Rote Fahne 06/2021

Rote Fahne 06/2021

„China ist heute eine ökonomische Supermacht“

Chinas Nationaler Volkskongress bekräftigte Anfang März das Ziel, zur führenden „Weltmacht“ zu werden. Wir veröffentlichen hier Auszüge aus einer aktuellen Analyse von Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD, zur tatsächlichen Entwicklung Chinas

Von Gabi Fechtner
„China ist heute eine ökonomische Supermacht“
Chinas Exporte 2020 – fast doppelt so viel wie die der USA. Foto: Elchinator / pixabay CC0

Wir können mittlerweile davon ausgehen, dass sich China zu einer ökonomischen Supermacht entwickelt hat. Es baut zudem seinen internationalen politischen Einfluss aus und rüstet gezielt in strategischen Bereichen (Flugzeugträger, Atomwaffen und so weiter) auf, auch wenn es in diesen Bereichen noch keine Supermacht ist.

 

Es steht noch deutlich hinter den USA, was den weltweiten militärischen und politischen Einfluss angeht. Ökonomisch hat China in verschiedenen Bereichen allerdings die USA bereits überholt. Exportierten die USA 2020 Güter in Höhe von 1,4 Billionen US-Dollar, so exportierte China Güter in Höhe von 2,6 Billionen US-Dollar1, fast das Doppelte. Das US-Handelsdefizit ist seit 2009 mit Ausnahme des Jahres 2013 beständig gestiegen und erreichte 2020 mit 916 Milliarden US-Dollar einen neuen Rekord.2 Die Weltbank gab 2018 für China eine industrielle Wertschöpfung von 5,5 Billionen US-Dollar an, für die USA 3,8 Billionen.3

 

Im Jahr 2000 hatten die USA noch 185 der 500 größten internationalen Übermonopole, inzwischen nur noch 121. Auch hier hat China seit 2019 die USA überholt mit 124 Übermonopolen unter den 500 größten. Unter den fünf größten Übermonopolen der Welt sind – berechnet nach Umsatz – inzwischen drei chinesische (Sinopec, State Grid, China National Petroleum).                     

 

Beim Aufbau von Freihandelszonen und Handelsblöcken gelang unter Führung Chinas mit dem RCEP-Pakt im November der größte Handelsblock der Welt aus 15 Ländern, in dem 2,2 Milliarden Menschen leben und die zu Beginn letzten Jahres 29 Prozent des weltweiten Handelsvolumens vertreten. Einst westliche Verbündete wie Australien, Neuseeland, Japan oder Südkorea gingen hier eine Allianz mit China ein.

 

China ist dabei, quantitativ und qualitativ seine imperialistischen Macht- und Einflusssphären global auszubauen. Mit der „Neuen Seidenstraße“ schloss China bereits über 170 bilaterale Verträge4 mit über 130 Ländern5, auch in traditionell transatlantischen Einflussgebieten, wie in Osteuropa und Südosteuropa, selbst Italien und Griechenland sowie Lateinamerika. Durch die angeblich so selbstlosen Investitionen verschulden sich die Länder – 23 afrikanische Länder haben zwischen 2000 und 2018 rund 150 Milliarden US-Dollar an Krediten von China erhalten.6 China hält 17 Prozent der Staatsschulden Afrikas.7

 

Militärisch ist China international im Vergleich zu den USA noch deutlich schwächer aufgestellt. China hatte 2019 mit 261 Milliarden Dollar den zweithöchsten Militärhaushalt (mit riesigem Abstand zu den USA mit 732 Milliarden Dollar) und die größte Armee der Welt mit 2,2 Millionen Soldaten. China provoziert kriegerische Scharmützel und Kriegsvorbereitungen, so an der chinesisch-indischen Grenze, im Südchinesischen Meer und mit Taiwan.

 

Die beginnende wirtschaftliche Belebung ist mit einer Ausbeutungsoffensive gegenüber der Arbeiterklasse und den breiten Massen in China verbunden. Die Widersprüche der chinesischen Gesellschaft entfalten sich und müssen früher oder später zu einem explosiven Ausbruch kommen. Der Klassenkampf wird sich beleben.

 

Bisher gelang es der sozialimperialistischen Führung jedoch anders als in den USA, dies noch zu verhindern. Dazu trug das bürokratisch-zentralistisch rigoros durchgezogene Krisenmanagement der Gesundheitskrise bei, das wiederum ein frühes Hochfahren der Wirtschaft erlaubte. Es ermöglicht den führenden chinesischen Monopolen einen viel direkteren Zugriff auf staatliche Förderung auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet und weniger Rücksichtnahme auf demokratische Gepflogenheiten. Das ist ein Vorteil im Konkurrenzkampf gegenüber Monopolen aus herkömmlichen staatsmonopolistischen Ländern.

 

Der chinesische Imperialismus beansprucht auch eine ideologische Führungsrolle mit besonderen sozialimperialistischen Lebenslügen, wie „machtpolitisch multipolar, methodisch multilateral, ideologisch pluralistisch“8. Scheinbar werden Anleihen bei Begriffen des Marxismus-Leninismus, Ideen von Mao Zedong und demokratischen Werten genommen und diese reaktionär umgedeutet. Für die relative politische Stabilität in China betreibt Chinas Staatspräsident Xi Jinping eine besondere Mischung aus revisionistischer Demagogie, sozialer Dämpfungspolitik und brutaler Unterdrückung aller Keime revolutionärer Organisierung.

 

Wir können sicherlich die Prognose aufstellen, dass sich die weltweiten ökonomischen, politischen, aber auch militärischen Kämpfe zunehmend noch stärker um diesen Kampf zwischen China und den USA konzentrieren werden. Dabei sind selbstverständlich auch die USA nicht zu unterschätzen, die sich die Rolle als einzige Supermacht nicht so einfach werden streitig machen lassen!