Rote Fahne 12/2019

Rote Fahne 12/2019

Massenentlassung im Bergbau – Demonstration am 15. Juni

Jahrelang wurde den Bergleuten erzählt, dass die Stilllegung des deutschen Steinkohlebergbaus „sozialverträglich“ durchgeführt wird, „keiner ins Bergfreie fällt“. Jetzt hat die RAG die betriebsbedingte Kündigung von 200 Kumpels zum 31. Juni angekündigt

Von gp / Gelsenkirchen (Korrespondenz)
Massenentlassung im Bergbau – Demonstration am 15. Juni
Bergleute haben viele Rechnungen mit der RAG offen – Demonstration in Essen, März 2019 (Foto: RF)

Zu keinem Zeitpunkt war die Vernichtung von Arbeitsplätzen im Bergbau „sozialverträglich“. Die RAG1 hat in den letzten 20 Jahren durch die Schließung der Zechen über 80.000 Arbeitsplätze vernichtet. Ein Grund für den Anstieg der Massenarbeitslosigkeit und der Armut im Ruhrgebiet.

 

Eine unglaubliche Frechheit ist, wenn der Sprecher der RAG behauptet, die Bergleute seien selbst schuld, denn sie „hätten alle Angebote des Unternehmens ausgeschlagen, zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln“ (WAZ, 1. 6. 2019). Dem widerspricht auf Nachfrage Rechtsanwalt Frank Stierlin von der Kanzlei Meister & Partner in Gelsenkirchen. Die Wahrheit ist: Es gibt Kumpels, denen teilweise nur noch wenige Wochen fehlen, um in den Vorruhestand – im Bergbau „Anpassung“2 genannt – gehen zu können. 30 Jahre Knochenarbeit – und jetzt kurz vor der Anpassung soll ihnen noch gekündigt werden. Das bedeutet: statt Vorruhestand mehr als 17 Jahre weiterarbeiten oder in Arbeitslosigkeit und Hartz IV verbringen. Das ist Kapitalismus ungeschminkt.

 

Jüngere Kumpel werden in Leiharbeitsfirmen abgeschoben. Jeder weiß, dass das für viele der Umweg in die Arbeitslosigkeit ist. „Als Arbeiter verkauf’ ich doch nicht meinen Arbeitsplatz! Hauptsache, die RAG steht gut da“, empört sich zu Recht ein Kumpel. Will die RAG allen Ernstes erzählen, dass sie die 200 Kumpels im Konzern nicht unterbringen kann? Die RAG-Stiftung hat 2018 ihren Gewinn um 454 Millionen Euro gesteigert und Rücklagen von 7,3 Milliarden angehäuft. Es gibt im Rückbau der Zeche Prosper noch jede Menge Arbeit.

 

Ein völliges „No Go“ in der Arbeiterbewegung ist es, wenn der Vorsitzende der IC BCE, Michael Vassiliadis, in der WAZ vom 3. Juni den Kumpels vorwirft, „die bewährte Solidargemeinschaft“ im Bergbau aufzukündigen. Es ist Vassiliadis, der den Arbeitern in den Rücken fällt. Mit seiner Klassenzusammenarbeitspolitik ist er in der SPD fast 40 Jahre lang gut gefahren. Jetzt kündigt die RAG diese bisher auch von ihr sorgsam gepflegte Klassenzusammenarbeitspolitik mit den betriebsbedingten Kündigungen auf.

 

Etliche Bergleute hoffen darauf, ihre Rechte auf dem Klageweg durchsetzen zu können. Alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen ist richtig, kann aber den harten und gemeinsam organisierten Kampf der Arbeiter und ihrer Familien nicht ersetzen. Noch gibt es über 1000 Kumpels, die die scharfe Waffe des Streiks anwenden können. Und dabei geht es nicht nur um den rücksichtlosen Umgang mit den von Arbeitslosigkeit bedrohten Kumpels. Mit der heimlich begonnenen Flutung der Zeche Auguste Victoria durch die RAG droht die Vergiftung des Grundwassers und der Böden und damit eine regionale Trinkwasserkatastrophe. Die in Kumpel für AUF zusammengeschlossene kämpferische Bergarbeiterbewegung zieht aus den angekündigten Massenentlassungen und der drohenden Gefahr für die Umwelt den Schluss: „Aktiver Widerstand ist angesagt!“ Sie ruft gemeinsam mit der Bergarbeiterzeitung „Vortrieb“ zur Protestdemonstration auf unter der Losung „Damit darf die RAG nicht durchkommen“ – am 15. Juni in Bottrop.

 

In einer Situation, in der SPD und CDU in offenen Parteikrisen stecken und die ganze Regierung wackelt – sind die Chancen für einen Kampf der Bergleute allerbestens. Darum gilt es jetzt, breit für diese Demonstration zu mobilisieren, sie mit den Kumpels in den Stadtteilen vorzubereiten und ihren Kampf mit dem Kampf der Stahlarbeiter, der Automobilarbeiter und Siemens-Arbeiter zusammenzubringen.

 

Protestdemonstration

15. Juni 2019 in Bottrop

11 Uhr: Prosperstraße/Ecke Ostring