Rote Fahne 03/2021
Was sind die wahren Hintergründe der Anschaffung bewaffneter Drohnen?
Zurzeit wird in Berlin diskutiert, ob bewaffnete Drohnen angeschafft werden sollen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer behauptet, solche Drohnen seien zum Schutz der Soldaten da, besonders bei internationalen Einsätzen
Die SPD sorgte dafür, dass die Entscheidung über den Erwerb solcher Drohnen zunächst vertagt wurde. Sigmar Gabriel und Außenminister Heiko Maas – beide SPD – sprachen sich jedoch schon vehement für die Anschaffung dieser bewaffneten Drohnen aus. Hinter diesem Plan steckt jedoch weit mehr, als öffentlich diskutiert wird. Harald Neuber charakterisiert in seinem Aufsatz „Das sind die wahren Gründe im Streit um bewaffnete Drohnen“ vom 23. Dezember 2020 das Projekt so: „Es geht um das größte und gefährlichste Rüstungsvorhaben der europäischen Geschichte.“1
Er zitiert aus einem Dokument des französischen Parlaments, aus dem hervorgehe, dass „hinter der Aufrüstung von Drohnen … tatsächlich ein langfristiger internationaler Plan zur Entwicklung autonomer Rüstungsprojekte“ stecke. Es geht um das „Future Combat Air System“ (FCAS), „das Deutschland, Frankreich und Spanien in eine führende Position in der autonomen Kriegsführung bringen soll. Es geht um ein 500-Milliarden-Euro-Vorhaben, … um die Aufrüstung bis zum Jahr 2080.“ Eine Delegation des französischen Senats traf sich Anfang März 2020 unter anderem mit dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Helmich (SPD), und Vertretern der Grünen und der AfD mit dem Ziel, dass Anfang 2021 „eine neue Stufe begonnen werden (soll), um das Programm irreversibel zu machen“.
Auch Atombomben ...
In dem französischen Senatsbericht wird davon ausgegangen, „dass autonome Kriegsführung inzwischen ebenso realistisch ist wie autonomes Fahren.“ „Künstliche Intelligenz und damit verbundene, bisher kaum vorstellbare technologische Möglichkeiten, entwickeln sich rasant. Dadurch würden in absehbarer Zeit vollautonome Kampfdrohnen möglich … Auch die Koordination von Gruppen autonomer Agenten mache rasante Fortschritte:
Trainingsalgorithmen für autonome Drohnenschwärme, die als Team beispielsweise einen Waldbrand löschen, sich aufeinander abstimmen und miteinander kommunizieren, sind heute vorhanden.“ Man befinde sich zwar bei der Koordination autonomer und menschlich gesteuerter Systeme noch im Bereich der Grundlagenforschung. Aber auch hier seien ein rascher Erkenntnisgewinn und entsprechende Anwendungsmöglichkeiten zu erwarten. Ziel dieser neuen Qualität von Aufrüstung ist Folgendes: „Die Waffensysteme des FCAS – dabei geht es um bemannte oder unbemannte Kampfflugzeuge, die von Drohnenschwärmen begleitet werden – müssten … in der Lage sein, sowohl die französische(n) Atomwaffen als auch die von Deutschland implementierte(n) NATO-Atomwaffe(n) zu tragen.“
Hier geht es um die Vorbereitung auf direkte militärische Auseinandersetzungen mit imperialistischen Konkurrenten. Das geht aus der propagandistischen Begründung für diese Rüstungsvorhaben klar hervor: „Angesichts der beschleunigten Entwicklung dieser Technologie durch unsere Gegner müssen wir bereit sein, in Zukunft auf Länder zu reagieren, die nicht immer die ethischen und rechtlichen Normen einhalten, die Frankreich und seine Verbündeten achten und weiterhin achten wollen.“ (Eine Umschreibung für Länder wie Russland und China.) Gleichzeitig wird schon an einer scheinbar völkerrechtlichen Rechtfertigung für diese Kriegsvorbereitungen gearbeitet: „Gleichzeitig müssen die internationalen Beratungen fortgesetzt werden, um in Übereinstimmung mit unserer Ethik und den Grundsätzen des humanitären Völkerrechts einen klaren Rechtsrahmen für diese Fragen zu entwickeln.“
Im Klartext: Während offiziell behauptet wird, es ginge bei der Anschaffung bewaffneter Drohnen „lediglich“ um eine defensive Strategie zum Schutze der Soldaten im Einsatz, wird in Wirklichkeit an einer neuen Angriffswaffe geforscht und geplant, um mit Hilfe künstlicher Intelligenz bewaffnete Drohnenschwärme zu entwickeln, die sogar Atomwaffen tragen können, was eine neue Art militärischer Angriffsstrategien darstellen würde. Da will Frankreich im Bündnis mit Deutschland führend sein.
Allerdings wird in der französischen Regierung die öffentliche Diskussion in Deutschland (und natürlich auch in Frankreich) gefürchtet. Dadurch, dass in Deutschland Auslandseinsätze und zentrale Rüstungsvorhaben im Parlament diskutiert werden und damit auch eine gewisse Öffentlichkeit verbunden ist und Rüstungsexporte sowieso ein „heikles Thema“ in der deutschen Öffentlichkeit seien, sei mit einem verstärkten Widerstand in Deutschland zu rechnen. Es ist Aufgabe der Friedensbewegung, die Hintergründe dieses Aufrüstungsprogrammes noch sehr viel intensiver zu recherchieren und eine breite Öffentlichkeitsarbeit dagegen zu entwickeln.