Rote Fahne 13/2020

Rote Fahne 13/2020

„Die Parteien brauchen in dieser Zeit sehr enge Beziehungen“

Ibrahim Cicek ist Journalist, der intensiv über die MLKP recherchiert hat und deshalb mit der Materie sehr vertraut ist. Verschiedentlich wurde er auch in MLKP-Verfahren angeklagt und in der Türkei zu vielen Jahren Gefängnis verurteilt. Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir Auszüge eines Interviews mit ihm beim 25. Geburtstag der MLKP im Oktober 2019

Von Monika Gärtner-Engel
„Die Parteien brauchen in dieser Zeit sehr enge Beziehungen“
Die MLKP auf der Lenin-Liebknecht-Luxemburg-Demonstration in Berlin. Foto: RF

Monika Gärtner-Engel: Was ist die Botschaft der MLKP an die revolutionären Parteien der Welt aus Anlass ihres Geburts­tages?

 

Ibrahim Cicek: Die Parteien brauchen in dieser Zeit sehr enge Beziehungen untereinander. Sie müssen Wege schaffen, über die sie voneinander lernen können. Sie müssen engere Beziehungen entwickeln, um die internationale Organisierung zu entwickeln und zu stärken. Das ist die Herangehensweise der MLKP.

 

Wie siehst du das Verhältnis zwischen der Unterstützung der MLKP für die „Revolution in Rojava“ und dem internationalen Klassenkampf der Arbeiterklasse?

 

Wichtig ist, dass eine gegenseitige Einflussnahme stattfindet. In den imperialistischen Ländern ist und bleibt das Proletariat die Vorhut der die Gesellschaft verändernden Kräfte. Die Kräfte in Rojava führen ihre Revolution unter ihren Bedingungen durch, und die Beziehung zwischen diesen beiden Kräften muss sich als eine gegenseitige fruchtbare Beziehung ent­wickeln. Sie brauchen einander. Aber beide müssen sich verändern und sich entwickeln, sie müssen voneinander lernen und voranschreiten.

 

Wie positioniert sich die MLKP zur ICOR, in der sie aktives Mitglied ist?

 

Die ICOR ist eine revolutionäre und anti­imperialistische Organisation. Es sind sehr viele verschiedene Organisationen, sehr viele ideologische Richtungen in ihr vertreten. Diese Zusammenarbeit ist eine Art Übergangszeit für den Aufbau einer Internationalen. Solche Organisationsformen sind sehr notwendig. Es gibt unterschiedliche Perspektiven, aber diese unterschiedlichen Herangehensweisen und Ansichten hindern sie nicht daran, gemeinsam gegen den Faschismus zu kämpfen. Darum vertritt die MLKP die Ansicht, dass solche Organisierungen in der heutigen Zeit den Kampf stark nach vorne tragen werden. Aber die Frage der Notwendigkeit einer Internationalen ist eine heute noch ungelöste Frage.

 

Der letzte Parteitag der MLKP hat auch wichtige Beschlüsse zur Frauenfrage und zu Frauen­strukturen gefasst. Kannst du kurz zusammenfassen, wie du das als Beobachter siehst?

 

Die Zeit zwischen dem 5. Parteitag der MLKP, auf dem die Gründung einer innerparteilichen Frauenorganisation erstmals beschlossen wurde, bis zum 6. Parteitag war quasi eine Gründungsphase der KKÖ (Kommunistische Frauenorganisation – Anm. d. Red.). Das Programm der Frauenrevolution wurde als ein wesentlicher Bestandteil für den Weg zum Kommunismus im Programm der MLKP aufgenommen. Orga­nisatorisch wurden auch Diskussionen geführt für eine Gleichheit in der Leitung, wie zum Beispiel durch den Ko-Vorsitz, und auch in der gesamten Parteistruktur.

 

In unserer Zusammenarbeit haben wir immer wieder wichtige ideologisch-politische Auseinandersetzungen geführt, zuletzt über die Position der neuimperialistischen Länder. Welche Rolle misst die MLKP der theoretischen Arbeit für die zukünftige Entwicklung bei?

 

Zwischen 1960 und 1990 gab es Parteien, die Theorien und Strategien als vorgegeben übernahmen. Die MLKP hat das kritisiert. Insbesondere unter den neuen Bedingungen des Marxismus muss es heute so sein, dass alle Parteien die Aufgabe haben, theoretische Arbeit zu entwickeln und mit anderen Parteien theoretische Fragen zu diskutieren. So gab es manchmal die Möglichkeit für die MLKP, mit Stefan Engel zu diskutieren. Die MLKP verfolgt alle Publikationen der MLPD, die Entwicklung auch eurer theoretischen Arbeit und beurteilt sie als sehr wichtig. Danke dafür an euch!

 

Seit 25 Jahren hat die MLKP sich immer bemüht, eine theoretische Strategie zu entwickeln, sei es im Frauenbefreiungskampf, sei es in der vereinigten Revolution, in der Bildung von Bündnissen, verschiedenen Fragen, wie die nationale Frage, im­perialistische Globalisierung, Parteimodell und Parteiorganisationsstrukturen. Zu all diesen Fragen hat sie eigene Perspektiven und eigene Standpunkte entwickelt. Sie ist an den Marxismus-Leninismus gebunden, aber zu manchen Themen muss man Untersuchungen durchführen und auf die neuen Bedingungen und Entwicklungen Antwort geben. Die MLKP will sich auch viel mehr Mühe geben, die Beziehung mit anderen Parteien dahingehend zu entwickeln. Die MLKP ist der Meinung, dass die ICOR noch praktischer werden sollte, um auf aktuelle Fragen noch viel mehr Antworten geben zu können.

 

Vielen Dank für das Interview.