Rote Fahne 13/2019
„Das Trinkwasser von Millionen Menschen ist gefährdet“
Jürgen Pfeiffer aus Marl ist Chemiker und Wasserfachmann. Er ist bei der Marler Bürgerversammlung gegen Verfüllung und Flutung der Zeche Auguste Victoria aktiv. Die Rote Fahne sprach mit ihm am Rande der Demonstration am 15. Juni in Bottrop
Rote Fahne: Aus welchem Grund nimmst du heute an der Demonstration teil?
Jürgen Pfeiffer: Ich bin auch Mitglied bei Kumpel für AUF. Bei Gelsenwasser habe ich Wasserchemie gelernt, bin dann zu Auguste Victoria gewechselt und habe dort als Angestellter gearbeitet. Ich weiß, dass viel Giftmüll unter Tage ist, vor allem PCB, aber auch Dioxin oder Benzol. Seit vier Wochen schafft die RAG auf dem Bergwerk von Ennepetal Tatsachen. Die Pumpen in 1200 Meter Tiefe wurden abgestellt. Die RAG macht das aus reiner Profitgier, um die für die Wasserhaltung notwendigen Arbeitsplätze einzusparen.
Jetzt steigt das Grubenwasser an. Früher oder später werden das krebserregende PCB und andere Giftstoffe in die Lippe und in den Rhein gelangen. Aber auch in die Halterner Sande und von da aus in die Brunnen von Gelsenwasser, aus denen Millionen Menschen im Ruhrgebiet ihr Trinkwasser beziehen. Viel mehr Menschen würden dadurch an Krebs sterben.
Du klagst im Auftrag der Bürgerversammlung auch gegen die RAG1. Wie entwickelt sich diese Auseinandersetzung?
Die RAG soll verurteilt werden, alle Maßnahmen zu unterlassen, die dazu führen, dass PCB oder andere untertägig befindliche Giftstoffe in den Trinkwasserkreislauf gelangen. Das Landgericht Bochum hat bereits eine Beweiserhebung dazu angeordnet und ein Gutachten in Auftrag gegeben. Damit hat es uns ernsthafte Erfolgsaussichten bescheinigt. Entscheidend ist aber der gemeinsame Widerstand. Vor allem die Jugendlichen, aber auch die Menschen allgemein müssen über die großen Gefahren aufgeklärt werden.
Was macht ihr dazu?
Wir haben schon unheimlich viel auf die Beine gestellt. Zwei Jahre lang haben kämpferische Proteste die Zechenflutung verhindert. Dabei machen alle mit, die eine Rechnung mit der RAG offen haben: Bergleute und ihre Familien, Kinder und Rentner, Waldschützer und Anwohner einer Halde, wo die RAG Sondermüll deponieren will. Wir haben das Thema in die Zeitungen, teilweise auch ins Fernsehen gebracht. Vor allem das Fernsehen müsste viel mehr darüber berichten.
Wie muss es weitergehen?
Die Flutung der Zechen muss unbedingt gestoppt werden. Auf Kosten der RAG müssen Giftstoffe fachgerecht entsorgt werden. Die Wasserhaltung muss bis auf 1200 Meter Tiefe bleiben. Das schafft und erhält Arbeitsplätze. Wir brauchen auch in Zukunft junge und erfahrene Bergleute, um die Schachtanlagen in Ordnung zu halten. Umweltschutz und Arbeitsplätze gehören fest zusammen.
Danke für das informative Gespräch!