Rote Fahne 20/2020

Rote Fahne 20/2020

Grippe-Impfung zweckmäßig?

Die Frage der Impfungen stellt sich in diesem Herbst mit einer besonderen Brisanz: Durchaus vorstellbar ist nämlich ein Anstieg sowohl der Covid-19-Infektionen wie auch eine Grippe-Epidemie in der kalten Jahreszeit

Von Dr. Günther Bittel
Grippe-Impfung zweckmäßig?
Grippe-Impfung ja oder nein? Eine Frage, die dieses Jahr besonders viele beschäftigt, Foto: tomwieden / Pixabay-License

Unterscheiden muss man hier die „echte Grippe“ oder „Influenza“ von sogenannten „grippalen Infekten“, die durch andere Atemwegs-Viren hervorgerufen werden und in der Regel harmlos sind. Das Influenza-Virus hat verschiedene Stämme (Subtypen) und mutiert von Jahr zu Jahr. Deswegen muss auch in jedem Jahr wieder neu geimpft werden.

 

Die Aggressivität der Influenza-Viren variiert auch von Jahr zu Jahr. Der bisher aggressivste Verlauf war die Pandemie durch die „Spanische Grippe“. Diese verlief in drei Wellen von 1918 (also der Endphase des I. Weltkrieges) bis 1920, traf auf Millionen entkräfteter und unterernährter Menschen und forderte mehr als 20 Millionen Menschenleben. Der I. Weltkrieg selbst forderte 17 Millionen Todesopfer.

 

Die letzte schwere Influenza-Welle in Deutschland ereignete sich 2017/2018 mit etwa 25 000 Todesfällen. Es war die schwerste Grippewelle seit 30 Jahren. Bei milderen Influenza-Verläufen liegen die Todesfälle bei wenigen Hundert.1 Diese Unterschiede sollte man nicht vergessen, wenn die verschiedensten Corona-Verharmloser behaupten, die Grippe sei doch schlimmer.

 

Bei der Influenza kann es ebenfalls zu schweren Lungenentzündungen kommen, ebenso dann zu Herzmuskelentzündungen (Myokarditis), mit tödlichen Komplikationen, wenn man sich nicht richtig auskuriert. Auch die Myeloenzephalitis/chronisches Müdigkeitssyndrom kann nach einer Grippe auftreten. Hier gibt es Parallelen von Influenza und Covid-19.


Empfehlung

 

Wir empfehlen deswegen grundsätzlich für Menschen mit Risiken die Impfung gegen Influenza und gegen die bakterielle Lungenentzündung durch Pneumokokken. Letztere muss nach sechs Jahren wieder auftgefrischt werden. Als Risiken gelten insbesondere: Asthma, COPD, Herzkreislauf-Krankheiten, Diabetes, Menschen mit immunsupressiver Behandlung (Rheuma, Krebs, Autoimmunkrankheiten), Schwangere, Menschen in Heimen, über 60-Jährige und Menschen mit hoher beruflicher Exposition (Gesundheitswesen, Verkäuferinnen usw.). Der Pferdefuß: Das sind in Deutschland 40 Millionen, und zur Verfügung stehen für die Saison 2020/2021 gerade 25 Millionen Impfungen, darunter schon 5 Millionen aus der „nationalen Impfreserve“. Hier zeigt sich, was das hohle Getöse eines Gesundheitsministers Jens Spahn wert ist, der öffentlich verkündete, alle Kinder sollen sich gegen Grippe impfen lassen. Dem widersprach der Berufsverband der Kinderärzte. Zurecht weisen andere Fachgesellschaften darauf hin, dass die Risiko-Patienten Vorrang hätten.2 Auch die Schutzwirkung der Influenza-Impfung schwankt von Jahr zu Jahr, in der Saison 2016/2017 lag sie unter 50 Prozent.3 Man kann also geimpft sein und doch noch Influenza bekommen! 48 Stunden nach der Impfung braucht man Ruhe, sonst steigt die Gefahr, dass andere Virusinfekte durchkommen. Bei schwereren Infekten, vor allem bei Fieber, darf nicht geimpft werden.


In diesem Sinne – alles Gute und gesund bleiben!