Rote Fahne 09/2019

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Leonardo da Vinci – größtes Universalgenie seiner Zeit

Vor 500 Jahren starb Leonardo da Vinci (1) (1452–1519). Er ist die herausragende ­Gestalt der Renaissance

Von (jgä, cw)
Leonardo da Vinci – größtes Universalgenie seiner Zeit
Der Vitruvianische Mensch von Leonardo da Vinci. Foto: Verbera / CC0

Das Zeitalter der Renaissance begann Mitte des 15. und reichte bis Ende des 16. Jahrhunderts. Sie brach mit der Macht des Feudaladels und bereitete die Herrschaft der Bourgeoisie vor.

 

In der Weltanschauung und Kunst vollzog sie den Bruch mit der katholischen Kirche und griff neu die griechisch-römische Tradition auf. „Es war die größte progressive Umwälzung, die die Menschheit bis dahin erlebt hatte, eine Zeit, die Riesen brauchte und Riesen zeugte, Riesen an Denkkraft, Leidenschaft und Charakter, an Vielseitigkeit und Gelehrsamkeit. … Leonardo da Vinci war nicht nur ein großer Maler, sondern auch ein großer Mathematiker, Mechaniker und Ingenieur …“2 Darüber hinaus war er auch noch Anatom, Architekt, Naturphilosoph und Dichter.

 

Bekannt ist er vor allem als Maler. Die „Mona Lisa“ und das „Abendmahl“ sind Meisterwerke der Kunst, bis heute. Sie faszinieren durch Lebendigkeit, individuelle Charakteristik und genaue Beobachtung. Im Bestreben noch besserer Darstellung des Menschen kam da Vinci von der Malerei zur Biologie, genauer zur Anatomie. Das betrieb er auch praktisch und ließ sich davon auch durch Verbote nicht abhalten.

 

Bekannt ist die Darstellung der Proportionen des Menschen in einem Kreis bzw. Quadrat (siehe Bild). Das Bild zeigt: Kunst und Wissenschaft begriff da Vinci als Einheit. Dies ist kennzeichnend für sein dialektisches Denken: „Das Flusswasser, was du berührst, ist das letzte von dem, was weggeflossen ist und das erste von dem, was heranfließt“.3 Er war Materialist und betrachtete die sinnliche Wahrnehmung als die Grundlage jedes Wissens und auch der Kunst. „Alle unsere Erkenntnis hat ihren Anfang in den Sinnen.“4

 

Er ging auch von der Einheit von Natur und Technik aus. Vogelbeobachtung und deren Verallgemeinerung führten ihn dazu, Flugapparate zu entwerfen und auch zu testen; allerdings ohne Erfolg, da er mit der Methode von „Versuch und Irrtum“ noch nicht den Zusammenhang von Luftströmung und Auftrieb erkannte. Das gelang erst Ende des 19. Jahrhunderts dem Ingenieur Otto Lilienthal. da Vinci war Praktiker, auch beim Bau von Militärmaschinen oder selbsttragenden Brücken.

 

Er wollte allen Dingen auf den Grund gehen und hatte einen unstillbaren Wissensdrang, der bisherige Grenzen überschritt und ständig Neues entdeckte bzw. schuf. So vermutete da Vinci als erster einen Zusammenhang zwischen der Pest und der Verschmutzung in den Städten. Davon geleitet, richtete er die erste Müllabfuhr in Mailand ein.

 

Er war ein Mensch mit Visionen und erkannte damals schon die Bedeutung der Umweltfrage und machte ein Projekt zur Energiegewinnung aus Sonnenlicht. Dass vieles liegen blieb, dass er einige Misserfolge hatte – das hielt seinen Drang nach materialistischem Wissen und wissenschaftlichen Experimenten nicht auf.

 

Leonardo ist in vieler Hinsicht ein Vorbild für heute: Nie aufgeben und immer nach neuem Wissen streben – auch gegen Widerstände der Herrschenden, die in ihren Schulen die Trennung von Denken und Handeln vermitteln. Sich nie mit erreichten Erkenntnissen zufriedengeben – das gilt jetzt erst recht, wenn die Zeiten turbulenter werden und gemeinsam die großen gesellschaftlichen Fragen durchgekämpft werden müssen gegen Lügen, Halbwahrheiten, Profit – und Machtinteressen – für eine Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung.