Rote Fahne 09/2021

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Mai-Aufruf des DGB: Solidarität ja – aber mit wem?

Solidarität ist ein großes Wort. Im Aufruf des DGB-Vorstands zum 1. Mai wird es mindestens sechsmal beansprucht, Überschrift nicht mitgerechnet. Solidarität ist tatsächlich eine Grundfrage in der Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung

Von (ako)
Mai-Aufruf des DGB: Solidarität ja – aber mit wem?

Für uns Arbeiter und Angestellte heißt Solidarität: Wir halten zusammen. In der Abteilung, wenn jemand gemobbt wird, halten wir gegen den Vorgesetzten zusammen, geben Ratschläge, sprechen Mut zu, unterstützen die Kollegin, den Kollegen. Wenn wir streiken, stellen wir persönliche Interessen zurück, um die gemeinsamen Interessen durchzusetzen. Durchzusetzen gegen jemanden, der da etwas dagegen hat: Gegen die Kapitalisten, die Unternehmen oder den Staat.

 

Soll man sagen, dass es ein Gebot der Arbeitersolidarität ist, die Tarifrunde 2021 nicht zu beenden, so lange die Angleichung der Osttarife und die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich im Osten nicht geschafft ist? Das kann man wohl sagen! Das steht im Mai-Aufruf der DGB-Spitze aber nicht drin.

 

„Nur gemeinsam mit allen Beschäftigten und mit Unternehmen, die ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und nicht auf schnelle Profite setzen, wird es uns gelingen, rasch die Krise zu überwinden“, steht da. Das verkehrt Solidarität ins Gegenteil: Nicht Arbeitersolidarität gegen die Ausbeuter – „Solidarität“ mit den Ausbeutern! Welche kapitalistischen Unternehmen schweben der DGB-Spitze denn vor? Etwa Daimler, Bosch, VW? Monopole, die sich in der Krise neben den Milliarden zusätzlicher Zuschüsse aus Steuergeldern auch noch kaltherzig am Kurzarbeitergeld bereichert haben – den Mitgliedsbeiträgen ihrer Beschäftigten zur Arbeitslosenversicherung! Die sich strikt weigern, befristet die Produktion herunterzufahren, um die Corona-Welle zu brechen, und die damit einen bedeutenden Beitrag zur Fortdauer der Pandemie leisten! „Solidarität“ gibt es dort allenfalls mit Aktionären, Vorständen und Banken, denen sie dicke Dividenden, Boni oder Aktienrückkäufe gewähren. Nur: Das ist nicht „Solidarität“, sondern Profitstreben!

 

Ist es nicht Missbrauch dieses Begriffs, als Gewerkschaftsspitze zum 1. Mai von „Solidarität“ mit den Krisenprofiteuren zu schwadronieren? Es grenzt an Kumpanei. Kumpanei mit Monopolen und Monopolverbänden, die ständig die Krisenlasten und ihren Konkurrenzkampf auf uns Arbeiter, Angestellten und unsere Familien abzuwälzen versuchen und die jetzt in übelster Kumpanei gegen unsere Kolleginnen und Kollegen im Osten opponieren.

 

Solidarität – das ist der Zusammenhalt der arbeitenden und unterdrückten Menschen gegen die Herrschenden. Solidarität – das ist Gewerkschaft. Nur so sind wir stark. Stark, um einen konzentrierten und konsequenten Lockdown durchzusetzen. Stark, um gleiche Arbeitsbedingungen und Löhne in Ost und West zu erkämpfen. Vor allem ist internationale Solidarität eine Stärke, die dabei hilft, dass die Arbeiterklasse und die Masse der Unterdrückten mit der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung Schluss machen.