Rote Fahne 08/2019

Rote Fahne 08/2019

Nitrat im Grundwasser – neue Düngeverordnung am Problem vollständig vorbei

2017 wurde von der Bundesregierung eine neue Düngeverordnung für die Landwirtschaft beschlossen. Sie sollte die Nitratbelastung im Grundwasser reduzieren. Auf Druck der EU-Kommission, die die Maßnahmen für nicht ausreichend erachtet, muss sie bereits heute wieder überarbeitet werden

Von (gz)
Nitrat im Grundwasser – neue Düngeverordnung am Problem vollständig vorbei
Die MLPD fordert die Durchsetzung umweltschonender Anbaumethoden und artgerechte Tierhaltung in der Landwirtschaft. Foto: Gemeinfrei

Deutschland überschreitet die Nitratgrenzwerte in zu vielen Gebieten. Es drohen Strafzahlungen von 858.000 Euro pro Tag durch die EU-Kommission, sollte sich an der Situation nichts ändern. Statt die wirklichen Ursachen und Hauptverantwortlichen anzugehen, richtet die Bundesregierung mit ihrer Verordnung den Hauptstoß gegen „die Bauern“.

 

Kaum jemand denkt bei den Stickoxid-Emissionen aus Dieselabgasen daran, das daraus Nitrat wird. In Deutschland gab es 2015 einen NOx-Ausstoß von etwa 1,2 Millionen Tonnen insgesamt, davon stammten rund 460.000 Tonnen aus dem Verkehr. Dieser Anteil ist wahrscheinlich höher, da der Abgasbetrug durch die Autokonzerne noch nicht eingerechnet ist. Die Ammoniak-Emissionen, die hauptsächlich aus der Landwirtschaft stammen, liegen bei rund 550.000 Tonnen. Ammoniak und NOx, beziehungsweise NO2, können in der Atmosphäre auch Ammoniumnitrat bilden als Teil des Feinstaubs. Mit dem Einbau von Diesel-Katalysatoren (SCR) könnten also Nitrat wie auch Feinstaub schnell und deutlich vermindert werden.

 

Hauptansatz der Verschärfung der Düngeverordnung ist aber nicht etwa die Massentierhaltung durch gewerbliche Betriebe mit Tausenden von Tieren, insbesondere Geflügel und Schweinen, sondern die Bevorratung der Gülle und die Ausbringtechnik von Gülle. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will offenbar auch Güllebehälter in Ackerbauregionen finanziell fördern. Beispielgebend scheinen hier die Verhältnisse in den Niederlanden: von dort werden Millionen Tonnen Gülle mit Binnenschiffen und Lkw-Tranporten nach Deutschland exportiert, 2016 waren es 2,164 Millionen Tonnen!

 

Gleichzeitig will die Regierung alle Landwirte verpflichten, nicht nur für ihren Gesamtbetrieb eine Stickstoffbilanz zu erstellen (wie viel Stickstoff wird gedüngt und zugekauft über Futter und wie viel wird in Form von Produkten, auch Gülle, wieder verkauft), sondern schlagbezogen, d.h. für jedes Feld einzeln. Alle Betriebe in den sogenannten roten Gebieten (mit Grenzwertüberschreitungen in der Hälfte der Messungen über 50 Milligramm Nitrat) sollen künftig 20 Prozent unter der je nach Ertragshöhe zu verabreichenden Stickstoffmenge bleiben. Es gilt also nicht das Verursacherprinzip! Stattdessen werden gerade die kleineren und mittleren Familienbetriebe mit bürokratischem Aufwand überzogen.

 

Die staatliche Agrarpolitik hat schon in den letzten Jahrzehnten kräftig zum Problem beigetragen.

 

So durch Förderung von Stallbauten ohne Bezug zur Fläche – die frühere Flächenbindung der Tierhaltung wurde aufgehoben und es wurden Schlupflöcher geschaffen für Großbetriebe. Großställe wurden und werden zum Teil immer noch genehmigt und gefördert.

 

Gerade kleinere Betriebe der Milchviehhalter mussten in den letzten zwei Jahren aufgeben, weil sie die Auflagen der Düngeverordnung (Vergrößerung von Güllebehältern oder neue Silagesilos) nicht bezahlen konnten.

 

Statt „den Bauern“ die Schuld zuzuweisen, fordert die MLPD, die Hauptursachen anzupacken: Energische Durchsetzung einer artgerechten Tierhaltung gegen Großagrarier und Agrarkonzerne, Einführung von verpflichtenden Tier-Obergrenzen pro Betrieb und Fläche. Als Sofortmaßnahme die Einführung wirksamer Katalysatoren für Dieselfahrzeuge auf Kosten der Autokonzerne!

 

Der Umbau der Tierhaltung bedeutet, die Einführung von Tier-Obergrenzen pro Betrieb und Fläche! Stroheinstreu bei Schweinen und die Förderung der Weidehaltung bei Rindern und Kühen würden relativ schnell Einsparungen von 100.000 Tonnen Ammoniak bringen. Das ist etwa die Menge, die die Düngeverordnung bei Ammoniak erreichen will. Es findet aber in Beratung und Förderung keine Beachtung! Tierwohl und artgerechte Haltung müssen mit höheren Erzeugerpreisen einhergehen!