Rote Fahne 22/2020
Neuer Pakt zu Migration und Asyl – ein menschenverachtender Teufelspakt
Am 23. September stellte die deutsche EU-Präsidentin Ursula von der Leyen diesen Pakt zur Verschärfung des Asylrechts in der EU vor – ein Beitrag von Rechtsanwalt Roland Meister
Kernpunkt ist das reaktionäre Vorhaben, beschleunigte Asylverfahren direkt an den Außengrenzen der EU in Verbindung mit sofortigen Abschiebungen durchzuführen. Das verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und – in Deutschland – gegen das Grundgesetz: Bereits an der Grenze soll teilweise über die Asyl- beziehungsweise Schutzberechtigung entschieden werden.
Es ist ein reaktionärer „Teufelspakt“ – die menschenverachtende imperialistische Antwort auf die humanitäre Katastrophe von Moria. Während eine breite Massenbewegung eine radikale Veränderung der EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik fordert, ist der nun vorgestellte Entwurf ein krasses Gegenteil dazu. Alle Flüchtlinge, die – so die Bezeichnung der EU – „irregulär eingereist“ sind, sollen künftig einer umfassenden Identifizierung und Registrierung unterzogen werden, ferner einer Sicherheitsüberprüfung und einem Gesundheitscheck. Ausdrücklich soll Flüchtlingen der Zugang zum normalen Verfahren verwehrt werden, die „ein Sicherheitsrisiko darstellen“. Dies richtet sich auch gezielt gegen fortschrittliche und revolutionäre Kräfte, die in ihren Ländern gegen dikatorische Regimes kämpfen und unter dem Vorwand der „Terrorismusbekämpfung“ verfolgt werden. Nur diejenigen, die nicht bereits in diesem Stadium abgelehnt werden, können dann ein sogenanntes „normales Asylverfahren“ durchlaufen. Alle anderen droht die sofortige Abschiebung. Dazu werden durch staatliche/EU-Sicherheitskräfte kontrollierte Internierungslager gebaut, wie es gegenwärtig beispielhaft in Moria geschehen soll. Bereits jetzt ist in den Internierungslagern an den Grenzen faktisch keine unabhängige anwaltliche Vertretung und Beratung von Flüchtlingen möglich. Die Bundesregierung und deren Innenminister Seehofer unterstützen diese Pläne ausdrücklich.
Während abgelehnte Asylbewerber möglichst schnell abgeschoben werden, soll für die übrigen dann eine Verteilung auf andere EU-Staaten folgen. Diese könnten freiwillig Flüchtlinge übernehmen. Diejenigen, die sich hier weigern (vor allem in Osteuropa) können erklären, dass sie aktiv bei den Abschiebungen „helfen“. Wählt ein EU-Land innerhalb dieser Verpflichtung die „Abschiebe-Patenschaft“, so ist für eine bestimmte Zahl von abzuschiebenden Flüchtlingen aus einem anderen EU-Land verantwortlich, um diesen zu „helfen“. Faschisten wie der ungarische Präsident Orban werden auf Geflüchtete losgelassen. Positive Begriffe der Solidarität wie „Hilfe für die Flüchtlinge“ oder „Patenschaft“ sollen überdecken, dass es hier um Vereinbarungen zur effektiveren Verwirklichung des Abschiebeterrors geht. Die EU-Kommission will dazu einen eigenen „Rückführungskoordinator“ schaffen – auch wieder eine harmlose Umschreibung für eine Funktion, die die Repression gegen Flüchtlinge vorantreiben soll.
Gleichzeitig sollen nach diesem Plan für einen Teil der Flüchtlinge und Migranten die Möglichkeiten legaler Zuwanderung nach Europa forciert werden, um den erheblichen Bedarf an Arbeitskräften (so auch im Bereich Kranken- und Altenpflege) und die Profitinteressen des Kapitals zu befrieden. Der neue „Pakt“ soll bis Anfang 2023 Gesetzeskraft erlangen.
Es gilt, diesen reaktionären Pakt zu Fall zu bringen und mit dem Kampf um den Erhalt und die Erweiterung des Asylrechtes und der demokratischen Rechte und Freiheiten der Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten verbinden.