Rote Fahne 10/2021
Die Bakteriophagen-Therapie – eine medizinische Errungenschaft der sozialistischen Sowjetunion
Die damals noch sozialistische Sowjetunion entwickelte unter Stalin das bis dahin modernste kostenlose Gesundheitswesen der Welt
Das Gesundheitssystem wurde nach der Oktoberrevolution hart erkämpft gegen naturwüchsige Heilmethoden und vorherrschenden Aberglauben: Gebete und Wallfahrten, Wodkagurgeln gegen Halsschmerzen und so weiter.
Die kostenlose medizinische Versorgung war ein Grundrecht
In den Anfangsjahren des sozialistischen Aufbaus rafften verheerende Epidemien von Cholera, Typhus oder Pocken Millionen Menschen dahin. Der junge Staat baute verbunden mit einer breiten Aufklärungskampagne Erste-Hilfe-Stationen im ganzen Land auf. Schrittweise wurden flächendeckende Polikliniken errichtet. Das Recht auf kostenlose medizinische Versorgung wurde in der sowjetischen Verfassung von 1936 als eines der Grundrechte des sowjetischen Volkes festgeschrieben. Also in dem Jahr das laut antikommunistischer Hetze gegen Stalin angeblich das Jahr des größten Terrors gegen die Massen gewesen sein soll!?
Das Gesundheitswesen in der sozialistischen Sowjetunion legte einen großen Wert auf Prävention (Vorbeugung). Dazu gehörte die Impfung, die für Kinder wie auch für Erwachsene obligatorisch war. Ein System von Reha- und Fürsorgestellen behandelte Patienten. Mediziner und Wissenschaftler wurden angehalten, diese auch in ihrem täglichen Leben zu beobachten, um Krankenverläufe zu studieren und mögliche Gefahren zu verhindern, die sie durch Ansteckung für andere darstellen könnten. Das eingerichtete System der medizinischen Versorgung trug Früchte – besonders während des Großen Vaterländischen Krieges (1941–1945). Etwa 72 Prozent der verwundeten und 90 Prozent der kranken Soldaten konnten auf das Schlachtfeld gegen die faschistische deutsche Armee zurückkehren. Während Nazi-Ärzte Teile der Bevölkerung in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten mit tödlichen Infektionskeimen impften, um den Vormarsch der Roten Armee aufzuhalten, konnten deren Ärzte anschließend noch viele dem Tode geweihte Menschen retten. Das war kein Zufall.
Bakteriophagen-Therapie – eine Pionierarbeit gegen die faschistische Armee
Stalin machte sich persönlich stark, kompetente Mediziner zu fördern und zu unterstützen. In Georgien experimentierte der junge Biologe Georgi Eliava mit kurz vor dem I. Weltkrieg entdeckten Phagen. Das sind Viren, die sich – vereinfacht gesagt – von bestimmten Bakterien ernähren und dieselben dabei vernichten. Auf Einladung von Stalin wurde ihm Felix d‘Herelle vom Pasteur-Institut in Paris zur Seite gestellt. Beide wurden enge Freunde. Sie entwickelten gut 20 Jahre vor der Entdeckung des Penicillin die Bakteriophagen-Therapie – eine Pionierarbeit auf dem Gebiet der praktischen Anwendung von Viren. 1936 gründeten sie in Tiflis das bis heute bestehende Institut zur Forschung und Weiterentwicklung der Bakteriophagen-Theorie. Die von US-Pharmakonzernen diktierte westliche Medizin verhinderte, sich unbefangen mit den dort gewonnenen Erkenntnissen auseinanderzusetzen. Erst als Ende der 1990er-Jahre die massive Züchtung resistenter Keime durch einseitigen und übermäßigen Antibiotika-Einsatz bei Mensch und Tier die Mediziner in aller Welt aufschreckte, näherten sie sich kleinlaut wieder der Bakteriophagen-Theorie mit dem misstrauischen Beinamen als „Stalins Kur“1.
„Von den westlichen Fortschritten in der Antibiotikaherstellung der 1940er-Jahre abgeschnitten, entwickelten russische Wissenschaftler die bereits erfolgreiche Phagen-Therapie weiter, um die Wunden von Soldaten in Feldlazaretten zu behandeln. Während des II. Weltkrieges wurden in der Sowjetunion viele Soldaten mit Phagen behandelt, die an verschiedenen bakteriell verursachten Krankheiten wie zum Beispiel Dysenterie oder Gangränen litten. Die Erfolgsquote war, verglichen mit der jedes Antibiotikums, ebenso gut, wenn nicht besser. Russische Forscher entwickelten und verfeinerten ihre Behandlungsmethoden weiter und publizierten darüber. Wegen der Barrieren, die der Kalte Krieg der Wissenschaft entgegensetzte, wurde dieses Wissen jedoch nicht übersetzt und konnte nicht weltweit verbreitet werden. Eine Zusammenfassung dieser Veröffentlichungen ist nun auf Englisch erschienen: A Literature Review of the Practical Application of Bacteriophage Research.“2
Die Errungenschaften sind unbestreitbar
Noch heute werden von Antikommunisten die unbestreitbaren Errungenschaften der damaligen sozialistischen Wissenschaft bestritten, die eng mit dem Namen Josef Stalin verknüpft sind. Obwohl das weitere Schicksal von Georgi Eliava unbekannt ist, wird sein Name in den herkömmlichen Biografien damit verbunden, dass er wegen einer Liebschaft mit einer Frau, auf die ein führender Sowjetfunktionär scharf war, als Feind der Sowjetunion verhaftet und ‚wahrscheinlich‘ hingerichtet wurde. Sollte es so gewesen sein, muss man das verurteilen. Dem Antikommunismus geht es aber darum, eine ehrliche, offene Auseinandersetzung über den Sozialismus der Stalinzeit zu verhindern.