlagen ...
Die Verteidigungsministerin und der Generalinspekteur der Bundeswehr haben am 18. Mai „Eckpunkte zur Bundeswehr der Zukunft“ vorgelegt (siehe auch Seite 20). Auf 27 Seiten wird die Auf- und Umrüstung der Bundeswehr für die Führung von militärischen imperialistischen „Großkonflikten“ ausgerichtet. Zugleich werden die Kräfte für den Einsatz gegen Aufständische im Inland neu aufgestellt. Dem liegt offensichtlich die Einschätzung zugrunde, dass die Entwicklung zur gesamtgesellschaftlichen Krise des imperialistischen Weltsystems auch revolutionäre Situationen in verschiedenen Ländern hervorbringen wird. Das Papier schätzt realistisch ein, dass die Massen einen solchen Kriegskurs ablehnen und dass es zum „Notstand im Inneren“ kommen kann, der Begriff der Herrschenden für revolutionäre Aufstände. Deshalb soll die Bundeswehr „bereits in der Phase einer sich abzeichnenden Krise“ an der „Heimatfront“ für Ruhe sorgen (siehe Seite 10).
Diese Neuausrichtung der Bundeswehr wird bis weit in die bisherige Friedensbewegung unterschätzt. Aber vor dem Hintergrund der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, verschärft durch die Corona-Krise und die Rechtsentwicklung im imperialistischen Weltsystem hat sich die allgemeine Kriegsgefahr stark erhöht. Es gibt immer mehr regionale Kriegsherde. Gegen das weitere politische und militärische Aufkommen der wirtschaftlichen Supermacht China und auch gegen den russischen Konkurrenten rüsten sowohl die USA als auch die EU massiv auf. Im Kampf um begrenzte Rohstoffe und Absatzmärkte schaltet der Imperialismus immer mehr auf Kriegskurs um. Die Internationalistische Liste/MLPD steht für den aktiven Widerstand im Kampf für den Weltfrieden!
AfD fordert verschärften Militarismus
Die AfD toppt die Aufrüstungspolitik der Groko-Parteien noch. Sie ist eine durch und durch militaristische und chauvinistische Partei: „Deutschland erhebt Anspruch auf eine militärische Führungsrolle in Europa.“5 Die Bundeswehr soll aufgerüstet und vergrößert werden. Die AfD will die Bundeswehr auch im Inland einsetzen und „den Wehrwillen in der Bevölkerung stärken“. Kernstück ihres Wahlprogramms ist die moralische Aufrüstung: „Die Tugenden des Soldaten sind Ehre, Treue, Kameradschaft und Tapferkeit. Die Bundeswehr muss die besten Traditionen der deutschen Militärgeschichte leben.“6 Für den Militarismus sind das reaktionäre Werte der Treue zur eigenen imperialistischen Regierung. Ehre und Treue – diese Begriffe standen im Wahlspruch der faschistischen SS! Wer so die „besten Traditionen“ des deutschen Militarismus bejubelt, ohne sich je mit einem Wort von den Verbrechen der faschistischen Wehrmacht distanziert zu haben, der ist Wegbereiter des Faschismus und des Militarismus in seiner brutalsten Form.
Konsequente Friedenskraft: Internationalistische Liste / MLPD
In dieser Situation fordert die Linkspartei allen Ernstes: „Wir setzen auf Entspannungspolitik und gerechte Weltwirtschaftsstrukturen“ sowie „gewaltfreie Konfliktlösung“. Die Bundeswehr soll zur „strikten Defensivverteidigung“ abgerüstet werden. So heißt es im Wahlprogramm der Linkspartei. Und: „Für DIE LINKE ist Krieg kein Mittel der Politik.“ Kaum vorstellbar, dass die Führung der Linkspartei so naiv ist, diese Sprüche selbst zu glauben. Kriege waren nie etwas anderes als „die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ (Clausewitz). So lange es Imperialismus gibt, gibt es keine „gerechten Wirtschaftsstrukturen“, sondern Ausbeutung, Unterdrückung und imperialistische Kriege. Wären die Kurden in Rojava (Nordsyrien) der Linkspartei gefolgt und hätten nicht zu den Waffen gegriffen, hätte der faschistische „Islamische Staat“ sie überrannt und massakriert.
Kriege können nur durch die Überwindung des imperialistischen Weltsystems abgeschafft werden, und das wird nicht ohne Revolutionen gehen. Deswegen ist der Pazifismus ein untaugliches Mittel gegen die wachsende Kriegsgefahr. Der konsequente Kampf gegen ungerechte imperialistische Kriege geht einher mit der festen Überzeugung „Revolution ist kein Verbrechen“, wie die Internationalistische Liste / MLPD zu den Bundestagswahlen plakatiert(e). Dafür müssen sie und ihr Jugendverband REBELL gestärkt werden!
Die Linkspartei steht auf dem Boden des modernen Antikommunismus, der Begriffe wie „Imperialismus“ nicht zulässt. Das Problem ist nur, dass der Imperialismus dadurch nicht verschwindet, sondern nur die Fähigkeit zum Kampf dagegen eingeschläfert wird. Die Friedensbewegung muss mit der kleinbürgerlich-pazifistischen und kleinbürgerlich-antikommunistischen Denkweise fertigwerden. Dazu verbreitet die MLPD das Buch „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und das Antikommunismus“ gerade auch unter Friedensfreunden. Sie wird den Wahlkampf nutzen, um über die wachsende Kriegsgefahr aufzuklären, die Kräfte des aktiven Widerstands zu stärken und die sozialistische Alternative zu Krisenchaos und imperialistischen Krisen zu verankern.