Rote Fahne 08/2021

Rote Fahne 08/2021

Was ist eigentlich Ideologie?

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist heute der Begriff „Ideologie“ meist negativ besetzt. Demnach ist ein Ideologe ein weltfremder Theoretiker, der seine dogmatischen Auffassungen anderen aufzwingen will. Vornehmlich gegen Marxisten-Leninisten erheben bürgerliche Politiker den Vorwurf der „ideologischen Verbohrtheit“, während sie für sich selbst das angebliche Gütesiegel der „Ideologiefreiheit“ in Anspruch nehmen

Von (ar)
Was ist eigentlich Ideologie?
Im Kampf gegen die bürgerliche Ideologie entwickelten Marx und Engels die Weltanschauung der Marxisten-Leninisten – den dialektischen und historischen Materialismus, Foto: RF

Der Duden erklärt Ideologie1 als ein „an eine soziale Gruppe, eine Kultur oder Ähnliches gebundenes System von Weltanschauungen, Grundeinstellungen und Wertungen“. Ideologie ist also ein anderer Begriff für Weltanschauung. Was der Duden jedoch unterschlägt, ist die Tatsache, dass Weltanschauungen klassengebunden sind. Wie man die Vorgänge in der Welt sieht und bewertet, ist eng mit den gesellschaftlichen Verhältnissen, der Stellung in der Gesellschaft und den jeweiligen Interessen verbunden: Für den einen ist es ein „Naturgesetz“, dass es Arme und Reiche gibt, und er will, dass es so bleibt. Für den anderen ist das eine bodenlose Ungerechtigkeit und er tut alles dafür, sie aus der Welt zu schaffen.


Jetzt kann man einwenden: Dass die Leute verschieden denken und handeln, ist doch normal, was hat das mit Ideologie zu tun? Klar: „Jeder Mensch hat seine individuelle Weltanschauung, die sein Denken, Fühlen und Handeln prägt. Die individuelle Weltanschauung entsteht natürlich nicht aus dem Nichts, sondern ist selbst Produkt der gesellschaftlichen Entwicklung.“ 2


Das individuelle Denken wird geprägt von gesellschaftlich bestimmten Normen, Werten und Regeln. In allen Klassengesellschaften gab und gibt es die vorherrschende Ideologie der Herrschenden, die die gegebenen Verhältnisse rechtfertigt, und die Ideologie der beherrschten Klasse, die die bestehenden  Verhältnisse in Frage stellt. In der kapitalistischen Gesellschaft ist die bürgerliche Ideologie vorherrschend. Ihr steht die proletarische Ideologie, der wissenschaftliche Sozialismus, gegenüber.

 

Wenn jemand behauptet, er selbst sei „ideologiefrei“, dann ist das eine höchst ideologische Aussage: Folgt sie doch der bürgerlichen Ideologie, dass es in unserer Gesellschaft keine Klassen und keinen Klassenkampf mehr gäbe und alle im selben Boot säßen. Unter der Flagge der „Ideologiefreiheit“ wird also in Wirklichkeit die bürgerliche Ideologie verbreitet.


Bürgerliche Ideologie – im Interesse der Herrschenden

 

Es gibt vielfältige Varianten der bürgerlichen Ideologie. Eine davon ist der Positivismus. Er vertritt, dass nur das „positiv Gegebene“, also beobachtbare Dinge und Vorgänge, erkennbar sind. Erkenntnisse über die tieferliegenden Ursachen der Dinge schließt er als „unwissenschaftlich“ aus. Die Frage etwa, warum es Arme und Reiche auf der Welt gibt, ist nach positivistischer Denkmethode unzulässig. Ursachen kann man nicht beobachten. Was man nicht sieht, kann man auch nicht wissen. Solche selbstauferlegten Scheuklappen sind nun bestens geeignet, die Gesetzmäßigkeiten des kapitalistischen Gesellschaftssystems zu vertuschen und zu rechtfertigen. Da verwundert es nicht, dass einer der bekanntesten Vertreter des Positivismus, der Philosophieprofessor Karl Popper, 1965 von der Queen Elisabeth II. für seine Dienste zum Ritter geschlagen wurde!3


Proletarische Ideologie – kritisch und revolutionär

 

Die Weltanschauung der Marxisten-Leninisten ist der dialektische und historische Materialismus. Er vertritt den materialistischen Standpunkt, dass die Realität in Natur und Gesellschaft unabhängig vom Willen der Menschen existiert und sich in ständiger Entwicklung befindet. Dass der Mensch grundsätzlich in der Lage ist, mit der dialektischen Methode die Realität zu erkennen und sie entsprechend den Gesetzmäßigkeiten, die ihr zugrundeliegen, zu verändern. Dagegen spuckt der Chor bürgerlicher Ideologen und Antikommunisten Gift und Galle. „Weltfremd“ und „dogmatisch-verstaubt“ sei das. Dabei sind sie es, die am überlebten kapitalistischen System festhalten und den Lauf der Geschichte aufhalten wollen.


Bürgerliche Ideologie in der Krise

 

Weil die bürgerliche Ideologie in Form von theoretischen Lehrmeinungen unter den Massen immer weniger greift, bedienen sich die Herrschenden der kleinbürgerlichen Denkweise als einer Form der bürgerlichen Ideologie. Sie greift die kritische Infragestellung der gesellschaftlichen Verhältnisse scheinbar auf, ohne die Gesellschaft grundsätzlich in Frage zu stellen. Meinungen wie „Gegen die da oben kommst du nicht an“ oder „Als Arbeiter bist du doch immer der Dumme“ sind von der bürgerlichen Ideologie beeinflusst. Dabei sind diese Ansichten durch den Kampf der Arbeiterklasse schon tausendfach widerlegt. Der Kern der bürgerlichen Ideologie ist der Antikommunismus, mit dem sie die Arbeiterklasse vom Kampf um den Sozialismus abhalten will.

 

Gegen die Einflüsse der bürgerlichen Ideologie muss ein ständiger weltanschaulicher Kampf geführt werden. Die bürgerliche Ideologie befindet sich ebenso wie der Antikommunismus in der Krise. Darauf gehen wir in weiteren Artikeln in den nächsten Nummern ein.