Rote Fahne 26/2020

Rote Fahne 26/2020

Ernährungsbranche Ost: In der Wirtschafts- und Corona-Krise kann man kämpfen

Trotz Corona-Pandemie haben sich gewerkschaftliche Aktionen und Streiks in der Ernährungsbranche in Ostdeutschland dieses Jahr deutlich belebt

Von (bf)
Ernährungsbranche Ost: In der Wirtschafts- und Corona-Krise kann man kämpfen
Hier geben die Arbeiter „ihren Senf dazu“ – bei Bautz’ner Senf hat die NGG gestreikt, Foto: Frank Vincentz / CC BY-SA 3.0

Am 28. November berichtete zeit-online über zunehmende Arbeitsniederlegungen in der Ernährungsbranche: „Allein 2020 sind es im Osten so viele gewesen wie seit rund 25 Jahren nicht mehr: 80 Arbeitsniederlegungen … bei Bautz’ner Senf, bei Unilever Knorr in Auerbach, beim Ölwerk Cargil in Riesa, beim Frosta Tiefkühlwerk Lommatzsch. Bei der Mitteldeutschen Erfrischungsgetränke GmbH und bei Homann Feinkost ebenso wie in der sogenannten Systemgastronomie bei McDonalds in Magdeburg oder Autogrill in Eisenach. Einige dieser Aktionen waren Warnstreiks. Der Streik bei Knorr in Auerbach jedoch dauerte über 100 Stunden, der bei Bautz’ner fast zwei Wochen. In den meisten dieser Betriebe war nie zuvor die Arbeit niedergelegt worden.“

 

Aktuell kämpft die 150-köpfige HARIBO-Belegschaft in Wilkau-Haßlau bei Zwickau mit ihrer Gewerkschaft NGG1 gegen die geplante Schließung des gesamten Werkes2. Am 6. November hatte das Unternehmen – das für sich in Anspruch nimmt, „Kinder froh“ zu machen – eiskalt den Schließungsbeschluss für Ende Dezember verkündet. Fast 15 000 Menschen haben inzwischen eine Petition3 gegen den Kahlschlag unterzeichnet, vielfältige kämpferische Protestaktionen wurden organisiert und es entwickelt sich die regionale und bundesweite Solidarität.

 

Die NGG hat in Ostdeutschland 35000 Mitglieder. Gerade weil es sich um eine Gewerkschaft in einer Branche handelt, die in der Vergangenheit weder durch größere kämpferische Aktionen noch durch eine hohen Organisationsgrad aufgefallen wäre, verdient diese Entwicklung Beachtung. Zumal die Aktivitäten mitten in der bislang tiefsten Weltwirtschafts- und Finanzkrise – vertieft durch die Corona-Pandemie – stattfinden. Es zeigt, dass sich das gewerkschaftliche Bewusstsein nicht nur in den großen Industriebranchen festigt und teils entwickelt.

 

Besondere Bedeutung hat dies für Ostdeutschland, wo der gewerkschaftliche Organisationsgrad mit 12,1 Prozent niedriger als im Westen (14,1 Prozent) ist. Das zeigt, welches Potenzial eine kämpferisch orientierte Gewerkschaftsarbeit hat und dass weder Wirtschaftskrise noch Corona-Krise ein Grund sind, auf gewerkschaftliche Kampfaktionen zu verzichten und kleinbeizugeben. Kämpferische und positive Gewerkschaftsarbeit lässt sich daran messen, ob wirklich die Interessen der gesamten Arbeiterklasse, ihrer Jugend und ihre wachsende Organisiertheit im Blick ist, ohne jede antikommunistische Ausgrenzung.

 

Die MLPD setzt sich in ihrer Kleinarbeit für die Stärkung der Gewerkschaften als Kampforganisationen ein. Denn die Stärke der Arbeiter ist ihre Organisiertheit. Im gewerkschaftlichen Kampf machen die Arbeiterinnen und Arbeiter wichtige Erfahrungen, darunter auch, dass der gewerkschaftliche Kampf im Kapitalismus an seine Grenzen stößt. Deshalb ist es der MLPD wichtig, die Arbeiterinnen und Arbeiter darüberhinaus vor allem für den Kampf um den echten Sozialismus zu gewinnen.