Rote Fahne 20/2020

Rote Fahne 20/2020

Sexuelle Gewalt: Faschisten verbreiten Pogromstimmung

Immer deutlicher wird das Ausmaß der sexuellen Gewalt gegen Kinder. Ultrarechte und Faschisten missbrauchen das für reaktionäre Kampagnen

Von (tn)
Sexuelle Gewalt: Faschisten verbreiten Pogromstimmung
Sexuelle Gewalt an Kindern – brennendes Thema, das auch politisch missbraucht wird, Foto: Gerd Altmann auf Pixabay

Die MLPD hat sich stets dafür eingesetzt, dass diese Taten lückenlos aufgedeckt und konsequent verfolgt werden. Notwendig ist eine Bestrafung der Täter, die der Schwere ihrer Taten entspricht. Diese Verbrechen haben teilweise lebenslange Folgen für Körper und Psyche der Betroffenen, in ihren extremen Formen stellen sie langjährige Folter dar und sind in ihrer Bedeutung nicht weit von Mord entfernt. Ohne diese Taten in irgendeiner Weise zu entschuldigen, weist die MLPD zugleich darauf hin, dass der gesellschaftliche Hintergrund in der Allgemeinen Krise des Kapitalismus und der mit ihr zusammenhängenden Denkweise liegt.

 

Während dies in den bürgerlichen Medien weitgehend ausgeblendet wird, haben Rote Fahne und Rote Fahne News in mehreren Artikeln darauf hingewiesen, dass die menschenverachtende Behandlung der Sexualität von Frauen und Kindern als Ware mit erzielten Milliardenprofiten keineswegs eine kriminelle Randerscheinung sind. Vielmehr reicht die Verstrickung oft bis in höchste Kreise der Gesellschaft, wie sich am Fall von Marc Dutroux in Belgien in den 1990er-Jahren zeigte, oder aktuell am Fall des US-Investmentbankers Jeffrey Epstein, der 2019 unter mysteriösen Umständen im Gefängnis starb.

 

Dagegen versuchen ausgerechnet rechte, reaktionäre und faschistoide Kreise, dieses Thema auf unterschiedliche Art und Weise für sich zu instrumentalisieren.


AfD will Rückkehr zu repressiver Sexualerziehung

 

Die AfD stellte einen entsprechenden Antrag im Bundestag und nutzte dies, um die Rückkehr zur repressiven Sexualerziehung der 1950er-Jahre zu fordern. Diese Forderung ist ungeheuerlich: Jede moderne Sexualerziehung, die selbstverständlich schon zur Kita gehören muss, soll unter Strafe gestellt werden. Kinder, die solchermaßen bei der Entwicklung und Förderung ihrer Sexualität alleine gelassen werden, werden viel eher Opfer sexueller Gewalt, als Kinder, die gelernt haben, sich und ihren Körper, ihr eigene – auch sexuelle – Selbstbestimmung selbstbewusst zu verteidigen. Dahinter steckt auch eine besonders reaktionäre Vorstellung von der bürgerlichen Familienordnung, in der es bei der Sexualität vor allem um die Zeugung von (gesunden) Kindern geht.


Faschisten machen Stimmung gegen Flüchtlinge

 

Noch übler sind die Kampagnen der offenen Faschisten. Sie inszenieren Pogrom-Stimmungen gegen tatsächliche oder vermeintliche Sexualstraftäter, organisieren Demonstrationen mit den Parolen „Todesstrafe für Kinderschänder“, rufen offen zur Selbstjustiz auf (eine Nazi-Band singt: „Nur Euer Tod kann Kinder schützen“) und spielen sich auf als „Beschützer der Volksgemeinschaft“. Sie nutzen dabei Bilder von Kindern, die „unschuldig“ und „rein“ sein sollen und natürlich blond und blauäugig sind. Zu ihrer „Volksgemeinschaft“ gehören nur (Bio-) Deutsche, die „Kinderschänder“ sind in ihren Augen „Abartige“, die aus der „Volksmeinschaft ausgemerzt“ werden müssen. Obwohl jede Untersuchung zeigt, dass sexuelle Gewalt in der ganz großen Mehrheit im engsten Familien- und Bekanntheitskreis stattfindet, versäumen die Faschisten keine Gelegenheit, Migranten und insbesondere Geflüchtete dafür verantwortlich zu machen. Wann immer ein Angehöriger dieser Bevölkerungsgruppen eine Sexual-Straftat begeht, nutzen sie die berechtigte Empörung über dieses Verbrechen aus, um für ihren Wahn von der „deutschen Volksgemeinschaft“ zu werben und Hass auf alle Geflüchteten zu schüren. Dabei häufen sich Fälle faschistischer Straftaten, bei denen auch die Verstrickung der Täter in sexuelle Gewalt an Kindern bekannt wird. Auf dem PC von NSU-Mitglied Beate Zschäpe fanden Ermittler kinderpornografisches Material. Der Neofaschist und V-Mann des „Verfassungsschutzes“ Tino Brandt wurde 2014 wegen Kindesmissbrauch zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Von der menschenverachtenden faschistischen Denk- und Handlungsweise ist es nicht weit zu solchen Taten.


Wichtige Aufgabe des antifaschistischen Kampfs

 

Diese perfide Masche ist nicht zu unterschätzen. Es kommt ihnen darauf an, die Wut von rückständigen Teilen der Massen über Missstände und Krisen in der kapitalistischen Gesellschaft auf „Abartige“, „Ausländer“ und „Flüchtlinge“ zu lenken. Wo immer Faschisten so auftreten, muss ihnen entschlossen entgegengetreten werden. Das ist eine wichtige Aufgabe im möglichst breiten Zusammenschluss antifaschistischer Kräfte. Weil die dahinter stehende reaktionäre und faschistische Weltanschauung bei einem Teil der Menschen durchaus noch Wirkung zeigt, darf die Auseinandersetzung damit dabei nicht vernachlässigt werden.

 

Der Kampf gegen die sexuelle Gewalt an Kindern und Frauen muss Bestandteil des Kampfes um Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung sein. Alle davon Betroffenen zu ermutigen, sich diesem Kampf in all seinen Formen anzuschließen, ist von großer Bedeutung.